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ZurückMit der Präsentation des Herbstpaketes hat die Kommission am 24. November 2021 den Zyklus des Europäischen Semesters für das Jahr 2022 gestartet. Hierbei wurde angekündigt, den Coronawiederaufbaufonds (RRF) in das Europäische Semester zu integrieren. Des Weiteren sollen soziale sowie ökologische Aspekte stärker in den Fokus gestellt werden. Nichtsdestotrotz besteht weiterhin grundlegender Reformbedarf des Europäischen Semesters, um wohlstandsorientierte Politik in den Mittelpunkt der Europäischen Union zu rücken.
Das Europäische Semester wurde in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 eingeführt und dient der Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der EU. Am 24. November 2021 präsentierten Vizepräsident Valdis Dombrovskis, Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni und Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit das Herbstpaket für den nun beginnenden Zyklus des Europäischen Semesters, das im Vorjahr pandemiebedingt ausgesetzt wurde. Das Herbstpaket basiert hierbei auf der vorangegangenen Herbstprognose.
Was ist neu am Europäischen Semester?
Um den sozioökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Europa zu begegnen, wurde ein Coronawiederaufbaufonds, die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF), ins Leben gerufen. Nun soll die RRF in das Europäische Semester integriert werden, da die Inhalte und politischen Ziele der beiden Prozesse eng miteinander zusammenhängen. Eine solche Integration ist durchaus zu begrüßen: Denn soziale Akteur:innen können im Rahmen des Europäischen Semesters auf etablierte Kanäle und Netzwerke zurückgreifen, um ihren Anliegen politisch Gehör zu verschaffen, während sie in die Prozesse rund um den RRF ungenügend einbezogen wurden. Die Kommission kündigte außerdem an, Sozialpartner sowie andere Interessenvertretungen verstärkt in das Europäische Semester zu involvieren. Positiv ist außerdem das Bestreben der Kommission, die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) vermehrt in den Fokus des Europäischen Semesters zu stellen.
Der Jahreswachstumsbericht 2022
Kernstück dieses Herbstpakets ist der Jahreswachstumsbericht, der die zentralen wirtschaftspolitischen Prioritäten der EU für die nächsten 12 bis 18 Monate beschreibt und Handlungsempfehlungen für deren Umsetzung enthält. Im Fokus des Jahreswachstumsberichtes steht die grüne und digitale Transformation der Ökonomie sowie die Förderung eines sozial gerechten wirtschaftlichen Aufschwungs. Im Angesicht der Klimakrise ist daher die Umsetzung der Initiativen des Grünen Deals – wie z.B. des „Fit for 55“-Pakets – sowie die soziale Gestaltung des grünen Wandels („Just Transition“) von zentraler Bedeutung, so der Bericht. Auch der digitale Wandel im Rahmen der „digitalen Dekade“ soll forciert werden, wobei auch Investitionen in schulische (Erst)Ausbildung sowie berufliche Weiterbildung als zentrales Element genannt werden.
Der gemeinsame Beschäftigungsbericht 2022
Der gemeinsamen Beschäftigungsberichtes, der ebenfalls Bestandteil des Herbstpakets ist, gibt einen Überblick über zentrale Entwicklungen im Bereich der Beschäftigungs- und Sozialpolitik. In diesem Jahr liegt der Fokus auf der Implementierung der Europäischen Säule sozialer Rechte. Hierbei wird unter anderem evaluiert, wie die Mitgliedsstaaten in Bezug auf das sozialpolitische Scoreboard abschneiden. Außerdem werden Schwerpunkte bei der Umsetzung der beschäftigungs- und sozialpolitischen Ziele benannt: „Eine aktive Arbeitsmarktpolitik, einschließlich Qualifizierungs- und Einstellungsanreizen, muss im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen, um die negativen Auswirkungen der Pandemie abzufedern“, so Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit.
Reform des Europäischen Semesters dringend notwendig
Das Europäische Semester baut auf dem Stabilitäts- und Wachstumspakt auf, welcher den fiskalischen Spielraum für öffentliche Investitionen der Mitgliedsstaaten stark einschränkt, oftmals auf Kosten des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes. Eine grundlegende Reform des Europäischen Semesters ist daher unerlässlich, um wohlstandsorientierte Politik in den Mittelpunkt der Europäischen Union zu stellen. Aus Sicht der Arbeiterkammer braucht es eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes: Durch die Einführung einer goldenen Investitionsregel könnten öffentliche Investitionen durch Defizite finanziert werden. Des Weiteren braucht es eine Demokratisierung des Europäischen Semesters durch stärkere Einbindung des Europäischen Parlaments in den gesamten Prozess. AK EUROPA wird sich daher auch an der wiederaufgenommenen Konsultation zur Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung beteiligen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kommission startet Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung
AK EUROPA: Europa braucht eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes!
AK EUROPA Policy Brief: The Recovery and Resilience Facility - Have social actors been sidelined? (nur Englisch)
AK Wien: Europäisches Semester - Was steckt hinter dem EU-Koordinierungsprozess
Europäische Kommission: Europäisches Semester – Herbstpaket