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ZurückVon 6.-9. Juni werden die EU-Bürger:innen zur Wahlurne gebeten, um das neue EU-Parlament zu wählen. Entscheidungen, die dort in den nächsten fünf Jahren getroffen werden, formen wesentlich die Zukunft Europas. Vor allem die Interessen der Jugend dürfen dabei nicht zu kurz kommen. In der gemeinsamen Kampagne „Stimme für Demokratie”, betonen AK und ÖGB die große Bedeutung der Stimme der Jugend bei der EU-Wahl.
Rund 370 Millionen EU-Bürger:innen aus allen 27 Mitgliedstaaten sind aufgerufen, bei der EU-Wahl ihre Stimme abzugeben. In der vergangenen Legislaturperiode betrug das Durchschnittsalter im EU-Parlament 49 Jahre. Junge Menschen machen 25 Prozent der EU-Bevölkerung aus und sind damit auf Entscheidungsebene deutlich unterrepräsentiert. Und das, obwohl die steigende Wahlbeteiligung der Jugendlichen 2019 zeigt, dass es ein Interesse an mehr Mitbestimmung gibt. Die Anliegen junger Menschen werden nicht selten in die Zukunft verschoben, da ihre Interessen nicht ausreichend vertreten werden.
Die vergangenen Jahre waren besonders hart für Jugendliche. Die Corona-Krise hatte vor allem für viele junge Menschen verheerende Folgen: Steigende Jugendarbeitslosigkeit, soziale Isolation und Zukunftsängste. Diese Sorgen werden weiter durch Klimakrise und Krieg befeuert und die steigenden Lebenserhaltungskosten führen gerade auch bei jungen Menschen zu Mehrfachbelastungen. In Anbetracht dieser Herausforderungen ist die Zusammensetzung des neuen EU-Parlaments zukunftsweisend. Dieses ist das einzige Gremium auf EU-Ebene, das direkt gewählt werden kann. Gemeinsam mit dem Rat entscheidet es über Gesetze. Die Stimme der Jugend darf in diesen Entscheidungsprozessen nicht mehr länger zu kurz kommen.
Was die EU für die Jugend bisher macht
Durch Programme wie Erasmus Plus eröffnet die EU jungen Menschen Ausbildungs- und Berufschancen in ganz Europa und fördert die Vernetzung und den Austausch von Jugendlichen über alle Mitgliedstaaten hinweg. Letzteres wird auch durch Discover EU unterstützt indem 18-Jährigen durch Fördermittel ermöglicht wird, mit dem Zug durch Europa zu reisen. Die EU-Kommission setzte sich zudem 2022 im Europäischen Jahr der Jugend das Ziel, die Mitbestimmung junger Menschen auf EU-Ebene zu stärken. Dies hat sie in einer Mitteilung im Jänner 2024 erneut bekräftigt. Im Rahmen der EU-Jugendstrategie für 2019-2027 werden dazu einige Initiativen gesetzt. Zum Beispiel haben junge Menschen im Rahmen des EU-Jugenddialogs die Möglichkeit, mit politischen Entscheidungsträger:innen Empfehlungen zu erarbeiten. Dies sind durchaus begrüßenswerte Aktionen. Dabei ist allerdings sicherzustellen, dass damit tatsächlich die Situation junger Menschen verbessert wird, die Maßnahmen für alle gleichermaßen zugänglich sind und die Beteiligten nicht bloß für Youthwashing instrumentalisiert werden.
Schluss mit unbezahlten Praktika – aber wirklich!
Der Einstieg ins Berufsleben ist für viele junge Menschen mit großen Herausforderungen verbunden. Häufig erwarten Unternehmen, dass junge Arbeitskräfte in Form unbezahlter Praktika überhaupt gratis arbeiten. Laut einer Studie des Europäischen Jugendforums müssen junge Menschen in Europa rund 1.000 Euro pro Monat aufbringen, um sich ein solches Praktikumeisten zu können. Die Möglichkeit, ein unbezahltes Praktikum zu absolvieren, setzt demnach gewisse Privilegien voraus. Gleichzeitig wird durch die Schaffung von Billig- oder Gratis-Arbeitskräften auch Druck auf die übrigen regulär Beschäftigten in den jeweiligen Branchen ausgeübt.
Im März 2024 wurden seitens der EU eine Empfehlung des Rats sowie ein Richtlinienentwurf der EU-Kommission vorgestellt, die an eine Empfehlung zu Qualitätsrahmen von Praktika aus dem Jahre 2014 anknüpft und die Arbeitsbedingungen für Praktikant:innen in den Mitgliedsländern verbessern sollen. Leider spricht sich der Richtlinienentwurf nicht ausdrücklich für ein Verbot unbezahlter Praktika aus. Auch wenn der Vorstoß ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit und bessere Bedingungen für Praktikant:innen bedeutet, bleiben viele Fragen offen. Eine gut gemeinte Initiative reicht nicht aus, wenn sie Raum für Schlupflöcher lässt, die genutzt werden könnten, um Praktikant:innen weiterhin zu gering oder gar nicht zu bezahlen. Die AK wird sich daher dafür einsetzen, dass die Richtlinie schlussendlich keine Interpretationsspielräume lässt. Praktikant:innen müssen arbeitsrechtlich voll abgesichert sein und dürfen nicht länger als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden.
Digitale Zukunft: Aufklärung statt erhobener Zeigefinger
Künstliche Intelligenz (KI) gehört für viele Menschen mittlerweile zum Alltag. Auch beim Scrollen in sozialen Medien werden Algorithmen mithilfe von KI generiert. Während KI-Tools in vielerlei Hinsicht Erleichterungen im Alltag bringen, bergen sie auch Risiken. Es ist wichtig, dass politische Entscheidungsträger:innen sich sowohl des Potenzials als auch der Gefahren von KI bewusst sind und Gesetze erlassen, um Menschen zu schützen. Auf EU-Ebene wurde dazu erstmalig eine KI-Verordnung verabschiedet. Aus Sicht der AK ist vor allem der Schutz von Verbraucher:innen und Arbeitnehmer:innen von höchster Priorität. Was junge Menschen im Umgang mit KI brauchen, sind nicht Verbote und erhobene Zeigefinger, sondern die Sensibilisierung und Ermächtigung des richtigen Umgangs mit den neuen Technologien, um auch Schutz im Digitalbereich zu gewährleisten. Das ist auch wichtig, um für den digitalen Wandel am Arbeitsmarkt gerüstet und für die neuen Herausforderungen gewappnet zu sein.
Sozial gerechter ökologischer Umbau für Jung und Alt
Die Klimakrise und ihre sozialen Folgen werden auch in Europa immer stärker spürbar. Besonders für junge Menschen ist dies eine enorme Belastung, die mit Zukunftsängsten und negativen gesundheitlichen Folgen einhergeht. Mit dem European Green Deal hat die EU in der vergangenen Legislaturperiode wichtige Schritte im Kampf gegen die Klimakrise unternommen und verbindliche Ziele gesetzt. Um bis 2050 in Europa klimaneutral zu werden und gleichzeitig einen sozial gerechten und inklusiven grünen Übergang zu schaffen, müssen diesen Zielen in den nächsten Jahren Maßnahmen folgen, die erfolgreich umgesetzt werden.
Fast jeder zweite junge Mensch in Europa zwischen 15 und 30 Jahren gab im April 2024 an, sich im letzten Jahr auf unterschiedliche Weise, z.B. durch Unterzeichnen einer Petition oder die Teilnahme an Demonstrationen, für gesellschaftlichen Wandel eingesetzt zu haben. Dies zeigt, dass Jugendliche Interesse daran haben, im Sinne einer lebenswerten Gegenwart und Zukunft mitzugestalten. Dazu gehören auch eine starken soziale Agenda, der Kampf für die Gleichstellung von Frauen und der Schutz vor Diskriminierung. Ein Bericht der EU-Agentur für Grundrechte zeigt darüber hinaus, dass insbesondere junge queere Menschen verstärkt durch Gewalt, Übergriffe und Mobbing gefährdet sind. Inklusive Gleichstellungs- und Anti-Diskriminierungsmaßnahmen müssen auf EU-Ebene vorangetrieben werden. Junge Menschen müssen gleichwertig mitbestimmen und am Verhandlungstisch Platz nehmen dürfen.
Die Stimme der Jugend stärken!
Wer nach der Wahl am Hebel der Macht sitzt, wird wesentlich über die politische Ausrichtung der EU und langfristig über die Zukunft Europas entscheiden. Die AK setzt sich für ein lebenswertes Europa für Jung und Alt ein. Im Sinne der Generationengerechtigkeit müssen dabei auch junge Menschen und ihre Anliegen in der EU-Gesetzgebung umfassend berücksichtigt werden. Es braucht starke junge Stimmen für Demokratie, um dem wahrnehmbaren Rechtsruck entgegenwirken und wichtige Maßnahmen für Klimaschutz, Armutsbekämpfung, soziale Sicherheit, Aus- und Weiterbildung sowie qualitative Arbeitsplätze garantieren zu können. Dazu hat der Europäische Gewerkschaftsbund ein Manifest für ein Europa erstellt, das Arbeitnehmer:innen aller Generationen stärkt. Die Zukunft der EU liegt in den Händen der jungen Menschen. Ein soziales, gerechtes und nachhaltiges Europa, das jungen Stimmen Gehör verschafft, liegt letztlich aber auch im Interesse aller Generationen.
Weiterführende Informationen:
ÖGB: Deine Stimme entscheidet! Warum du am 9. Juni zur EU-Wahl gehen solltest
ÖGB: Stimme für Demokratie
AK EUROPA: Stimme für Demokratie. Die EU-Wahl steht vor der Tür
AK EUROPA: Rückblick. Sozialpolitische Errungenschaften der vergangenen EU-Legislaturperiode
AK EUROPA: Die Zukunft und die Gegenwart: Interessen junger Menschen besser berücksichtigen
AK EUROPA: Mehr Unterstützung für junge Europäer:innen im Europäischen Jahr der Jugend 2022
Europäisches Jugendforum: Representing Europe’s Youth (nur Englisch)
Rat: Die EU-Jugendstrategie 2019-2027