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Im September 2017 veröffentlichte die Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Fahrgastrechte, die seit 2007 in Kraft ist. Damit will sie das Schutzniveau der Fahrgäste innerhalb der Europäischen Mitgliedstaaten einheitlicher gestalten, Unsicherheiten beseitigen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität einen besseren Zugang zum Bahnfahren ermöglichen. Der erste Austausch mit ExpertInnen im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments am 20. Februar 2018 zeigte aber, dass ein sehr großer Unterschied zwischen den Vorstellungen der EisenbahnbetreiberInnen und der FahrgastvertreterInnen besteht.

 

Im Austausch zwischen Abgeordneten und ExpertInnen zur Neufassung der Eisenbahnfahrgastrechteverordnung im Verkehrsausschuss (TRAN) des Europäischen Parlaments zeigte sich, dass einer der zentralen Konfliktpunkte die Regelungen für Durchgangstickets sind, wenn also ein Fahrschein einen oder mehrere Umstiege und verschiedene Bahnunternehmen umfasst. Während mehrere FahrgastvertreterInnen betonten, dass diese verpflichtend von den Unternehmen angeboten werden müssten und es im Interesse der Eisenbahn liege, wenn Fahrgäste mit einem Ticket auch umsteigen und damit weitere Strecken zurücklegen können, wiesen UnternehmensvertreterInnen auf den freien Markt und die Konkurrenz der Unternehmen hin. Aus ihrer Sicht sollte es genügen, Durchgangsfahrkarten auf Grundlage von freiwilligen Vereinbarungen anzubieten, wie es bereits bisher möglich ist.

 

VertreterInnen von Fahrgastorganisationen kritisierten außerdem den Umstand, dass die bestehenden Regelungen zu Entschädigungszahlungen bei Verspätungen oder Ausfällen unverändert bleiben sollen. Mit 25 % des Fahrpreises ab einer Stunde und 50 % ab zwei Stunden sind die Entschädigungen sehr gering, weshalb viele Betroffene auf einen Antrag verzichten. Bessere Fahrgastrechte würden eine höhere KundInnenzufriedenheit und eine größere Motivation für Unternehmen bedeuten, Verspätungen zu vermeiden. Durch die weiterhin mögliche Ausnahme des Nah- und Regionalverkehrs ist zudem der Großteil der Fahrgäste von Entschädigungen ausgeschlossen, wenn nicht auf nationaler Ebene – wie beispielsweise in Österreich – zusätzliche Rechte verankert sind.

 

Von Unternehmensseite wurde mehrfach betont, dass es für die Eisenbahn vergleichbare Fahrgastrechte geben soll wie für andere Verkehrsarten, allen voran den Busverkehr. Der Vorschlag, dass Ereignisse von höherer Gewalt ausschließlich Naturkatastrophen und extreme Witterungslagen umfassen sollen, bei denen keine Entschädigungszahlungen zu leisten sind, sehen sie als zu eng gefasst. FahrgastvertreterInnen wiesen im Gegensatz dazu darauf hin, dass gerade im Flugverkehr Unternehmen Verspätungen häufig mit höherer Gewalt begründen und Entschädigungen verweigern, obwohl es sich gar nicht um höhere Gewalt handle.

 

Hinsichtlich der Barrierefreiheit kritisierte Nadia Hadad, Vertreterin des European Disability Forum, dass an vielen Bahnhöfen Barrierefreiheit weiterhin nicht gegeben ist und deshalb auch heute noch großer Handlungsbedarf besteht. Die BetreiberInnen der Infrastruktur wiesen im Gegensatz dazu auf die praktischen Umsetzungsschwierigkeiten hin. Außerdem sehen sie das Erstellen von verpflichtenden Notfallplänen an Bahnhöfen kritisch, wie es im Entwurf vorgesehen ist.

 

Der Berichterstatter zur Eisenbahnfahrgastrechteverordnung im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments, Boguslav Liberadzki (S&D), stellte klar, dass es zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Fahrgastrechten und zumutbaren Auflagen für Unternehmen kommen müsse, ohne übermäßige zusätzliche Kosten zu verursachen. Aus KonsumentInnensicht seien einheitliche Rechte innerhalb der Mitgliedstaaten aber von zentraler Bedeutung.

 

Mehrere Abgeordnete zeigten sich im Laufe der Debatte ernüchtert über die fehlende Bereitschaft von UnternehmensvertreterInnen, die Fahrgastrechte zu erhöhen. Auch von Seiten der Arbeiterkammer ist klar, dass es eines möglichst hohen Schutzniveaus für die Fahrgäste bedarf, weshalb mehrere Punkte im Rahmen des Verordnungsentwurfs kritisch zu bewerten sind. Das betrifft die Ausnahmemöglichkeiten bei Durchgangsfahrkarten sowie die Regelungen in Hinblick auf höhere Gewalt. Die Arbeiterkammer wird sich auch weiterhin intensiv einbringen, um die Rechte der Eisenbahnpassagiere auf Europäischer Ebene sicherzustellen.

 

Weiterführende Informationen:

AK Positionspapier: Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

AK EUROPA: Kommission legt Überarbeitung der Eisenbahn-Fahrgastrechte vor

Europäische Kommission: Kommission modernisiert EU-Vorschriften für Bahnreisende