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ZurückDie Europäische Kommission hat am 26. Februar 2020 die Länderberichte im Rahmen des Europäischen Semesters veröffentlicht. Für Österreich zeigt sich, dass in manchen Bereichen wichtige Fortschritte gemacht hat, und in anderen Bereichen nach wie vor Aufholbedarf besteht.
Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 wurde 2011 das Europäische Semester eingeführt. Sein zentrales Ziel ist eine bessere Koordination der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen der Mitgliedsstaaten durch die Europäische Kommission. Die Herzstücke des Europäischen Semester sind – neben dem Jahreswachstumsbericht der EU – die jährlich erscheinenden Länderberichte und die darauf aufbauenden Länderspezifischen Empfehlungen.
Der neu erschienene Länderbericht für Österreich beinhaltet eine Reihe von Empfehlungen, die bereits im Länderbericht 2019 zu finden waren. In Bezug auf die länderspezifischen Empfehlungen attestiert die Kommission Österreich mitunterFortschritte.
Vermögens- und Umweltsteuern notwendig
Positiv merkte die Kommission die – wenn auch kleinen – Fortschritte in Bezug auf die steuerliche Entlastung von Arbeit an. Österreich wird nach wie vor nahegelegt, die Besteuerung von Arbeit zu verringern und den Steuermix stärker in Richtung vermögens- und umweltbezogener Besteuerung zu verlagern. Die Einführung von Steuern auf Vermögen und fossilen Energieverbrauch wird nicht nur von der Kommission, sondern auch von der OECD befürwortet – der A&W Blog berichtete.
Aufholbedarf bei der Klimapolitik
Hinsichtlich der Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs), die erstmals auch in den Länderberichten analysiert werden, zeigt sich Österreich als über dem Durchschnitt liegend – insbesondere in Bezug auf eine gute Gesundheitsversorgung und Wohlbefinden. Bei den klimapolitischen Maßnahmen liegt Österreich hingegen unter dem EU-Durchschnitt. Von den nationalen und europäischen Klimazielen ist Österreich weit entfernt. Maßnahmen wie zum Beispiel eine ökosoziale Steuerreform und andere Maßnahmen werden als notwendig angesehen, um die Kohlenstoffneutralität bis 2040 zu einem realistischen Ziel zu machen.
Ungleiche Chancen am Arbeitsmarkt und innerhalb der Gesellschaft
Handlungsbedarf wird ebenso in Bezug auf Verbesserungen des Arbeitsmarkts für Personen mit geringerem Bildungsgrad gesehen. In diesem Bereich gab es im letzten Jahr keinerlei Verbesserungen. Auch bezogen auf die Gleichstellungspolitik Österreichs werden lediglich leichte Verbesserungen diagnostiziert, etwa eine geringe Steigerung der Vollzeitbeschäftigung von Frauen. Der Anteil von Frauen in Teilzeit ist mit 47,6 % in Österreich deutlich über dem EU-Durchschnitt von 30,8 %. Fehlende Betreuungseinrichtungen und Sorgearbeit sind dafür mitverantwortlich. Die hohe Teilzeitrate bei Frauen spiegelt sich auch im Gender Gap in Bezug auf Pensionsleistungen wieder, dieser liegt mit 38,8 % über dem EU-Durchschnitt von 35,2 % und erfordert ebenso Maßnahmen.
Mangelnde Tätigkeit wird Österreich bei der starken Verlinkung von sozioökonomischem Hintergrund und Bildung attestiert. Migrationsbiographien führen zu geringeren Möglichkeiten am Arbeitsmarkt. Angehörige dieser Gruppe sind zudem auch überproportional von Armut trotz Beschäftigung betroffen (16,9 % im Verhältnis zu 5,5 %). Im Hinblick auf gute Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung schneidet Österreich – auch dank der hohen Kollektivvertragsabdeckung – nach wie vor besser als andere Länder ab.
Fortschritte beim faktischen Pensionsantrittsalter
Die EU-Kommission erkennt die Fortschritte bei den Bemühungen zur Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalter an und streicht auch positive Ansätze zur höheren Angemessenheit von Pensionsleistungen hervor. Dass die Pensionshöhe natürlich von den Erwerbsbiografien abhängt, legt den Schluss nahe, dass es die bestehenden Schieflagen am Arbeitsmarkt zu beseitigen gilt – insbesondere wenn es um die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit oder um andere für Frauen nachteilige Erwerbsmuster geht.
Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission: Länderbericht Österreich 2020
AK EUROPA: Länderbericht Österreich 2019: Kommission attestiert Österreich Handlungsbedarf
AK EUROPA: Die Zukunft der Pensionen in Europa
A&W Blog: Neue Bundesregierung: Weichen für wohlstandsorientierte Budgetpolitik stellen