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ZurückGeschlossene Bildungseinrichtungen, digitales Lernen, weniger verfügbare Lehrstellen – Auch im Bildungsbereich hat die Coronakrise deutliche Spuren hinterlassen. Im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft sollen nun vor allem in den Bereichen Digitalisierung und berufliche Bildung Fortschritte gemacht werden.
Von Kinderbetreuungseinrichtungen über Schulen bis hin zu Universitäten und Einrichtungen der Erwachsenenbildung – Mitte März schlossen in ganz Europa die Bildungseinrichtungen ihre Türen. Die ohnehin schon belastende Situation traf in den folgenden Monaten sozial benachteiligte SchülerInnen besonders stark. Folgen hatte die Situation aber auch für Studierende und (angehende) Lehrlinge. Während die Zahl der Lehrstellensuchenden in Österreich zwischen Februar und Mai 2020 deutlich nach oben schoss, brach gleichzeitig das Angebot entsprechender Stellen ein. Dass diese Entwicklung nicht noch dramatischer ausfiel, ist vor allem der Einführung der Kurzarbeit zu verdanken.
Informelles Ratstreffen
Vom 16. bis zum 17. September 2020 trafen sich im deutschen Osnabrück die BildungsministerInnen der EU und EFTA-Staaten mit Beschäftigungskommissar Nicolas Schmit und Bildungskommissarin Mariya Gabriel zu einem informellen Treffen. Der Schwerpunkt des Treffens – dem ersten unter der aktuellen deutschen Ratspräsidentschaft – lag auf den Auswirkungen der Coronakrise auf die allgemeine und berufliche Bildung. Wie die deutsche Bundesbildungsministerin Anja Karliczek abschließend bekanntgab, einigten sich die Mitgliedstaaten auf Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft darauf, die Zusammenarbeit in der europäischen Berufsbildung weiter zu verstärken. Karliczek sprach davon, „die EU in den wichtigen Themen Bildung und Ausbildung gemeinsam einen Schritt weiter vorangebracht“ zu haben.
Osnabrücker Erklärung
Bei dem Treffen, an dem am zweiten Tag auch VertreterInnen der europäischen Sozialpartner teilnahmen, wurde auch die sogenannte Osnabrücker Erklärung auf den Weg gebracht. Diese soll die europäische Berufsbildung modernisieren und die grenzübergreifende Zusammenarbeit im Sinne eines europäischen Bildungsraums vertiefen. Konkrete Ziele der sich noch in der Ausarbeitung befindlichen Erklärung seien etwa eine höhere Beschäftigungsfähigkeit, eine exzellente Berufsbildung auf Hochschulniveau, die auf Gleichwertigkeit der beiden Bildungswege abzielt und somit eine verbesserte Durchlässigkeit ermöglicht. Offiziell beschlossen soll die Erklärung beim formellen Ratstreffen Ende November werden.
Berufliche Bildung ist einer der drei Schwerpunkte der deutschen Ratspräsidentschaft im Bildungsbereich. Es soll gezeigt werden, dass diese eine gleichwertige Alternative zur akademischen Bildung darstellt. Außerdem sollen sämtliche Bildungsbereiche in Zukunft digitaler gestaltet werden. Potentiale, aber vor allem auch Mängel hat gerade die Coronakrise deutlich offengelegt.
Sozial benachteiligte SchülerInnen besonders stark betroffen
Von einem Tag auf den anderen fand der Unterricht für Millionen europäischer SchülerInnen nur noch digital statt – wenn überhaupt. Das hatte weitreichende Folgen. Exemplarisch dafür steht eine Studie des ifo Instituts (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V.) zu Bildung in der Coronakrise. In deren Rahmen wurde auch untersucht, wie sich die rund dreimonatige Schulschließung in Deutschland auf Ungleichheiten im Bildungsbereich auswirkte. Dabei zeigte sich, dass das Ausmaß an schulischen Aktivitäten in diesem Zeitraum bei allen SchülerInnen um rund 50 % zurückging. Stattdessen widmeten sich die SchülerInnen verstärkt „passiven Aktivitäten“, etwa dem Fernsehen und den Sozialen Medien. Die Studie zeigt allerdings auch, dass Kinder, bei denen kein Elternteil über einen akademischen Abschuss verfügt, deutlich weniger Unterstützung von ihren Schulen erhielten als Kinder, bei denen zumindest ein Elternteil über einen solchen Abschluss verfügt. So erhielten 49 % der SchülerInnen ohne akademischem Familienhintergrund im Untersuchungszeitraum keinen Anruf von einer Lehrperson, bei SchülerInnen mit akademischem Familienhintergrund war das nur bei 33 % der Fall.
Um den Herausforderungen eines sich zunehmend digitalisierenden Bildungsbereichs in Zukunft besser begegnen zu können, hat die EU-Kommission für den 30. September 2020 die Präsentation eines überarbeiteten Aktionsplans für digitale Bildung angekündigt. Dieser soll unter anderem auch zu einer besseren Nutzung von digitalen Technologien im Unterricht sowie zu Lernzwecken beitragen und auch die Erfahrungen aus der Coronakrise berücksichtigen.
Wichtigkeit von Aus- und Weiterbildung
Insgesamt birgt die Coronakrise und die nun in Angriff zu nehmende Phase der Regeneration viele Herausforderungen mit sich, aber auch die Chance, bisherige Versäumnisse aufzuholen. Dazu bedarf es allerdings entsprechender politischer Maßnahmen.
Die digitale Transformation umfasst alle Ebenen und Phasen der (Aus-)Bildung. Sie beinhaltet neue Möglichkeiten, birgt aber auch gewisse Risiken. Digitale Fertigkeiten sind deshalb aus Sicht der Arbeiterkammer zentral, um an einer digitalisierten Gesellschaft und einem digitalisierten Arbeitsmarkt teilnehmen zu können. Die AK forderte bereits vor der Coronakrise intensivere Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung. In einer Welt, in der ArbeitnehmerInnen zunehmend prekär beschäftigt sind und sich mit ständig ändernden Anforderungsprofilen konfrontiert sehen, ist die Möglichkeit des lebensbegleitenden Lernens unerlässlich. Es muss sichergestellt werden, dass alle Menschen sich jene Fertigkeiten aneignen können, die sie benötigen, um in einer schnell transformierenden Gesellschaft bestehen zu können.
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