Nachrichten
ZurückAK EUROPA veranstaltete am 9. Oktober 2018 zusammen mit ÖGB, DGB und der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Abendveranstaltung zu den aktuellen Pensionsberichten „Ageing Report“ und „Pension Adequacy Report“ der Europäischen Kommission. Über 80 Personen wohnten einer lebhaften ExpertInnendiskussion über die Nachhaltigkeit und Angemessenheit europäischer Pensionssysteme bei.
Die Leiterin des Brüsseler Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung, Renate Tenbusch, eröffnete den Abend mit einigen Worten zur demographischen Entwicklung in Deutschland und den verschiedenen Lösungen, die von ExpertInnen aufgezeigt werden. Eine bessere Vereinbarkeit von Job und Familie, um die Geburtenrate zu erhöhen und der weiteren Vergreisung der Gesellschaft vorzubeugen, wurden ebenso genannt wie die gerechtere Verteilung von Pensionen auf ihre BezieherInnen. Viele der Lösungsansätze, wie die Verlängerung der Arbeitszeit oder die gezielte Integration von ZuwanderInnen am Arbeitsmarkt, würden aber auch sozialen Sprengstoff bergen.
Im Anschluss stellte Josef Wöss von der AK Wien die wichtigsten Forschungsergebnisse des „2018 Ageing Report“ der GD ECFIN und des „Pension Adequacy Report“ der GD Employment vor. Während die Altersgruppe 65+ bis 2070 massiv steigen würde, würden die Ausgaben für Pensionen relativ zum BIP nicht mitsteigen, sondern hinter dem Niveau weit zurückbleiben. Im Durchschnitt würden nach den Daten der Kommission die Ausgaben der EU-27 bis 2070 sogar schrumpfen. Zwischen den PensionsempfängerInnen selbst gibt es große Unterschiede, den sogenannten „gender pension gap“. In Österreich ist dieser laut den Kommissionsdaten sogar um 3,4 % höher als im europäischen Durchschnitt. Gleichzeitig ist aber die Gefahr der Altersarmut in Österreich wesentlich geringer. Eine Lösung der Probleme kann eine aktive Arbeitsmarktpolitik sein, die die Beschäftigungsquoten erhöht und somit für mehr EinzahlerInnen ins Pensionssystem sorgt. Für heute 20jährige, die in den Arbeitsmarkt eintreten, liegt die Einkommensersatzrate in Österreich mit 78,4 % sehr hoch und somit auch höher als in vielen anderen EU-Mitgliedsstaaten, die auf private Vorsorgeprogramme setzen.
Die Leiterin der Sozialschutzabteilung der EU-Kommission, Ana Carla Pereira, hakte hier ein und verwies auf Berechnungen, die nicht von einem massiven Anstieg europaweiter Beschäftigungszahlen ausging. Alle Pensionsreformen müssten mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt konform sein. Deshalb sei sie besorgt über Entwicklungen wie in Polen, wo nach der Erhöhung des Pensionsantrittsalters dieses wieder nach unten gesenkt wurde. Man sehe aber in allen Mitgliedsstaaten eine Anstrengung, das Pensionsalter anzuheben. Pereira verwies auf Berechnungen der Kommission, die dazu führen könnten, dass man in Italien und Griechenland erst mit über 70 Jahren in den Ruhestand gehen wird können.
Der Generalsekretär des ÖGB, Bernd Achitz, schloss eine solche Entwicklung kategorisch aus. Seit 25 Jahren würde er dieselben Argumente für eine Anhebung des Pensionsantrittsalters hören. Diese würden aber immer nur in absoluten Zahlen präsentiert und nie relativ zum BIP, weil dies ein wesentlich dramatischeres Bild zeichnen würde als notwendig. Wie Wöss beharrte er auf eine aktive Beschäftigungspolitik. Es wäre unfair, Menschen im Alter vom gesellschaftlichen Wohlstand ausschließen zu wollen, die zu diesem ihr Leben lang durch ihre Arbeit beigetragen haben.
Rebekah Smith, stellvertretende Direktorin für Soziales von BusinessEurope, macht sich hingegen für ein Pensionssystem stark, das alle drei Säulen im Blick hat (öffentlich, betrieblich, privat). Außerdem müsste die Verlängerung der Zeit in Arbeit auf mehreren Ebenen vereinfacht werden. Die Aus- und Weiterbildung im Alter müsse man ordentlich entwickeln, um Mobilität innerhalb und zwischen Unternehmen zu ermöglichen, wenn sich z.B. die Arbeitsfähigkeit im Alter ändert.
Ingo Schäfer, Leiter der Pensionsabteilung des DGB, sprach sich gegen schematische mathematische Formeln aus, mit denen man das Regelantrittsalter nach hinten verschieben würde. Niemand würde wissen, wie der Arbeitsmarkt in einigen Jahren aussehen würde. Man habe gute Erfahrungen mit Ländern gemacht, die nach Bedarf ihr Antrittsalter verändert haben. Im Mittelpunkt sollte immer der Mensch stehen und nicht die nackten Zahlen.
Weiterführende Informationen: