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ZurückAm Rat für Beschäftigung und Soziales am 8. Dezember 2022 konnten die Minister:innen bei wichtigen Themen im Bereich der Europäischen Säule sozialer Rechte – etwa beim Kampf gegen Asbest am Arbeitsplatz oder bei der Langzeitpflege – Fortschritte erreichen. Nicht so jedoch bei der Plattformarbeit, wo sich der Rat bislang auf keine gemeinsame Position einigte. Positive Nachrichten gibt es bei diesem Thema jedoch aus dem EU-Parlament, wo der Beschäftigungsausschuss am 12. Dezember 2022 seinen Bericht verabschiedet hat.
Plattformarbeit: Ambitioniertes EU-Parlament – Nun muss der Rat nachziehen!
Positive Nachrichten für die Arbeitnehmer:innen der Plattformwirtschaft gab es diese Woche aus dem EU-Parlament, wo mit deutlicher Mehrheit von 41 zu 12 Stimmen der Bericht von EP-Berichterstatterin Elisabetta Gualmini (S&D) zur Plattformarbeit angenommen wurde. Am Bericht des EU-Parlaments ist insbesondere zu begrüßen, dass dieser eine „echte Beweislastumkehr“ für den Arbeitnehmer:innen-Status enthält: Plattformarbeiter:innen können demnach die Einstufung als Arbeitnehmer:in erwirken. Plattformen haben das Recht, diese Neueinstufung anzufechten, tragen für die Widerlegung jedoch die Beweislast. Das EU-Parlament sieht auch mehr Transparenz bei Management-Entscheidungen, die durch Algorithmen getroffen werden, vor sowie eine verbesserte Rechtsdurchsetzung und eine verstärkte Einbindung nationaler Kontrollbehörden.
Enttäuschend verliefen hingegen die bisherigen Verhandlungen zur Plattformarbeit-Richtlinie im Rat: Hier hatte die tschechische Ratspräsidentschaft eine Einigung ausgearbeitet, welche jedoch bei der Abstimmung im Rat am 8. Dezember 2022 nicht die notwendige qualifizierte Mehrheit fand. Sieben Mitgliedstaaten, unter anderem Belgien und Spanien, welchen der tschechische Vorschlag zu wenig ambitioniert war, um Plattform-Arbeiter:innen ausreichend zu schützen, stimmten gegen den Vorschlag. Nun wird im Rat unter schwedischem Vorsitz weiterverhandelt. Aus Sicht der AK ist es wichtig, dass der Rat nun bald dem EP nachzieht und ebenfalls eine Einigung erzielt, welche Plattformarbeiter:innen effektiv schützt. Unbedingt braucht es darin eine praxistaugliche Regelung zum Arbeitnehmer:innen-Status und zur Beweislastumkehr. Vorschläge, wie jener des tschechischen Vorsitzes, wonach die gesetzliche Vermutung nicht bei steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten zur Anwendung kommen soll, sind auf jeden Fall abzulehnen.
Asbest, Pflege, Mindestsicherung - wichtige Entscheidungen des Rates
Neben den Verhandlungen zur Plattformarbeit fielen am Rat auch bei anderen wichtigen, sozialpolitischen Themen Entscheidungen. Grundsätzlich sehr positiv ist, dass hier die sozialpolitische Agenda im Rahmen der Europäischen Säule sozialer Rechte mit zahlreichen Vorhaben fortgeführt wird.
Beschlossen hat der Rat eine Einigung zur Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer:innen durch Asbest, wenn auch diese zu wenig ambitioniert ausfällt. Zu kritisieren ist, dass als Grenzwert für die Exposition nur 0,01 Fasern pro cm³ vorgesehen wurden, und nicht 0,001 Fasern pro cm³, wie es das EU-Parlament oder die AK gefordert hat. Zu begrüßen ist, dass die Mitgliedstaaten dazu aufgefordert werden, eine modernere Methode zum Zählen von Asbestfasern, nämlich die Elektronenmikroskopie, zu verwenden.
Ebenfalls beschlossen wurde eine Empfehlung zu bezahlbarer, hochwertiger Langzeitpflege, welche wichtige Prinzipien für zugängliche, erschwingliche und bessere Pflege vorsieht. Zu begrüßen ist auch eine weitere angenommene Empfehlung zu frühkindlicher Betreuung, welche eine Überarbeitung der ursprünglichen Barcelona-Ziele zur Kinderbetreuung vorsieht. Aus Sicht der AK ist es äußert positiv, dass das Thema Care-Arbeit nun auch auf europäischer Ebene stärker Beachtung findet, wenn auch die nun beschlossenen Empfehlungen nur erste Schritte sein können und weitere verbindliche Maßnahmen notwendig sind.
Positiv bewertet werden kann auch die politische Einigung der Mitgliedstaaten zu einer Ratsempfehlung zur angemessenen Mindestsicherung. Aus Sicht der AK kommt den in der Ratsempfehlung angesprochenen Themen große Wichtigkeit zu, denn gut ausgebaute Mindestsicherungssysteme, zusätzliche Sozialleistungen und Dienstleistungen der sozialen Infrastruktur spielen eine grundlegende Rolle bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Die AK setzt sich als Folgemaßnahme für eine rechtlich verbindliche Richtlinie zur Mindestsicherung ein.
Weiterführende Informationen:
Rat der Europäischen Union: Wichtigste Ergebnisse vom 8. Dezember 2022
Europäisches Parlament: Plattformarbeit - Bessere Arbeitsbedingungen und Schutz der Rechte (Nur in Englisch)
AK EUROPA Positionspapier: Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit
AK EUROPA: Neue Maßnahmen zum Schutz vor Asbest zu wenig ambitioniert
AK EUROPA: EU-Kommission – Mindestsicherung soll angemessen und inklusiv gestaltet werden