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ZurückIm November 2018 stellte die Europäische Kommission den Jahreswachstumsbericht 2019 vor. Dieser ist zentraler Bestandteil im Herbstpaket des Europäischen Semesters, mit dem die Europäische Union die jeweilige Wirtschaftspolitik ihrer Mitgliedstaaten koordinieren will. Aus Sicht der Arbeiterkammer setzt der Jahreswachstumsbericht aber weiterhin zu wenig auf eine wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik, die allen Menschen in der EU zu Gute kommt.
Auch wenn der Jahreswachstumsbericht 2019 einige positive Ansätze umfasst, ist dennoch kein grundlegender Kurswechsel hin zu einer wohlstandsorientierten europäischen Wirtschaftspolitik erkennbar. So zeichnen die rückläufige Arbeitslosenquote sowie die steigende Beschäftigungsquote innerhalb der EU, die der Bericht hervorhebt, aus Sicht der Arbeiterkammer ein unvollständiges Bild der ökonomischen Realität. Es gibt nämlich ein weiterhin großes Ausmaß an atypischen Beschäftigungsformen in der EU, die für Millionen von Menschen eine Armutsgefährdung bedeuten. Außerdem ist die Ungleichheit bei Einkommen heute größer als vor der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Um einen nachhaltigen Aufwärtstrend zu erreichen, der selbsttragend ist und bei allen Menschen ankommt, ist eine Stärkung der sozialen Dimension der EU dringend erforderlich: Hierzu bedarf es vor allem eines höheren Lohnwachstums in Europa mit einer solidarischen Lohnpolitik und einer europaweit koordinierten Mindestlohnpolitik. Dazu gehört auch die Stärkung der Kollektivvertragssysteme, die in vielen Krisenstaaten in den letzten Jahren ausgehöhlt wurden. Außerdem müssen nach der Proklamation der Europäischen Säule sozialer Rechte rechtlich bindende Rechtsakte weiter ausgebaut werden, um verbindliche soziale Mindeststandards in Europa zu garantieren und das hohe Ausmaß an prekärer Arbeit zu bekämpfen.
Um Investitionen durch die öffentliche Hand zu fördern, müssen umgehend die budgetären Spielräume vergrößert werden. Deshalb braucht Europa eine goldene Investitionsregel, damit notwendige Investitionen in (soziale) Infrastruktur nicht dem Sparzwang zum Opfer fallen, der den Staaten aufgezwungen wurde. Es ist darüber hinaus auch dringend erforderlich, die Steuerpolitik in Europa fairer zu gestalten. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist dabei von besonderer Bedeutung, damit auch der Finanzsektor seinen Beitrag zur Bekämpfung der Finanzkrise leistet.
Der Jahreswachstumsbericht der Europäischen Kommission ist Bestandteil des Europäischen Semesters und stellt die Grundlage für die einzelnen Länderberichte sowie die länderspezifischen Empfehlungen dar. Die Länderberichte sollen von Seiten der Kommission am 27. Februar veröffentlicht werden, die Vorstellung der länderspezifischen Empfehlungen ist für Ende Mai geplant. Im vergangenen Jahr sahen diese Empfehlungen für Österreich die seitens der Arbeiterkammer stark kritisierte Maßnahme vor, das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Klar abzulehnen ist außerdem die von Seiten der Kommission vorgeschlagene Idee, die Inanspruchnahme bestimmter Gelder im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens ab 2021 von der Umsetzung dieser länderspezifischen Empfehlungen abhängig zu machen.
Weiterführende Informationen
AK Positionspapier: Jahreswachstumsbericht 2019
AK EUROPA: Europäisches Semester 2019: Mehr soziale Gerechtigkeit!
AK EUROPA: 1 Jahr Säule Sozialer Rechte: Der Reality Check
A&W Blog: EU-Wirtschaft ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltig gestalten!