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ZurückDer "Made in America Tax Plan" der neuen US-Regierung hat große Bedeutung für die internationalen Steuerverhandlungen bei der OECD. Obwohl vor Mitte 2021 keine politischen Entscheidungen zu erwarten sind, könnte der US-Vorschlag den laufenden Verhandlungen einen deutlichen Schub geben. Ein Abkommen, das Gewinnverschiebung und Steuerwettbewerb eindämmt, könnte damit nicht nur wahrscheinlicher, sondern auch effektiver werden.
Der OECD-Steuerplan
Der Plan der OECD zur Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung ruht auf zwei Säulen: Säule 1 soll eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte für große multinationale Unternehmen mit digitalen oder verbraucherInnennahen Geschäftsfeldern zugunsten jener Länder bringen, wo die Unternehmen ihre Umsätze machen. Die Neuverteilung folgt einer langjährigen Diskussion über die steuerlichen Herausforderungen durch die Digitalisierung und soll einen Flickenteppich von nationalen Digitalsteuern und die damit verbundenen Handelskonflikte verhindern. Gewerkschaften und NGOs haben Säule 1 stets als zu komplex und wenig ambitioniert kritisiert.
Säule 2 führt einen Mindeststeuersatz für die globalen Gewinne der multinationalen Unternehmen mit Hauptsitz in den teilnehmenden Ländern ein. Während die technischen Details weitgehend geklärt sind, bleibt die Höhe des Mindeststeuersatzes eine offene politische Frage. Bislang ging die Diskussion in Richtung 12,5 %, was weit unter dem durchschnittlich üblichen Körperschaftsteuerniveau von 20-25% liegt.
Weil sich die USA und ihre Tech-Giganten durch Säule 1 bedroht fühlen und eine Opting-Out-Klausel für Unternehmen verlangten („Safe Harbour“), die aber von den anderen Staaten abgelehnt wurde, waren die politischen Verhandlungen zuletzt festgefahren. Die G20-Staaten beschlossen daraufhin, die politischen Entscheidungen auf Mitte 2021 zu vertagen.
Bidens "Made in America Tax Plan"
Das Hauptziel des "Made in America Tax Plan" ist es, mehr Steuern von US-Konzernen zu erheben, um den Aufschwung nach der Coronakrise zu finanzieren. Um diese Bemühungen gegen Umgehungsversuche durch Gewinnverschiebungen ins Ausland abzuschirmen, beinhaltet der Plan auch ambitionierte Vorschläge zur Beendigung von Steuervermeidung und Steuerwettbewerb auf globaler Ebene.
Das erste Element dieser Strategie ist die Stärkung der bestehenden US-Mindeststeuer auf das "Global Intangible Low-Taxed Income" (GILTI) von US-Multis, dem inländischen Äquivalent zu Säule 2. Bidens Hauptziel ist es hier, den GILTI-Steuersatz auf 21% zu verdoppeln, ihn pro Land zu berechnen (wie in der OECD-Säule 2) und den 10%igen Abzug für materielle Vermögenswerte zu streichen.
Das zweite Element der Strategie besteht darin, andere Länder zu ermutigen, ebenfalls robuste Mindeststeuern einzuführen. Dazu braucht es vor allem Verhandlungsfortschritte bei Säule 1, die dann auch eine Einigung auf die globale Mindeststeuer in Säule 2 ermöglichen. Zu diesem Zweck wollen die USA laut einer durchgesickerten Präsentation des US-Finanzministeriums die Säule 1 drastisch vereinfachen, indem sie die Zahl der erfassten Unternehmen auf die 100 größten und profitabelsten multinationalen Unternehmen reduzieren, unabhängig von ihrer Branche. Was sich wenig anhört, könnte viel sein, denn die USA wollen die Komplexität reduzieren, "ohne die für die Neuverteilung zur Verfügung stehende Gewinnmenge wesentlich zu verringern". Das bedeutet, dass der US-Vorschlag sehr wohl bedeuten könnte, dass eine ernstzunehmende Gesamtkonzernsteuer für die weltgrößten Konzerne in Reichweite ist. Klar ist aber auch, dass die Staaten mit einer Ratifizierung von Säule 1 auf ihre Digitalsteuern verzichten müssten. Eine politische Einigung wird daher stark davon abhängen, ob der US-Vorschlag ausreichend Steuereinnahmen generieren kann.
AK-Einschätzung: US-Vorschlag enormer Schritt in richtige Richtung
Obwohl es noch zu früh ist, um zu beurteilen, ob die US-Vorschläge einen endgültigen Durchbruch in den internationalen Steuerverhandlungen bedeuten, deutet das Echo mehrerer StakeholderInnen darauf hin, dass sie den laufenden Verhandlungen einen deutlichen Schub geben könnten. Darüber hinaus sind die Vorschläge auch aus politischer Sicht zu begrüßen, da sie vieles von dem beinhalten, was die AK schon seit Jahren fordert: Angefangen beim grundsätzlichen Punkt, dass eine Globalisierung ohne Steuertricks und Steuerwettbewerb nicht nur möglich, sondern auch wünschenswert ist. Zu den Steuerplänen der OECD hat die AK eine differenzierte Position, die der Säule 1 kritisch gegenübersteht und sich auf einen möglichst hohen Mindeststeuersatz in Säule 2 konzentriert. Der US-Vorschlag ist dahingehend ein enormer Schritt in diese Richtung. Die AK hat immer argumentiert, dass das Hauptziel für progressive StakeholderInnen darin bestehen muss, auf das bestmögliche Ergebnis bei den OECD-Steuerplänen zu drängen. Das gilt heute mehr denn je. Gleichzeitig ist klar, dass eine solche Einigung nicht das Ende der Bemühungen um gerechte Konzernsteuern sein kann, sondern nur der Anfang.
Weiterlesen:
Die Steuerpläne der OECD – ein großer Schritt in die richtige Richtung
AK EUROPA Policy Brief Digitalisation and Taxation (nur Englisch)
AK EUROPA Kampagne: Konzerne zur Kasse