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ZurückLetzte Woche, am 21.10.2019, war es wieder soweit: In Österreich war Equal Pay Day und damit jener Tag, der symbolisch die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern abbildet. Ab dem 21. Oktober arbeiten Frauen bis zum Jahresende im Vergleich zu Männern statistisch gratis, das sind genau 72 Tage.
Die „gute“ Nachricht zuerst: 2019 fand der Equal Pay Day einen Tag später als 2018 statt. Dass das kein Anlass zum Feiern ist, stellte Evelyn Regner, Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter im Europäischen Parlament, klar. Die SPÖ-Abgeordnete plädierte dafür, endlich gegen Gehaltsunterschiede vorzugehen, und zwar nicht nur mit Lippenbekenntnissen. Ein Blick nach Island zeigt, wie es gehen könnte. Die IsländerInnen haben empfindliche Strafen für Unternehmen eingeführt, die Frauen und Männer unterschiedlich bezahlen. Unfaire Bezahlung lohnt sich also nicht mehr.
„Liebe Ursula,...“ : Was auf europäischer Ebene zu erwarten ist
Der europäische Unequal Pay Day findet „erst“ am 4. November 2019 statt. In Österreich sind die Lohnunterschiede folglich höher als im europäischen Durchschnitt. Der Gender Pay Gap beträgt im EU Schnitt 16 %, aber satte 19,7 % in Österreich. Die designierte Kommissionspräsidtentin Ursula von der Leyen hatte „Maßnahmen zur verbindlichen Einführung von Lohntransparenz“ innerhalb der ersten 100 Tage angekündigt. Diese sollen von Helena Dalli, designierte Kommissarin für Gleichstellung, ausgearbeitet werden. Lohntransparenz wird als erster Schritt zur Lohngerechtigkeit verstanden, da durch Transparenz die bereinigte Lohnlücke offensichtlich würde. Schlechter gestellte Menschen könnten auf Basis von Transparenz gegen unfaire Bezahlung vorgehen. Mehr Transparenz führt aber nicht automatisch zu mehr Lohngleichheit: Die Verantwortung und Beweislast bleibt bei den Betroffenen selber. KritikerInnen weisen darauf hin, dass es unbedingt auch Sammelklagen bräuchte, damit vermehrte Transparenz wirklich etwas bringt. Zudem zeigt eine Studie aus Harvard, dass Lohntransparenz zu niedrigeren Löhnen führen könnte und ausgerechnet Männer Lohntransparenz dafür nutzen, höhere Gehälter für sich zu verhandeln.
Ein Blick nach Island
Wie es anders geht, zeigen die IsländerInnen. Seit 2018 ist es in Island illegal, Menschen auf Grund ihres Geschlechts unterschiedlich zu bezahlen. So weit so gut, allerdings wird dieses Gesetz auch durchgesetzt. Jeder Betrieb mit über 25 Beschäftigten ist verpflichtet, jährlich Bericht darüber zu erstatten, wer wieviel für welche Arbeit verdient. Wer die Frist der Berichtlegung nicht einhält und ungleiche Löhne bezahlt, erhält auch das Zertifikat über Lohngleichheit nicht. Ab 2020 werden dafür 385 € Strafe pro Tag fällig und der Ruf des Unternehmens büßt ebenfalls ein. Bei solch empfindlichen Strafen geht die Rechnung der ungleichen Entlohnung nicht auf. Eine ähnliche Regelegung europaweit wäre daher wünschenswert.
Sozialer Dialog unentbehrlich
Das isländische Beispiel beweist auch, dass nur sozialer Dialog mit allen AkteurInnen zu einer guten Lösung führen kann. Zudem zeigt sich, dass Kollektivverträge einer fairen Entlohnung auch zwischen den Geschlechtern zuträglich sind. Mit Hinblick auf europäische Lösungen zu Lohngerechtigkeit forderte der EGB kürzlich die verpflichtende Überprüfung von Lohnstrukturen, sogenannte Audits, von Unternehmen ab einer Größe von zehn Angestellten sowie Strafen, wenn ebendiese Audits nicht geliefert werden. MitarbeiterInnen sollten das Recht bekommen, die Gehälter ihrer KollegInnen zu erfragen und auch die Verschwiegenheitsklauseln über Löhne gehören abgeschafft.
Transparenz bringt noch keine Gleichstellung
Um die ökonomische Ungleichheit zwischen Frauen und Männern zu bekämpfen, bedarf es zweifelsohne mehr als das Gehalt des männlichen Kollegen zu erfragen. Die Gründe für Ungleichstellung sind vielfältig. Daher fordert die AK schon lange, beispielweise Kinderbetreuungsangebote auszuweiten und eine gerechte Aufteilung von Sorgearbeit von beiden Elternteilen zu fördern. Transparenz muss folglich auch für unbezahlte Arbeit gelten, deren Löwenanteil bekanntlich Frauen leisten. Die Folge dieser unbezahlten Arbeit ist die Teilzeitbeschäftigung, die eine gleichberechtigte Teilnahme auf dem Arbeitsmarkt nicht ermöglichen und überdies zum Gender Pension Gap führen – der liegt für das Jahr 2019 bei 41,1 %.
Weiterführende Informationen
AK EUROPA Positionspapier: Gender Pay Gap in Austria and the European Union
AK Wien: Equal Pay Day 2019: Ab heute arbeiten Österreichs Frauen „gratis“
A&W blog: Gender Pay Gap: Erklärt ist nicht gerecht
A&W blog: Hausarbeit ist unsichtbar – und das soll so bleiben