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Am 21.12.2017 hatte die Kommission ihren Vorschlag für eine Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen vorgelegt. Diese Woche (19.6.2018) diskutierten die Abgeordneten im zuständigen Beschäftigungsausschuss über den nun vorliegenden EP-Berichtsentwurf zur Richtlinie. Dabei war zwar grundsätzliche Zustimmung aller Fraktionen zum Vorschlag erkennbar. Insbesondere bei der Frage, wer von den erweiterten Rechten der Richtlinie in Zukunft profitieren soll („ArbeitnehmerInnenbegriff“), liegen die Meinungen jedoch noch erheblich auseinander.

 

Der Richtlinienvorschlag über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen stellt eine Überarbeitung der bisherigen Nachweisrichtlinie vor. Er verfolgt insbesondere das Ziel Arbeitsbedingungen atypischer Beschäftigter stärker auf die EU-Agenda zu setzen und neue Formen der Arbeit zu erfassen. Zum einen sieht der Vorschlag einen – nun erweiterten – Katalog von Informationspflichten der ArbeitgeberInnen über die wesentlichen Aspekte des Beschäftigungsverhältnisses vor, welche spätestens zum Dienstantritt (bislang bis zu zwei Monate nach Arbeitsbeginn) vorliegen müssen. Zum anderen enthält der Richtlinienentwurf fünf Artikel, die die Einführung neuer Mindestrechte vorsehen.

 

Seit 29. Mai 2018 liegt nun auch der Bericht des EP-Berichterstatters Enrique Calvet Chambon (ALDE) zur Richtlinie vor. In seiner grundsätzlichen Ausrichtung folgt der Bericht dem Kommissionsvorschlag. Insbesondere der weite Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags wurde vom Berichterstatter kämpferisch verteidigt: : Neue Formen der Beschäftigung müssten aus seiner Sicht erfasst werden, andernfalls könne er dem Vorschlag nicht zustimmen. Hier gehe es darum, gleiche Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt, ein „Level Playing Field“, zu schaffen.

 

Auch die Kommission betonte im Austausch mit den Abgeordneten ihren Wunsch nach einem weiten und einheitlichen Anwendungsbereich der Richtlinie: Die enthaltene Definition entspreche der ständigen Rechtsprechung des EuGH. Auch gelte der vorgeschlagene ArbeitnehmerInnenbegriff nur für die konkrete Richtlinie und erfordere keine Änderungen national gültiger ArbeitnehmerInnenbegriffe. Bedenken hinsichtlich des ArbeitnehmerInnenbegriffs bestehen seitens einiger Mitgliedstaaten, insbesondere der skandinavischen Staaten und auch Deutschlands. In diesem Sinne äußerte auch der deutsche Abgeordnete Dennis Radtke (EVP) Einwände zum EP-Berichtsentwurf.

 

Abseits der Diskussion um den Anwendungsbereich war eine wichtige Forderung in den Wortmeldungen mehrerer Abgeordneter das Verbot von Nullstundenverträgen, für welches sich auch die Arbeiterkammer einsetzt. So trat auch der Schattenberichterstatter der S&D-Fraktion, Javi López, für eine Nachschärfung des EP-Berichts ein. Kritisch sah er am Berichtsentwurf zudem die mögliche Ausnahme von BeamtInnen vom Anwendungsbereich der Richtlinie.

 

Divergierende Meinungen bestehen auch darüber, zu welchem Zeitpunkt die Informationspflichten erfüllt sein müssen: Während der Kommissionsvorschlag zur Inkenntnissetzung der ArbeitnehmerInnen den Zeitpunkt des Arbeitsbeginnes, und der EP-Berichtsentwurf 3 Arbeitstage später (mit noch einer weiteren Woche Nachreichmöglichkeit) vorsieht, setzt sich die Arbeiterkammer für eine Erklärung mindestens eine Woche vor Dienstantritt ein. Große Unterschied gibt es auch beim Thema Probezeit: Aus Sicht der Arbeiterkammer müsste schon die im Kommissionsvorschlag vorgesehene Probezeit von 6 Monaten, auf lediglich 1 Monat beschränkt werden. Der EP-Bericht sieht sogar die Zulässigkeit einer 12-monatigen Probezeit vor, welche aufgrund längerer Krankheit sogar noch einmal verlängert werden könnte.

 

Einigkeit bestand unter den Abgeordneten und der Kommission darüber, die Richtlinie zügig weiter zu verhandeln und rasch zu einem Abschluss zu bringen. Auf Grund des nahenden Endes der Legislaturperiode ist der Zeitplan hierfür ambitioniert. Kommenden Dienstag (26.6.) endet die Frist für das Einbringen von Änderungsanträgen, am 18. Oktober soll im Beschäftigungsausschuss über die Richtlinie abgestimmt werden.

 

Aus Sicht der Arbeiterkammer gilt es auf der Basis des vorliegenden Kommissionsvorschlags und EP-Berichtsentwurfes jene Bestimmungen zu verteidigen, die die Rechte der ArbeitnehmerInnen verbessern würden. Anstatt insgesamt zu weitgehend zu sein – wie Unternehmenslobbys und neoliberale politische Kräfte argumentieren –, setzt sich die Arbeiterkammer dafür ein, dass die geplante Richtlinie hinsichtlich der Rechte der ArbeitnehmerInnen noch gestärkt wird. Sowohl bei der Ausweitung der Informationsrechte (insb. für entsandte ArbeitnehmerInnen), als auch bei den vorgeschlagenen Mindeststandards wären die vorgesehenen Schutzniveaus noch stark verbesserungswürdig.

 

Zum Weiterlesen:

Kommission: Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen

Bericht des EP-Berichterstatters Enrique Calvet Chambon

Video EMPL-Ausschuss 19. Juni 2018

AK-Positionspapier: Richtlinie transparente und faire Arbeitsbedingungen

AK EUROPA: Anhörung im EU-Parlament zu transparenten und verlässlichen Arbeitsbedingungen

AK EUROPA: Transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen: Aussprache mit Kommissarin Thyssen

A&W-Blog: Atypische und prekäre Arbeitsbedingungen auf der EU-Agenda

Eurofound: New Forms of Employment