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ZurückDas Jahr 2023 verspricht im Bereich der Handelspolitik aus unterschiedlichen Gründen ein hohes Maß an Spannung. So stehen abschließende Verhandlungen über zahlreiche Handelsabkommen an, die besonders aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit kritisch zu beobachten sind. Auch die potenzielle Beschleunigung des Inkrafttretens von bereits abgeschlossenen Handelsabkommen durch ein Abspalten des Investitionsteils ist aus demokratiepolitischer Sicht brisant.
Zu den wesentlichen Handelsabkommen, deren Verhandlungen im Jahr 2023 fortgesetzt werden, zählen allen voran das Handelsabkommen mit Australien, mit dessen Abschluss in den nächsten Monaten zu rechnen ist. Darüber hinaus werden auch weitere Treffen von Vertreter:innen der EU mit Indien über ein umfassendes Handelsabkommen stattfinden, ebenso wie mit Indonesien.
In Bezug auf die auf politischer Ebene bereits abgeschlossenen Verhandlungen zum Mercosur-Abkommen, welches die Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay umfasst, wird insbesondere zu beobachten sein, inwiefern die EU-Kommission an ihrem Plan zur Zerteilung von künftigen Assoziierungsabkommen („Splitting“) festhält. Die damit einhergehende Gefährdung der demokratischen Mitbestimmung der einzelnen Mitgliedstaaten durch ein Umgehen des Einstimmigkeitsprinzips im Rat der EU und dem Wegfall der Zustimmung nationaler Parlamente wurde bereits kurz nach Bekanntwerden des Vorhabens von der AK und zahlreichen anderen Organisationen der Zivilgesellschaft kritisiert.
Hinsichtlich der Handelsbeziehungen zwischen den USA und der EU ist für Mitte des Jahres ein viertes Zusammentreffen des Trade and Technology Council (TTC) geplant, in dem die bisherigen Fortschritte besprochen und neue Kooperationsmöglichkeiten ausgearbeitet werden sollen. Besondere Aufmerksamkeit im Rahmen der EU-US-Beziehungen verdienen sich die andauernden Verhandlungen der eigens errichteten Task Force zum Inflation Reduction Act (IRA), welche die potenziell nachteiligen Auswirkungen dieses milliardenschweren US-Subventionsprogramms auf die europäische Industrie und die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze durch gemeinsame Kompromisslösungen abschwächen soll.
Prioritäten der schwedischen Ratspräsidentschaft
Schweden, das mit 1. Jänner 2023 die halbjährlich rotierende Ratspräsidentschaft von der Tschechischen Republik übernommen hatte, hat bereits seine handelspolitischen Prioritäten für die anstehenden Sitzungen im Rat der EU kundgemacht. Demzufolge sollen einerseits die angesprochenen Verhandlungen über noch abzuschließende Handelsabkommen vorangetrieben werden. Der Unterstützung des Wiederaufbaus der Ukraine durch engere Handelsbeziehungen wird ebenfalls eine hohe Priorität beigemessen. Darüber hinaus soll der voranschreitenden Digitalisierung eine prominentere Rolle in den Verhandlungen über künftige Abkommen zukommen, ebenso der Aspekt der Nachhaltigkeit. Schließlich möchte sich Schweden auch für die Weiterentwicklung der bei der letzten Ministerial Conference (MC12) angestoßenen Reformen der WTO einsetzen.
AK betont die Wichtigkeit nachhaltiger Handelspartnerschaften
Aus Sicht der AK muss die EU vor dem Hintergrund der Klimakrise und der herrschenden globalen Ungleichheit vermehrt nachhaltige Handelspartnerschaften forcieren. Die ökologischen und sozialen Herausforderungen lassen sich ohne explizite und verbindliche Nachhaltigkeitskapitel nicht bewerkstelligen, weshalb die Einbeziehung derartiger Klauseln unerlässlich ist. In diesem Zusammenhang ist die letztjährige Überarbeitung des TSD („Trade and Sustainable Development“) -Ansatzes ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wobei sich die Wirksamkeit dieser neuen Vorgaben erst in den 2023 anstehenden Verhandlungen zu den diversen Handelsabkommen zeigen wird.
Einen wichtigen Beitrag beim Aufbau nachhaltiger Handelspartnerschaften könnte auch das neue „Bündnis von Handelsminister:innen zum Thema Klima“ leisten, welches am 19. Jänner 2023 im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos von der EU und 26 Partnerländern ins Leben gerufen wurde. Ziel dieses internationalen Zusammenschlusses ist der Ausbau und die Intensivierung von handelspolitischen Maßnahmen, welche einen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels liefern können. Die dabei entwickelten Strategien und Empfehlungen sollen insbesondere jenen Ländern helfen, die besonders stark durch die Auswirkungen des sich ändernden Klimas betroffen sind.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Nachhaltige Handelspartnerschaften als Eckpfeiler des Grünen Wandels?