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ZurückInternationale Handelsbeziehungen können eine wesentliche Rolle hin zu einer grünen und gerechteren Weltwirtschaft spielen. Dieser Ansicht ist die EU-Kommission in ihrer am 22. Juni 2022 vorgestellten Mitteilung über die Macht von Handelspartnerschaften. Zwar werden durch die darin genannten Vorschläge langjährige Forderungen aufgegriffen, gleichzeitig greifen diese angesichts von Klimawandel und globaler Ungleichheit zu kurz, wie die AK in ihrem aktuellen Positionspapier feststellt.
In vielen Handelsabkommen der EU finden sich eigene Kapitel zum Thema Nachhaltigkeit, die grundlegende Übereinkommen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) und multilaterale Umweltübereinkommen, wie das Pariser Klimaabkommen, adressieren. Aufgrund deren Unverbindlichkeit konnten diese allerdings bisher nicht zur Verbesserung von Arbeits- und Umweltstandards beitragen. Als wesentliche Orientierungshilfe bei der praktischen Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel dient ein 15-Punkte-Aktionsplan, dessen vorzeitige Überprüfung der Wirksamkeit nun in der Mitteilung über die Macht von Handelspartnerschaften mündete.
Wesentliche Bestandteile des neuen TSD-Ansatzes
Zu den Neuerungen des TSD (Trade and Sustainable Development)-Ansatzes zählen unter anderem speziell auf das jeweilige Partnerland ausgerichtete Ziele und Fahrpläne, wodurch die Effektivität der Bestimmungen erhöht werden soll. Mit diesem Ansatz soll nun stärker als bisher den unterschiedlichen Ausgangsbedingungen von Ländern oder Regionen Rechnung getragen werden. Darüber hinaus soll nicht nur die Zusammenarbeit mit den Handelspartnern durch intensivierte Kooperationsprozesse verstärkt werden, auch die einzelnen Mitgliedstaaten und das EU-Parlament sollen vermehrt in die Überwachung und Umsetzung der Verpflichtungen einbezogen werden. In Bezug auf die Rolle der Zivilgesellschaft sieht die EU-Kommission Erleichterungen bei der Einbringung von Beschwerden aufgrund von Verstößen gegen Nachhaltigkeitskapitel vor.
Die wichtigste Neuerung des neuen TSD-Ansatzes ist die Möglichkeit, Handelssanktionen bei wesentlichen Verstößen gegen das Pariser Klimaabkommen oder die grundlegenden Prinzipien der ILO zu verhängen. Als letztes Mittel kann damit bei Nichteinhaltung essenzieller Bestimmungen dieser beiden internationalen Vereinbarungen mit den schärfsten zur Verfügung stehenden Gegenmaßnahmen in Form von Sanktionen reagiert werden.
Optimierungsbedarf aus Sicht der AK
Die AK begrüßt die Mitteilung der EU-Kommission und den darin geäußerten Willen, den bisherigen Zugang zu Nachhaltigkeitskapiteln in Handelsabkommen der EU kritisch zu reflektieren. So gibt es durchaus zu befürwortende Verbesserungen, gleichwohl greifen die Vorschläge angesichts der enormen ökologischen und sozialen Herausforderungen zu kurz.
Die AK kritisiert insbesondere, dass alle bestehenden EU-Handelsabkommen vom neuen TSD-Ansatz unangetastet bleiben und sich dieser lediglich auf zukünftige Abkommen bezieht. Damit werden die negativen Folgen der europäischen Handelspolitik der letzten Jahre einzementiert, in denen es etwa nicht gelungen ist, soziale und ökologische Verwerfungen auszugleichen. Während Investor:inneninteressen im Vordergrund standen und immer noch stehen, wurden weder in Bezug auf Arbeitsbedingungen, noch in Bezug auf Umweltschutz angemessene Standards eingefordert, was für eine sozial gerechte Weltwirtschaft notwendig wäre.
Bezugnehmend auf die neue Möglichkeit der Verhängung von Handelssanktionen als ultima ratio ist es darüber hinaus nicht nachvollziehbar, weshalb eine Einschränkung auf schwerwiegende Verstöße der ILO-Standards und des Pariser Klimaabkommens vorgenommen wurde. Gerade die ILO-Kernarbeitsnormen stellen ein Mindestniveau von ganz grundlegenden arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften dar, für das es keine Schweregrade von Verstößen gibt. Die verpflichtende Ratifizierung der zehn ILO-Kernarbeitsnormen durch alle Vertragsparteien ist aus Sicht der AK überhaupt Voraussetzung für die Aufnahme von Verhandlungen über Handelsabkommen.
Nachdem es die Europäische Kommission bisher verabsäumt hat, die Umwelt- und Klimaschädlichkeit des Handels und des internationalen Gütertransports in ihre Überlegungen einfließen zu lassen, besteht hier mehr als dringender Handlungsbedarf.
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