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ZurückAm 12. September 2018 fand im Europäischen Parlament in Straßburg eine Aussprache zum Thema „Die Zukunft der Altersversorgung: Bekämpfung von Privatisierung und Stärkung öffentlicher universeller Sozialversicherungssysteme“ statt. Die Grundlage hierfür bildete der Pension Adequacy Report 2018 der Europäischen Kommission. Vor allem das europaweite private Altersvorsorgeprodukt (PEPP) standen zur Diskussion. Aus AK-Sicht birgt jenes aber einige wesentliche Gefahren.
Fast, so schien es, hätte die von der GUE/NGL eingeforderte Plenarsitzung nicht stattgefunden. Der Autor des Vorschlags zur Aussprache MEP João Pimenta Lopes ließ auf sich warten. Bevor Vizepräsidentin Evelyne Gebhardt (S&D) aber die Sitzung unterbrechen konnte, nahm Pimenta Lopes seinen Platz ein und hielt ein Eingangsstatement zur Diskussion.
Das durch die EU-Kommission vorgeschlagene PEPP sei zu allererst im Interesse großer europäischer Investitionsfonds, die sich so Zugriff auf die Gelder von ArbeitnehmerInnen verschaffen wollen. In Kombination mit der Sparpolitik in europäischen Ländern würde dies zu einem weiteren Abbau der universellen Sozialversicherungssysteme führen. Die Kommission würde im Verbund mit dem europäischen Semester darauf hinarbeiten, dass das Umlageverfahren zu einem Kapitaldeckungsverfahren umgebaut werde.
Kommissar Günther Oettinger schlug in seinem anschließenden Redebeitrag die Stärkung einer europäischen zweiten Säule vor, wobei er hier auf eine europaweite Lösung im Sinne des PEPP abzielte und nicht auf privatwirtschaftliche Betriebsrenten. Diese sollten mehr als ein Angebot und nicht als eine Vorgabe an die Mitgliedsstaaten verstanden werden, niemand wolle irgendjemand zur Implementierung des PEPP zwingen. Die erste Säule (gesetzliche Pension) solle in allen Staaten die bestimmende bleiben. Die Stärkung der zweiten Säule wäre aber eine Antwort auf die Fragen des demographischen Wandels in Europa.
Karoline Edtstadler, als Vertreterin der laufenden Ratspräsidentschaft, sprach sich zuallererst für adäquate Pensionen in einer alternden Gesellschaft aus. Besonders atypische Beschäftigung, Selbständigkeit und den „gender pension gap“ rückte sie in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Letzteren wolle man in den Mitgliedsstaaten mit der Förderung von „work-life-balance“, der gleichmäßigen Verteilung von Pflegeverantwortlichkeiten und allgemeinen Gleichstellungspolitiken schließen. Man müsse sich zusätzlich über die Probleme der Arbeitsmarktpartizipation, der Karrierechancen, der Arbeitsintensität und Karrierebrüche unterhalten. Was hier konkret geplant sei, lies Edtstadler aber offen. Am Ende ihrer Rede hielt sie fest, dass eine alternde Gesellschaft und der Verschuldungsstand der Mitgliedsstaaten ein nachhaltiges Pensionssystem verlangen würden. Diesen Punkt nahm sie etwas später in einer Antwortrunde wieder auf und wollte festgehalten haben, dass Pensionsreformen in vielen Mitgliedsstaaten positive Auswirkungen auf die Einschränkung öffentlicher Ausgaben gehabt hätten.
In eine ähnliche Richtung ging die Wortspende des EPP MEP Heinz K. Becker. Mit Verweis auf die demographische Entwicklung sprach er sich für ein späteres Pensionsantrittsalter aus. Außerdem sollte, obwohl die erste Säule als Priorität zu behandeln sei, die zweite Säule attraktiver gemacht werden. Das PEPP wäre besonders für junge Menschen eine neue gute Möglichkeit vorzusorgen, da es als erste Form des Pensionssparens eine Kapitalgarantie anbieten würde, die unabhängig von der Entwicklung der Kapitalmärkte sei. Außerdem gäbe es eine Garantie für die eingezahlten Beträge. Das wird von der Arbeiterkammer jedoch bezweifelt.
Grundsätzlich ist aus AK-Sicht ein öffentliches Einlagensystem zu bevorzugen, dies haben auch Vergleichsstudien zwischen verschiedenen Versicherungshäusern ergeben. Der versicherten Person müssen oft viele Lebensjahre beschieden sein, damit die Summe der erhaltenen Rente die Summe der einbezahlten Prämien übersteigt. Zusätzlich ist im Vorschlag der Kommission zum PEPP die Kündigungsmöglichkeit stark eingeschränkt bis nicht vorhanden und ein Wegfall des Kapitalschutzes bei einem Anbieterwechsel festgeschrieben.
Aus Sicht der AK muss bei diesem Kommissionvorschlag eklatant nachgebessert werden, um die Befürchtungen, dass hier nur Politik für die Finanzindustrie gemacht wird, auszuräumen.
Weiterführende Informationen:
AK Positionspapier: Europaweites privates Altersvorsorgeprodukt (PEPP)
AK EUROPA: Private Altersvorsorge – ein zweifelhaftes neues Modell auf europäischer Ebene