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Vor zehn Jahren beschlossen die EU-Institutionen die Verordnung über Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr. Nun ist es nach Ansicht der Kommission an der Zeit, mit den von ihr vorgeschlagenen Änderungen „ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Stärkung der Rechte der Bahnreisenden auf der einen Seite und der Entlastung der Eisenbahnunternehmen auf der anderen“ zu schaffen. Dementsprechend besteht der Kommissionsentwurf, der Ende September 2017 veröffentlicht wurde, aus Fahrgastsicht sowohl aus einigen Verbesserungen als auch aus kritischen Punkten.

 

Die zentralen Rechte auf Entschädigung im Eisenbahnfernverkehr bleiben in der vorliegenden Änderung der bestehenden Eisenbahn-Fahrgastrechteverordnung unverändert: Weiterhin besteht Anspruch auf Rückerstattung von 25 % des Fahrpreises bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde; ab zwei Stunden sind es bereits 50 %. Allerdings wird nun die Einschränkung vorgeschlagen, dass bei Verspätungen aufgrund von höherer Gewalt Eisenbahnunternehmen nicht mehr verpflichtet sein sollen, Entschädigungszahlungen leisten zu müssen. Als Gründe höherer Gewalt werden dabei auch schlechte Witterungsereignisse oder große Naturkatastrophen definiert. Technische Gebrechen stellen jedoch keinen Ausnahmetatbestand dar.

 

2013 stellte der Europäische Gerichtshof in einem Urteil gegen die ÖBB klar, dass Eisenbahnunternehmen auch bei Verspätungen aufgrund von höherer Gewalt, Entschädigungen leisten müssen. Im Gegensatz dazu nehmen die Verordnungen zu Fahrgastrechten bei Flügen, Bus- sowie Schiffsfahrten Entschädigungszahlungen bei außergewöhnlichen Umständen ausdrücklich aus. Nach Ansicht der Kommission führt die vorgeschlagen Änderung zu einer Gleichbehandlung aller Verkehrsträger. Dennoch bedeutet dieser Ausnahmetatbestand eine Schlechterstellung der Zugreisenden im Vergleich zum Status quo. Für Fahrgäste ist es grundsätzlich auch unerheblich, wodurch die Verspätung zustande kommt. Außerdem wird sogar in der Verordnung selbst darauf hingewiesen, dass nur ein Bruchteil der von Eisenbahnunternehmen geleisteten Entschädigungszahlungen aufgrund von Ereignissen höherer Gewalt zustande kamen. Jedenfalls wäre es auch möglich, eine Gleichbehandlung aller Verkehrsträger hinsichtlich der jedenfalls zu gewährenden Fahrgastrechte zu erreichen, indem höhere Gewalt niemals einen Ausschlussgrund für Entschädigungen darstellt.

 

Demgegenüber stehen im Entwurf Maßnahmen, um Personen mit Handicap das Reisen zu erleichtern. So soll der Anspruch auf Beförderung auch auf persönliche BegleiterInnen von Personen mit Behinderungen, wie beispielsweise Assistenzhunde, ausgeweitet werden. Hilfeleistungen müssen zudem an Bahnhöfen, in welchen Eisenbahnverkehrsdienste angeboten werden, zu allen Zeiten erbracht werden. Die Unternehmen müssen regelmäßige Schulungen für das Personal, das Hilfestellungen für Personen mit Handicap leistet, durchführen.

 

Die Eisenbahnunternehmen sind auch aufgefordert, vermehrt Durchgangsfahrkarten anzubieten. Diese Regelung ist vor allem für grenzüberschreitende Regionalverkehre von Bedeutung, da sie gemäß Entwurf jedenfalls in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen sollen. Stadtverkehre und innerstaatliche Regionalverkehre können von den Mitgliedstaaten aber weiterhin von dieser Verordnung ausgenommen werden.

 

Schlussendlich werden im Verordnungsentwurf auch die Aufgaben der nationalen Beschwerdestellen, die von den Mitgliedstaaten einzurichten sind, präzisiert. So müssen diese Stellen in Zukunft dem Fahrgast, der eine Beschwerde einbringt, innerhalb von zwei Wochen den Eingang der Meldung bestätigen. Das Verfahren selbst darf maximal drei Monate dauern, wobei eine Ausdehnung auf sechs Monate in komplizierten Fällen möglich ist. In Österreich ist die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte als Beschwerdestelle für alle Verkehrsträger eingerichtet.

 

Weiterführende Informationen:

Europäische Kommission: Kommission modernisiert EU-Vorschriften für Bahnreisende

Verordnung (1371/2007) über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

Vorschlag für eine Neufassung der Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

AK EUROPA: EU will VerbraucherInnenrechte stärken

AK EUROPA: EU beschließt neue Pauschalreiserichtlinie zum Vorteil der KonsumentInnen