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ZurückLaut einer aktuellen Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation leben rund 28 Millionen Menschen weltweit in Zwangsarbeit, davon mehr als 3 Millionen Kinder. Zwangsarbeit ist ein globales Problem, das auch Europa betrifft. Im September 2022 legte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt vor. Eine gemeinsam von AK EUROPA und ÖGB Europabüro organisierte Veranstaltung am 27. November 2023 griff dieses wichtige Thema auf.
In ihrer Begrüßung betonte Judith Vorbach, Leiterin von AK EUROPA, dass die Folgen der Wirtschafts- und Handelspolitik auf die weltweiten sozialen und ökologischen Standards und vor allem auch auf Menschenrechte stets im Fokus stehen müssen. Es folgte eine Slide-Show mit Bildern zu Zwangsarbeit, präsentiert von Lieve Verboven, Direktorin des Büros der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) für die Europäische Union und die Benelux Länder. Zwangsarbeit finde oft im Verborgenen statt, die IAO habe daher gemeinsam mit der NGO „Human Resources Without Borders“ (RHSF) und der Unterstützung von „Cartooning for Peace“ einen Cartoon Wettbewerb organisiert, um dem Thema mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Einige der eingereichten Arbeiten wurden zu einer Ausstellung mit dem Titel „Durch ihre Augen. Eindrücke von Zwangsarbeit“ zusammengestellt.
EU-Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit muss rasch verhandelt werden
Samira Rafaela (MdEP und Ko-Berichterstatterin, RENEW) betonte eingangs in ihrer Keynote, dass sich die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments in der Abstimmung vom 16. Oktober 2023 mit überwältigender Mehrheit für das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit auf dem Unionsmarkt ausgesprochen haben. Sie wies insbesondere auf die Situation der Uigur:innen in China hin und forderte Verbesserungen zum Kommissionsvorschlag. Samira Rafaela richtete einen Appell an den Rat, das Verhandlungstempo zu erhöhen. Ziel sei es, die Verordnung noch vor der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2024 zu verabschieden.
Verbesserungen zum Kommissionsvorschlag notwendig
In der Podiumsdiskussion ging Ben Vanpeperstraete, Senior Advisor am European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), auf die Frage der Beweislast für das Vorliegen von Zwangsarbeit ein. Im Vorschlag der EU-Kommission liege die Beweislast bei den Behörden, besser wäre es jedoch, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Das EU-Parlament habe hier zwar nachgebessert, jedoch beschränkt auf Fälle von staatlich angeordneter Zwangsarbeit.
Thomas Wagnsonner, Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) und Berichterstatter zum Kommissionsvorschlag, erläuterte die Inhalte der EWSA-Stellungnahme. Der EWSA fordere Verbesserungen zum Kommissionsvorschlag, insbesondere Wiedergutmachung für Zwangsarbeiter:innen sowie eine Entlastung der Behörden bei der Beweislast.
Die Moderatorin Sarah Bruckner, AK EUROPA, fragte abschließend nach dem Verhältnis zwischen dem Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit und dem EU-Lieferkettengesetz. Die Podiumsdiskutant:innen beantworteten die Frage einhellig dahingehend, dass es sich um zwei komplementäre Rechtsvorschläge handle, die beide dringend notwendig seien.
Wie geht es weiter?
Loris Matarelli, Berater für die belgische EU-Präsidentschaft 2024 im Kabinett des Vize- Premierministers und Ministers für Wirtschaft und Arbeit, betonte, dass es Ziel der kommenden belgischen Ratspräsidentschaft sei, eine ambitionierte Ratsposition (Allgemeine Ausrichtung) zum Verordnungsvorschlag zu erreichen. Das Thema habe für die belgische Ratspräsidentschaft höchste Priorität.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: 75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Wie kann Produkten aus Zwangsarbeit ein Ende bereitet werden?
EU-Kommission: Vorschlag für eine Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt
EU-Parlament: Bericht des ko-zuständigen INTA und IMCO-Ausschusses zum Verordnungsvorschlag
EWSA: Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag
AK EUROPA Positionspapier: Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt
AK EUROPA: Offener Brief an den INTA und IMCO-Ausschuss
AK EUROPA: Europäisches Parlament stimmt für wirksames Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit