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ZurückAm 17. November 2017 beim Sozialgipfel in Göteborg wurde die "Europäische Säule sozialer Rechte" proklamiert. Dieser Tage - zu ihrem ersten Jahrestag - stehen mehrere Rechtsakte, die wesentlich zu einer sozialeren Ausgestaltung Europas beitragen könnten, vor der Entscheidung.
Als vor einem Jahr die Europäische Säule Sozialer Rechte mit ihren 20 Grundsätzen proklamiert wurde, wies die AK darauf hin, dass es nicht bei „heißer Luft“ bleiben darf, sondern die Säule jetzt mit konkreten Inhalten gefüllt werden muss. Tatsächlich hat die Kommission in diesem Jahr wichtige Vorschläge entlang der soziale Säule vorgelegt: Bereits im Dezember 2017 kam der Vorschlag zur Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen. Im März 2018 folgte der Vorschlag über ein Europäische Arbeitsbehörde, der im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping von besonderer Bedeutung ist. Andere angekündigte Vorhaben, insbesondere ein Vorschlag für eine Europäische Sozialversicherungsnummer, ist die Kommission bislang noch schuldig geblieben. Ob diese Rechtsakte nun auch tatsächlich beschlossen werden, wird maßgeblich zum Erfolg oder Misserfolg der sozialen Säule beitragen.
EuGH-Urteil Cepelnik zeigt Notwendigkeit der Arbeitsbehörde
Das ebenfalls diese Woche ergangene Urteil in der Rechtssache Cepelnik macht jedoch einmal mehr die Notwendigkeit einer Europäischen Arbeitsbehörde ersichtlich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt, dass die im österreichischen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen eines Zahlungstopps und der Einbehaltung einer Sicherheitsleistung zur Sicherung einer etwaigen Geldstrafe nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Einmal mehr hat der EuGH somit die Dienstleistungsfreiheit über die Durchsetzung sozialer Rechte gestellt. Umso dringender wird nun eine effektive EU-Arbeitsbehörde, die - wie die Arbeiterkammer im Lichte des Urteils unterstreicht - die Rollen "eines europäischen Schiedsrichters" einnehmen muss.
Wichtige Abstimmungen kommende Woche im EU-Parlament
Im Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments soll Anfang kommender Woche (19./20. November 2018) über die Arbeitsbehörde abgestimmt werden. Wie weitreichend die Befugnisse der Behörde sein werden, etwa ob die Behörde auch über einen effektiven Streitbeilegungsmechanismus verfügen wird, wird derzeit noch zwischen Berichterstatter und Shadows verhandelt. Neben der Arbeitsbehörde stehen im Beschäftigungsausschuss nächste Woche weitere wichtige Abstimmungen auf der Tagesordnung: Abgestimmt wird auch über die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (sog. VO 883) sowie über die 3. Tranche zur Revision der EU-Richtlinie für Karzinogene und Mutagene.
Erfolg für transparente Arbeitsbedingungen im Europäischen Parlament
Bei der Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen sind die Verhandlungen gut vorangegangen: Vor knapp einem Monat, am 18. Oktober 2018, hatte der Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments über den Bericht zu diesem Dossier abgestimmt, der den Kommissionsvorschlag im Sinne der ArbeitnehmerInnen weiterentwickelt und wichtige grundlegende Informations- und Mindestrechte gerade auch für prekär Beschäftigte vorsieht. Erfreulicherweise bestätigte das Europäische Parlament am Donnerstag, 15. November 2018, den Bericht mit einer deutlichen Mehrheit von 398 Stimmen, 208 Abgeordnete waren dagegen. Auf dieser Basis können nun endlich die Trilog-Verhandlungen mit dem Rat starten. Die Abstimmung war notwendig geworden, weil die konservativen Kräfte (EVP & EKR) sich gegen den arbeitnehmerInnenfreundlichen Kompromiss des Beschäftigungsausschusses ausgesprochen hatten. Aus ArbeitnehmerInnensicht handelt es sich um eine sehr erfreuliche Entscheidung, die den Weg für faire und transparente Arbeitsbedingungen, besonders für prekär Beschäftigte, in ganze Europa freimacht.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Die soziale Säule: Heiße Luft oder Fundament für ein soziales Europa?
AK Positionspapier zur Europäischen Säule sozialer Rechte
ETUI: The European pillar of social rights: critical legal analysis and proposals
Die Presse: EU-Gericht kippt österreichische Regelung gegen Sozialdumping