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ZurückDie britische NGO Oxfam hat wie jedes Jahr zum Weltwirtschaftsforum in Davos ihren weltweiten Ungleichheitsbericht veröffentlicht. Die obersten 10% halten in Europa 37% des europäischen Gesamtvermögens. Die österreichische Nationalbank veröffentlichte vor Kurzem eine ähnliche Studie für Österreich mit erschreckendem Ergebnis: Die oberen 10% Prozent der Bevölkerung haben ein größeres Vermögen als die restlichen 90%.
Globale Ungleichheit
In ihrer aktuellen Studie stellt Oxfam fest, dass das Vermögen der Reichsten auf der Erde im Vergleich zum letzten Jahr um 2,2 Milliarden Euro gestiegen ist. Im Gegensatz dazu wäre das Privatvermögen der Ärmsten um 500 Millionen geschrumpft. Gleichzeitig soll die globale Vermögensschere seit 2013 langsamer auseinandergehen als zuvor. Während das Privatvermögen weltweit sukzessive steigt, befinden sich die öffentlichen Vermögenswerte (bereinigt durch Staatsschulden) seit den 1980er Jahren im Sinkflug. Oxfam geht davon aus, dass falls man beim „business as usual“ bleibt, die Ungleichheit weiter wächst. Das könnte zu Folge haben, dass der globale Vermögensanteilteil der Reichsten 0,1 % im Jahr 2050 genauso hoch ist wie jener der globalen Mittelschicht, also den mittleren 40%. Eine solche Entwicklung könnte zum Beispiel durch eine effektive Steuerprogression Einhalt gestoppt werden. Solche Steuern wurde aber ab den 1970er Jahren drastisch reduziert und reetablierte sich nur langsam mit der Finanzkrise 2008. Auch für die Europäische Union stellen diese Steuerpraktiken bzw. Besteuerungsregelungen ein schwerwiegendes Problem dar, da sie aggressiver Steuerplanung Vorschub leisten. Trotz der umstrittenen Methode Oxfams weist die Studie auf eine wesentliche Entwicklung seit den 1980er Jahren hin, derer sich auch eine Studie für Österreich mit ähnlichem Ergebnis annimmt.
Vermögenskonzentration in Österreich
Am 15. Januar 2019 veröffentliche die österreichische Nationalbank ihr drittes „Household Finance and Consumption Survey“ (HFCS).Seit 2010 bleibt das Ergebnis weitgehend gleich: das reichste 1 % besitzt weiterhin fast ein Viertel des gesamten Privatvermögens in Österreich. Die oberen 10 % besitzen zusammen mehr als die restlichen 90 % der österreichischen Bevölkerung. Jedoch dürfte auch diese Studie die Realität nicht komplett abbilden, da superreiche Haushalte sich häufig den Stichproben des HFCS entziehen bzw. eine hohe Tendenz zur Teilnahmeverweigerung aufweisen. Schätzungen zu Folge könnte dies bedeuten, dass die obersten 1 % eigentlich 40 % des Gesamtvermögens ihr Eigen nennen können.
Der Platz eines jeden von uns in der Vermögensverteilung bestimmt sich dabei vor allem durch das Erbe. Kommt man in den Genuss des Erbens, ein kleines Sparbuch oder Häuschen oder eben Unternehmensanteile, Ländereien und Immobilien, ist dies über Generationen hinweg prägend für den Platz auf der Vermögensleiter. Als Faustregel gilt: Je reicher ein Haushalt, desto höher seine Chance auf ein Erbe und desto höher fällt das Erbe aus. Obwohl das Lohneinkommen in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern der Eurozone wenig Einfluss auf die Vermögensbildung hat, wird dieses im Vergleich zu Vermögen enorm besteuert, während Erbschaften überhaupt nicht besteuert werden. Es ist also nicht verwunderlich, dass Österreich zusammen mit Deutschland eines der ungleichsten Länder des Euroraums ist. Die Auswirkungen auf die Gesellschaft sind verheerend: ungleiche Bildungschancen, soziale Segregation, auseinanderklaffende Machtverhältnisse und sogar eine unterschiedliche Lebenserwartung.
Ein Ausgleich zur Vermögensungleichheit kann der Sozialstaat sein. Für Menschen, die keine Erbschaft, hohes Einkommen oder Vermögen haben, ist der Sozialstaat quasi ein gemeinschaftlich verwaltetes Vermögen. Dieses Vermögen setzt sich u.a. aus öffentlichen Schulen und Spitälern, leistbaren öffentlichen Verkehrsmitteln, Pensionszahlungen, aber auch kostenlosen Kulturangeboten zusammen. Umso zynischer scheint es, wenn von Seiten der Wirtschaft behauptet wird, genau dieser Sozialstaat sei dafür verantwortlich, dass es Menschen gibt, die keine Vermögensbildung betreiben und nicht privat vorsorgen würden.
Weiterführende Informationen:
Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2018
Vermögensverteilung in Österreich: Neue Daten, beständige Ungleichheit