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ZurückDie Europäische Kommission drückt auf das Tempo, wenn es um ein klimaneutrales Europa geht. Am 14. Oktober 2020 veröffentlichte sie drei Strategien, mit denen die nächsten Schritte zur Umsetzung des Grünen Deals gesetzt werden sollen. Eine davon betrifft eine Renovierungswelle mit dem Ziel, die Renovierungsquote zu verdoppeln.
220 Millionen Gebäude gibt es in Europa. Der überwiegende Teil davon, nämlich 85 %, wurden vor 2001 errichtet und sind aus heutiger Sicht als nicht energieeffizient zu klassifizieren. Nicht weniger als 40 % des Gesamtenergieverbrauchs und 36 % der Treibhausgasemissionen sind in der EU auf Gebäude zurückzuführen. Damit ist klar, dass es für das Ziel des Grünen Deals, bis 2050 Energieneutralität zu erreichen, auch im Gebäudesektor große Kraftanstrengungen braucht: Denn lediglich 0,2 % des Gebäudebestandes in der EU werden pro Jahr einer umfassenden Renovierung unterzogen, mit der sich der Energieverbrauch um mindestens 60 % senkt.
Und so setzt sich die Kommission wiederum ein ambitioniertes langfristiges Ziel: 35 Millionen Gebäudeeinheiten sollen bis 2030 saniert werden. Diese Renovierungswelle soll auch dazu genutzt werden, einen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung nach der Coronakrise zu leisten, Arbeitsplätze zu sichern, Forschung zu fördern und die Digitalisierung voranzutreiben. So erwartet sich die Kommission durch diese Renovierungswelle 160.000 zusätzliche Arbeitsplätze für das Baugewerbe und damit in einer Branche, die stark durch die Coronakrise beeinträchtigt ist. Die Finanzierung soll vor allem auch durch den zukünftigen Mehrjährigen Finanzrahmen sowie das Wiederaufbaupaket Next Generation EU gewährleistet werden. 23 konkrete Maßnahmen kündigt die Kommission bis 2023 an, diese reichen von neuen Standards für eine umfassende Renovierung über die Umstellung auf digitale Genehmigungsanträge bis hin zur Förderung von Energiegemeinschaften.
Besonders wichtig ist für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Europäische Bauhaus, das Teil der Renovierungswelle ist. So soll die Renovierungswelle nicht nur den Gebäudebestand sanieren, sondern auch eine Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ästhetik einläuten, Innovation und Kreativität fördern sowie ExpertInnen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Technik zusammenbringen.
Auch das Thema Energiearmut wird im Rahmen dieser Strategie angegangen. So sind in der EU derzeit fast 34 Mio Menschen nicht in der Lage, ihre Wohnung ausreichend warm zu halten. Dabei erkennt die Kommission das Problem, dass gerade Menschen mit niedrigem Einkommen oft wenig Einfluss auf ihre Energieausgaben haben. 800.000 Sozialwohnungen müssten deshalb jährlich renoviert werden, um dieses Problem wirksam zu bekämpfen. Die Kosten hierfür beziffert die Kommission mit 57 Mrd Euro. Darüber hinaus will die Kommission den Mitgliedstaaten Empfehlungen im Kampf gegen Energiearmut vorlegen und eine Initiative für bezahlbaren Wohnraum starten. Dabei kann sich die Kommission vorstellen, Einnahmen aus dem Emissionshandelssystem zur Finanzierung von nationalen Projekten bei der Bekämpfung von Energiearmut gezielt zur Verfügung zu stellen. Schlussendlich sollen 100 Leuchtturmprojekte zur Renovierung ganzer Bezirke nach stadtteilbezogenen Konzepten durchgeführt werden.
Die Arbeiterkammer begrüßt, dass das Thema Energiearmut im Rahmen der Renovierungswelle breiten Raum zugestanden wird. Gerade bei einkommensschwachen Haushalten verschlingen die Energierechnungen einen erheblichen Teil ihrer monatlichen Fixkosten. Gleichzeitig verfügen sie nicht über die finanziellen Mittel, Energieeffizienzmaßnahmen setzen zu können. Dementsprechend benötigen gerade diese Haushalte direkte finanzielle Unterstützungen für energetische Sanierungen, die sie nicht rückerstatten müssen. Es muss aber auch sichergestellt werden, dass das Fördern von Renovierungen die Rechte der MieterInnen nicht schwächt und sie vor einem übermäßigen Ansteigen der Mieten in Folge von Renovierungen geschützt werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Verteilungspolitische Auswirkungen der Energiewende in den Fokus rücken