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ZurückSteigende Wohnungspreise, prekäre Beschäftigungsbedingungen und die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise führten zu einem stetigen Anstieg der Obdachlosigkeit in der EU. Als Reaktion darauf hat die EU die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit ins Leben gerufen. Damit soll das EU-Ziel, dass bis 2030 in der EU niemand mehr auf der Straße leben muss, erreicht werden.
Es gibt viele Gründe, warum Menschen ihre Unterkunft verlieren, soziale Ausgrenzung, niedriges Einkommen, Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung aber auch persönliche Gründe sind Treiber dafür. Das Problem der Wohnungslosigkeit ist in unserer Gesellschaft nicht immer sichtbar, einerseits werden Menschen ohne fixe Meldeadresse mehr und mehr aus dem Stadtbild vertrieben, und andererseits besteht Obdachlosigkeit oftmals im Verdeckten. So übernachten Betroffene in Hilfseinrichtungen, oder sie kommen bei Freund:innen unter. Zwar gibt es keine offiziellen Zahlen, aber Schätzungen zufolge sind 700 000 – 800 000 Menschen in der EU von Wohnungslosigkeit betroffen. Das sind 70 % mehr als noch vor 10 Jahren. In Österreich sind über 22 000 Menschen offiziell ohne eigene Meldeadresse. Die Dunkelziffer ist weitaus höher.
Die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit
Die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit und die Unterbringung wohnungsloser Menschen ist auch im Aktionsplan zur Europäischen Säule sozialer Rechte verankert. Dessen 19. Grundsatz beinhaltet den Bereich "Wohnraum und Hilfe für Wohnungslose". Dieser befasst sich mit dem Zugang zu Sozialwohnungen, angemessener Hilfe und Schutz gegen Zwangsräumungen sowie mit angemessenen Unterkünften und Dienstleistungen für Menschen ohne Unterkunft mit dem Ziel, ihre soziale Inklusion zu fördern. Unter portugiesischer Ratspräsidentschaft haben sich außerdem alle 27 EU-Mitgliedstaaten bei einer Konferenz in Lissabon dazu verpflichtet, konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit einzuführen. So soll bis 2030 in der EU niemand mehr auf der Straße leben müssen. Dafür wurde auch die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit ins Leben gerufen.
Langfristige Lösungen und Prävention im Fokus
Ziel der Plattform ist die Prävention von Wohnungslosigkeit und die Entwicklung und Umsetzung integrierter Ansätze. Hierbei soll es keinesfalls nur um die Bereitstellung von Notunterkünften gehen, sondern vor allem um die Erstellung langfristiger Lösungen. So dient die Plattform der besseren Zusammenarbeit von Vertreter:innen der EU-Institutionen, nationalen Minister:innen, Sozialpartner:innen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Städteverteter:innen. Hierbei steht der Austausch über Ansätze und Praktiken, sogenannte "Best Practices", und die gegenseitige Unterstützung zwischen den Akteur:innen im Zentrum. Ein weiterer Schwerpunkt der Plattform liegt in der Datenerhebung. Diese gilt als essentiell, um die Dimensionen der Wohnungslosigkeit besser zu verstehen und effektive Lösungen zu finden. Finanziert werden soll die Initiative durch nationale Haushalte sowie anhand verschiedener EU-Fonds wie dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) sowie dem InvestEU.
EU-Parlament als Vorreiter
Auch das EU-Parlament sieht in der steigenden Zahl an Menschen ohne Unterkunft in der EU ein drängendes Problem, das schnellstens gelöst werden muss. Mit der Entschließung des Parlaments zu angemessenem und erschwinglichem Wohnraum für alle wurde das Thema erstmals auf die europäische Agenda gesetzt. In der Aussprache mit dem Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration, Nicolas Schmit, am 13. Jänner 2022 machten sich Abgeordnete der S&D-, EVP- und RENEW-Fraktion für einen Housing First Ansatz stark. Das Recht auf Wohnen sei nicht nur eine Frage von Grundrechten, sondern gelte auch als zentrales Element für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt. Kommissar Schmit unterstrich die Wichtigkeit von effektiver Wohnungspolitik in Europa. Der Markt alleine löse die Probleme im Bereich Wohnen nicht, es brauche öffentliche Investitionen und mehr sozialen Wohnbau. Hierbei könne die EU-Kommission zwar unterstützen, jedoch sei Wohnen vor allem eine Frage nationaler und lokaler Politik.
Weiterführende Informationen
AK EUROPA Factsheet: Zeit für ein soziales Europa
EU-Kommission: Start der Europäischen Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit
EU-Parlament: EU soll Obdachlosigkeit bis 2030 beseitigen