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ZurückAm 5. November 2025 präsentierten EU-Kommissionsvizepräsident Raffaele Fitto und Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas neue Pläne für den Ausbau des Hochgeschwindigkeitsverkehrs auf der Schiene sowie zur Förderung von Investitionen in nachhaltige Kraftstoffe für den Luft- und Schiffsverkehr. Gerade der Aktionsplan für den Hochgeschwindigkeitsverkehr wurde mit viel Spannung erwartet, erhofft man sich doch entscheidende Verbesserungen für Reisende und das Klima.
Auf Grundlage des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) soll der neue Aktionsplan für den Hochgeschwindigkeitsverkehr dazu beitragen, dass nun mit geeinten Kräften an der Verwirklichung eines schnellen und interoperablen Schienennetzes zwischen den wichtigsten europäischen Städten gearbeitet wird. Während die Regionen und die europäischen Unternehmen von den Investitionen, besseren Verbindungen und steigenden Fahrgastzahlen profitieren, soll den Reisenden auch der Umstieg von Kurz- und Mittelstreckenflügen auf die Bahn schmackhaft gemacht werden.
Demgegenüber zielt der Sustainable Transport Investment Plan auf die Förderung von Investitionen in erneuerbare und kohlenstoffarme Kraftstoffe ab. Er soll sicherstellen, dass die Ziele der Initiativen RefuelEU Aviation und FuelEU Maritime aus dem Fit for 55-Paket der letzten Legislaturperiode tatsächlich erreicht werden. Um die erforderlichen Mengen an Bio- und E-Kraftstoffen bis 2035 bereitzustellen, sind Investitionen in Höhe von rund 100 Mrd. Euro nötig. Bis 2027 sollen zunächst zumindest 2,9 Mrd. Euro über EU-Instrumente wie InvestEU, die Europäische Wasserstoffbank und das EU-Forschungsprogramm Horizon Europe mobilisiert werden.
Hintergrund der Mitteilung zum Hochgeschwindigkeitsverkehr
Mit dem Hochgeschwindigkeitsverkehr sind große Hoffnungen verbunden. Laut Aktionsplan ist er der Schlüssel zu einem geeinten und zukunftsfähigen Europa. Neben der Verlagerung von Verkehren auf umweltfreundlichere Alternativen könnte er die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken und dazu beitragen, den Druck auf städtische Wohnungsmärkte zu verringern sowie kleineren Städten neue Chancen eröffnen. Auch Mario Draghi betonte in seinem Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit Europas die Bedeutung von Investitionen in die Infrastruktur. Und Enrico Letta bemängelte in seinem Bericht zum EU-Binnenmarkt, dass der Hochgeschwindigkeitsverkehr meist an nationalen Grenzen endet.
Bereits 2020 wurde in der Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität das Ziel formuliert, den Hochgeschwindigkeitsverkehr bis 2030 gegenüber 2015 zu verdoppeln und bis 2050 zu verdreifachen. Darauf aufbauend schreibt die TEN-V-Verordnung von 2024 vor, dass bis 2040 entsprechende Verbindungen – mit einer Geschwindigkeit von über 200 km/h – zwischen den großen europäischen Ballungszentren verwirklicht werden. Vom im Jahr 2020 angepeilten Zielpfad ist man jedoch bisher weit entfernt: Bis 2023 betrug die Steigerung lediglich 17 Prozent. Die meisten Hochgeschwindigkeitsstrecken befinden sich nach wie vor in Spanien, Frankreich, Italien und Deutschland. Vor allem in Mittel- und Osteuropa besteht noch großer Nachholbedarf.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Überblick
Die neue Mitteilung enthält einen Fahrplan zur Verwirklichung der Vision eines funktionierenden Hochgeschwindigkeitsverkehrs bis 2040. In diesem Zusammenhang werden die Mitgliedstaaten auch aufgefordert, eine Überschreitung der in der TEN-V-Verordnung dargelegten Mindestanforderungen zu prüfen und, wenn es wirtschaftlich darstellbar ist, Strecken mit Geschwindigkeiten von weit über 250 km/h zu realisieren. Für einzelne prioritäre Verbindungen, insbesondere zwischen den Hauptstädten, werden konkrete Zielfahrzeiten gefordert. So soll beispielsweise die Dauer einer Bahnreise von Wien nach Berlin auf 4,5 Stunden verkürzt werden.
Der avisierte Fahrplan der EU-Kommission sieht Maßnahmen vor, um grenzüberschreitende Hindernisse abzubauen, die Finanzierungsbedingungen zu verbessern, die Anforderungen an das Rollmaterial zu harmonisieren und die Rolle der EU bei der Planung und Koordination des Netzes zu stärken. In den vier Säulen bzw. Aktionsbereichen sind konkret u. a. folgende Maßnahmen zu finden:
- Hochgeschwindigkeitsnetz – Beschleunigung und Harmonisierung: Beseitigung der wichtigsten Engpässe, Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, Koordination einer Finanzierungsstrategie, multilaterale Verpflichtungen in einem „High-Speed Rail Deal“
- Rechtsrahmen für Schienenverkehrsdienste: Entwicklung eines Gebrauchtmarktes für Schienenfahrzeuge, Verbesserung der Fahrgastrechte und der Buchungsoptionen bei Reisen mit unterschiedlichen Anbietern, bessere Anbindung von Flughäfen
- Harmonisierte und innovative EU-Bahnindustrie: ambitionierte Umsetzung des Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS, harmonisierte Anforderungen an Hochgeschwindigkeitszüge, einheitliche Zertifizierung von Triebfahrzeugführern
- EU-Governance für den Hochgeschwindigkeitsverkehr: Überarbeitung der Rechtsvorschriften für die EU-Eisenbahnagentur (ERA), bessere Überwachung des Netzausbaus, bessere Koordination der Trassenkapazitäten, Runde Tische zu ausgewählten Städteverbindungen
Eine erste Bewertung der Vorhaben
Der Europäische Verbraucherverband BEUC würdigt, dass mit dem neuen Aktionsplan der EU-Kommission nachhaltiges Reisen mit der Bahn attraktiver und erschwinglicher gemacht werden soll. Die Fahrgäste seien schon viel zu lange komplizierten Buchungssystemen, begrenzten Passagierrechten, schlechten Verbindungen und enttäuschendem Service ausgesetzt. Viele der im Papier Railway to (Consumer) Heaven vorgelegten Empfehlungen wurden aufgegriffen. Nun komme es auf die rasche Umsetzung an.
Auch die AK begrüßt den Aktionsplan. Seine Umsetzung wird allerdings nur mit einer Aufstockung der EU-Förderfazilität Connecting Europe (CEF) im nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen (MFF) gelingen. Gleichzeitig gilt es, die Potenziale der europäischen Bahnindustrie – hochqualifizierte Arbeitsplätze, europäische Wertschöpfung und Innovationsführerschaft – durch eine entsprechende europäische Strategie besser auszuschöpfen. Angesichts der zunehmenden Fragmentierung des Marktes ist es daneben nötig, strenge und harmonisierte Arbeits- und Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Das erfordert eine EU-weite, manipulationssichere digitale Überwachung und Durchsetzung der Arbeits-, Lenk- und Ruhezeitvorschriften für mobiles Eisenbahnpersonal.
Weiterführende Informationen:
EU-Kommission: Commission launches plan to accelerate high-speed rail across Europe (nur Englisch)
AK EUROPA: Der Draghi-Bericht. Wettbewerbsfähigkeit im Zentrum der EU Politik
AK EUROPA: „Weit mehr als ein Markt“. Niemand zurücklassen im Binnenmarkt
AK EUROPA: Transeuropäische Verkehrsnetze: Fokus auf die Beschäftigten!
AK EUROPA: „Fit for 55“ – Europas Weg zur Klimaneutralität
AK EUROPA: Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität
AK Wien: So wird Österreich zur Bahnfabrik Europas
BEUC: High-speed rail action plan could be just the ticket for consumers (nur Englisch)