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Die Diskussion über die Freihandelsabkommen CETA und TTIP hat die Frage der Verantwortung für die Daseinsvorsorge wieder in den Mittelpunkt gerückt. Mit ihren Liberalisierungsbestimmungen gehen die Entwürfe für CETA und TTIP weit über bisherige Freihandelsabkommen hinaus. Ein internationales Forschungsprojekt des zivilgesellschaftlichen Transnational Institut (TNI) hat nun gemeinsam mit der Arbeiterkammer, EPSU, PSIRU und weiteren Organisationen einen Blick auf entgegengesetzte Prozesse, nämlich die Rückführung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge von der privaten in die öffentliche Hand, untersucht.

 

Internationale Freihandelsabkommen haben vermehrt dazu geführt, dass öffentlich angebotene Leistungen im Bereich von Wasser, Energie, Infrastruktur oder etwa Transport von privaten Unternehmen übernommen wurden. Die negativen Erfahrungen mit der Privatisierung dieser Dienstleistungen haben viele Städte und Gemeinden dazu gebracht, Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge wieder zurück in die öffentliche Hand zu überführen, sie also zu rekommunalisieren, da Erwartungen an die Leistungserbringung seitens der Privaten, wie von der AK befürchtet, oftmals nicht eingelöst wurden.

 

Diese Städte und Gemeinden setzten in den vergangenen Jahren eine „Rekommunalisierungswelle“ in verschiedensten Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge in Gang, wie beispielsweise in der Wasser- und Energieversorgung, der Abfallwirtschaft, im Öffentlichen Verkehr oder bei Sozialen Dienstleistungen. Das Transnational Institute in Amsterdam (TNI) hat bereits im Jahr 2015 eine internationale Studie zu Rekommunalisierungen im Wassersektor veröffentlicht. Dabei wurden im Zeitraum von 2000 bis 2015 insgesamt 235 Rekommunalisierungen im Wassersektor in 37 Ländern dokumentiert. Aufbauend darauf wurde ein Forschungsprojekt initiiert, um die Entwicklung von Rekommunalisierungen öffentlicher Dienstleistungen in allen Sektoren der letzten 17 Jahre zu beleuchten. Diese Forschungsergebnisse werden in einem Buch veröffentlicht, das ab 23. Juni 2017, 12:00 Uhr, online verfügbar ist: „Reclaiming Public Services: How cities and citizens are turning back privatisation“.

 

Weltweit wurden im Rahmen des Projekts 835 Fallbeispiele in mehr als 1.600 Städten und 45 Ländern gesammelt, davon über 300 im deutschsprachigen Raum. Im Energie- (311 Fälle) und Wassersektor (267 Fälle) konnten die meisten Beispiele für Rekommunalisierung gefunden werden. Der Großteil der Rekommunalisierungen im Energiesektor fand in Deutschland statt. Die Wasserversorgung wurde in Frankreich am häufigsten rekommunalisiert und damit genau in jenem Land, das die längste Geschichte bei der Privatisierung von Wasser hat und Heimat führender multinationaler Wasserkonzerne – Suez und Veolia – ist. In Spanien, Großbritannien und anderen Ländern wurden diverse lokale Dienste wie Schwimmbäder, Schulcatering, öffentliche Raumpflege, Wohnraum, Reinigungs- und Sicherheitsdienste zurück in die Gemeindeverwaltung geführt. In den Bereichen Gesundheit und Soziales kommen mehr als die Hälfte der Fälle aus Norwegen und anderen skandinavischen Ländern.

 

Aus Sicht der AK bestätigt sich durch diese weltweit und in allen Bereichen stattfindende Rekommunalisierung, dass es sich bei der Liberalisierung und Privatisierung grundlegender öffentlicher Leistungen um keine nachhaltige und für die öffentliche Hand lohnende Option handelt. Die öffentliche Daseinsvorsorge aller darf nicht der Profitgier einzelner Unternehmen zum Opfer fallen, welche Leistungen nur dort anbietet, wo Gewinne erzielbar sind. Umso mehr gilt es deswegen zu verhindern, dass internationale Freihandelsabkommen auch im Bereich kommunaler Leistungen Anwendung finden.

 

Weiterführende Informationen:

Studie: Reclaiming Public Services: How cities and citizens are turning back privatisation

AK EUROPA: Positionspapier: Vorschlag für eine Richtlinie zur Konzessionsvergabe

AK EUROPA: Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen: Die Salami-Taktik der EU-Kommission

AK EUROPA: Verschärfte Vermarktung der öffentlichen Dienstleistungen