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ZurückDie Einigung zum Gesetz über digitale Märkte legt klare Regeln für große Online-Plattformen fest. Damit soll sichergestellt werden, dass all jene, die bezüglich einer beträchtlichen Zahl von Nutzer:innen als „Gatekeeper“ fungieren, ihre Position nicht missbrauchen, um anderen Unternehmen den Zugang zu Konsument:innen zu versperren.
Am 24. März 2022 einigten sich EU-Parlament und Rat auf neue EU-Vorschriften zur Begrenzung der Marktmacht großer Online-Plattformen – sogenannter Gatekeeper. Bereits im Dezember 2020 legte die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag über digitale Märkte (DMA) vor, mit welchem große Online-Plattformen einer verstärkten Regulierung unterzogen werden sollen. Ziel des DMA ist es, sicherzustellen, dass die größten Tech-Konzerne ihre Marktmacht im Digitalsektor nicht missbrauchen und somit einen fairen Wettbewerb am Binnenmarkt zu gewährleisten.
Als Gatekeeper gelten nach der nunmehrigen Einigung der EU-Institutionen große Unternehmen (wie zB Google, Amazon, Facebook, Apple, Microsoft), welche einen Jahresumsatz von 7,5 Mrd Euro und eine Marktkapitalisierung von 75 Mrd Euro aufweisen. Die neuen Regeln für Gatekeeper-Plattformen umfassen Beschränkungen bei der Kombination personenbezogener Daten aus verschiedenen Quellen, Verbote zur Bündelung von Diensten und ein Verbot von Selbstbevorzugungspraktiken. Ferner sollen Vorschriften die App-Installation von Drittplattformen für Verbraucher:innen möglich machen. Die Verbraucher:innen werden auch die Möglichkeit haben, vorinstallierte Apps zu löschen.
Der neue Ansatz des DMA basiert auf einer Liste von Ge- und Verboten, der sich „Gatekeeper-Plattformen“ zu unterwerfen haben. Außerdem ermöglicht es der DMA, im Rahmen von Marktuntersuchungen durch die EU-Kommission auch zukunftsgerichtet relevante „neue“ unfaire Praktiken von Gatekeepern zu definieren und allenfalls weitere „Gatekeeper-Plattformen“ zu identifizieren. Die EU-Kommission erhält zudem Befugnisse, unrechtmäßiges Verhalten zu sanktionieren.
In den Verhandlungen setzte sich das EU-Parlament gegenüber dem Rat bezüglich der Interoperabilitätsanforderungen für Messaging-Dienste durch. Dadurch müssen sich Dienstanbieter:innen wie WhatsApp oder Facebook Messenger öffnen und mit kleineren Messaging-Plattformen zusammenarbeiten. Allerdings soll für Gruppenchats diese Anforderung erst in vier Jahren gelten. Auf die Verankerung eines ausdrücklichen allgemeinen Verbots gezielter Werbung bzw. für Minderjährige im DMA konnten sich die EU-Institution nicht einigen. Jedoch verständigten sie sich darauf, dass ein solches Verbot im Hinblick auf Minderjährige im Gesetz über digitale Dienste (DSA), welches derzeit noch verhandelt wird, festgeschrieben werden soll. Strafen für Regelverstöße können bei Erstverstößen bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen, bei wiederholten Verstößen sogar bis zu 20 %. Bei systematischen Regelverstößen, das heißt mindestens dreimal in acht Jahren, kann die EU-Kommission eine Marktuntersuchung einleiten und erforderlichenfalls verhaltensbezogene oder strukturelle Abhilfemaßnahmen verhängen. Ein Verhandlungserfolg des EU-Parlaments besteht auch darin, dass Webbrowser und virtuelle Assistent:innen in den Umfang der Kernplattformdienste aufgenommen wurden. Die EU-Kommission als federführendes Durchsetzungsorgan der Vorschriften hat nun die Aufgabe, alle zuständigen Dienststellen mit Personal auszustatten sowie die Durchsetzung der Verpflichtungen und Verbote vorzubereiten. Der endgültige Text der Verordnung muss noch formal von EU-Parlament und Rat gebilligt werden und soll im April vorliegen. Die Umsetzung hat innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten zu erfolgen.
Begrüßenswerte Fortschritte für faireren Wettbewerb
Die aufgezählten Ge- und Verbote, welchen sich die designierten „Gatekeeper-Plattformen“ zu unterwerfen haben, sind aus AK-Sicht durchaus positiv zu bewerten, da sie einen wichtigen Schritt in Richtung fairer Wettbewerbsbedingungen darstellen und auch aus Konsument:innensicht begrüßenswert sind. Die Möglichkeit, im Rahmen von Marktuntersuchungen Plattformen flexibel als „Gatekeeper“ zu identifizieren bzw neue Geschäftspraktiken in den Verbots- und Gebotskatalog aufzunehmen, ist ebenfalls positiv zu bewerten. Die Sanktionen bei systematischer Nichteinhaltung von Verpflichtungen erscheinen jedoch nicht ausreichend. Gerade die Möglichkeit des dreimaligen Regelverstoßes, bevor seitens der EU-Kommission strukturelle Maßnahmen durchgesetzt werden können, schwächt die Bedeutung dieses wichtigen Rechtsaktes. Ein wichtige AK-Forderung für den DMA war zudem Organisationen, die sich mit Konsument:innenschutz bzw Arbeitnehmer:inneninteressen befassen, in das „Digital Markets Advisory Committee“ aufzunehmen bzw. zumindest mit Anhörungsrechten auszustatten. Diese Nachbesserung wurde im Rahmen der DMA-Einigung versäumt.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Positionspapier: Digital Markets Act
AK EUROPA: Gemeinsamer Brief von LobbyControl, Digitalcourage, CEO und AK zum Digital Markets Act
AK EUROPA: Richtlinie über digitale Märkte – Einigung im Binnenmarktausschuss