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Der Untersuchungsausschuss für Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA) arbeitet seit Herbst letzten Jahres daran, Steuervermeidungstaktiken und Steuerschlupflöcher, wie sie die Panama-Papers gezeigt haben, zu identifizieren. Ziel des Ausschusses ist es, dahingehende Verstöße und Missstände im Unionsrecht aufzudecken. Die monatelange Arbeit fördert wichtige Erkenntnisse für den EU-weiten Kampf für Transparenz und Steuergerechtigkeit zu Tage.

 

Es sind bereits einige Monate vergangen, seit der Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments unter dem Vorsitz von Werner Langen (EVP) seine Arbeit aufgenommen hat. Die Aufgabe, Lücken in der Anwendung europäischer Bestimmungen im Bereich der Geldwäsche und Steuertricksereien zu identifizieren, ist keine einfache, aber eine sehr notwendige, wenn nicht erst auf das nächste Datenleck und damit verbundene Steuerskandale wie LuxLeaks, Panamapapers oder BahamaLeaks gewartet werden soll. Die Arbeit des Ausschusses stellt damit einen zentralen Bestandteil der allgemein auf EU-Ebene verfolgten Bestrebungen für mehr Steuergerechtigkeit dar.

 

In zahlreichen Ausschusssitzungen ist mit unterschiedlichsten Stakeholdern wie JournalistInnen, EU-KommissarInnen, BankbeamtInnen, politischen BeamtInnen verschiedener Mitgliedsstaaten, AktivistInnen, Whistleblowern und WissenschafterInnen diskutiert worden, wo das derzeitige System hakt und was jedenfalls auf Ebene der EU getan werden könne, um Steuervermeidungs- und Umgehungspraktiken zu verunmöglichen. Zudem sind Fact-Finding-Missions in Mitgliedsstaaten, aber auch in den USA, unternommen worden. Einige der zentralen Erkenntnisse, die der Ausschuss bisher erlangt hat, können in fünf eigens publizierten Studien nachgelesen werden. Geldwäsche passiert meist, indem eine Gesellschaft in einem Steuerparadies gegründet und registriert wird, die ein entsprechendes Offshore-Konto benötigt. Sowohl bei der Errichtung dieser Strukturen als auch bei ihrer Aufrechterhaltung spielen FinanzintermediärInnen eine wesentliche Rolle. Konkret handelt es sich hierbei nicht nur um Banken und SteuerberaterInnen, sondern auch um AnwältInnen, Finanz- und VermögensberaterInnen, WirtschaftsprüferInnen sowie Versicherungs- oder Treuhandgesellschaften, die in diese Tätigkeiten involviert sein können. Diese Berufsgruppen unterliegen innerhalb der EU ganz unterschiedlichen sektorenspezifischen Regelungen. Aus der Arbeit des PANA-Ausschusses geht aber klar hervor: Es braucht einheitliche Regelungen, die auf die Tätigkeit und nicht auf die Berufsbezeichnung abzielen, um ihr Zutun bei Geldwäscheaktivitäten und Steuervermeidungsstrukturen zu unterbinden und auch entsprechend bestrafen zu können.

 

Durch Steuervermeidung und -hinterziehung entgehen den europäischen Mitgliedsstaaten wichtige Einnahmen, die für Sozialleistungen, Bildung oder Beschäftigungspolitik verwendet werden könnten, wie eine Studie für den Ausschuss offenlegt. Wenngleich diese Berechnungen laut einigen ParlamentarierInnen im Ausschuss mit Vorsicht zu genießen seien, kann auf EU-Ebene von Steuerlöchern jenseits der 100 Milliarden Euro-Grenze ausgegangen werden. Zentral ist auch, dass es sich bei Steuervermeidung und -hinterziehung um ein globales Problem handelt, das globale Lösungen erfordert. Entgangene Steuerleistungen durch komplexe Steuervermeidungsstrukturen sind gerade auch im Globalen Süden ein sehr schwerwiegendes Problem. Wenn allein das OECD-BEPS-Modell als Basis für EU-politische Maßnahmen zum Kampf gegen Steuervermeidung verwendet wird, bleiben die Interessen des Globalen Südens unberücksichtigt, da sie systematisch von den zugrundeliegenden Verhandlungen ausgeschlossen worden sind. Der PANA- Ausschuss spricht sich für die Schaffung einer schwarzen Liste von Steuerparadiesen aus, wie das auch der Kommissionsentwurf zur Länderspezifischen Berichterstattung fordert[i]. Diese Liste soll sich an der OECD-Definition von 1998 orientieren. Ein Steuerparadies ist demnach an niedrigen bis nicht existenten nominellen Steuersätzen, Gesetzen, die einen effektiven Informationsaustausch über Steuerzahlungen verunmöglichen, fehlender Transparenz und der fehlenden Voraussetzung, die Investitionen und Transkationen eine substanzielle Aktivität abverlangt. Was ist aber mit EU-Staaten oder der EU zugehörigen Hoheitsgebieten, die demnach als Steuerparadiese bezeichnet werden könnten? Derzeit betrifft das etwa Madeira (PT), die Britischen Jungferninseln und Gibraltar (GB). Der bevorstehende BREXIT bringt damit einmal mehr Herausforderungen mit sich und muss bereits jetzt entsprechend berücksichtigt werden.

 

Bisher steht jedenfalls fest, dass mehr Transparenz benötigt wird, um reiche Einzelpersonen und Unternehmen dazu zu bringen, ihren fairen Steueranteil in dem Land zu entrichten, in dem sie ihr Vermögen erwirtschaftet haben. Die Arbeit des PANA-Untersuchungsausschusses ist aber noch nicht an seinem Ende angelangt und wird bis dahin sicher noch weitere spannende und wichtige Erkenntnisse liefern, die es in allen anderen europäischen Bestrebungen für mehr Steuergerechtigkeit zu bedenken gilt. Dazu zählen beispielsweise die länderspezifische Berichterstattung und der Vorschlag für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage.

 

[i] Der entsprechende Parlamentsentwurf von Evelyn Regner und Hugues Bayet zur länderspezifischen Berichterstattung spricht sich hingegen dafür aus, dass europäische Unternehmen, die international agieren, ihre Gewinne und Tätigkeiten in allen Ländern, in denen sie agieren, länderweise offenlegen müssen.

 

Weiterführende Informationen:

AK EUROPA: Panama Papers: Parlament beschließt Untersuchungsausschuss

AK EUROPA: Europäisches Parlament beschäftigt sich mit Briefkastenfirmen

AK EUROPA: Hot Topic im EU-Parlament: Steuerhinterziehung und Geldwäsche

AK EUROPA: Nein zu Steueroasen – AK startet neue Petition

AK EUROPA: Die Panama Papers im Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments

AK EUROPA: EU-Richtlinien gegen Steuervermeidung haben Nachbesserungsbedarf

AK EUROPA Positionspapier zum Country-by-Country-Reporting (CbCR)

AK EUROPA Positionspapier zur gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (CCCTB)

PANA: Die offizielle Homepage des Untersuchungsausschusses

PANA Studie: Kampf gegen Steuerstraftaten – Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen

PANA Studie: Impact of the schemes revealed by the Panama Papers on developing countries

PANA Studie: The Impact of Schemes revealed by the Panama Papers on the Economy and Finances of a Sample of Member States

PANA Studie: Role of advisors and intermediaries in the schemes revealed in the Panama Papers

PANA Studie: Rules on independence and responsibility regarding auditing, tax advice, accountancy, account certification services and legal services

PANA Studie: Tax evasion, money laundering and tax transparency in the EU Overseas Countries and Territories