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ZurückAm Dienstag stellte sich auch die Malteserin Helena Dalli, zuvor Ministerin für Europäische Angelegenheiten und Gleichberechtigung in Malta, den Fragen der Abgeordneten des Beschäftigungsausschusses (EMPL). Da sie mit dem Thema Gleichberechtigung betraut werden soll, war der Ausschuss für Frauenrechte und Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) unter dem Vorsitz der Sozialdemokratin Evelyn Regner ebenfalls mit von der Partie, sowie Abgeordnete des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE). Helena Dalli soll Kommissarin für Gleichberechtigung werden – es ist das erste Mal in der Geschichte der EU, dass dieser Kommissionsposten eingerichtet wird.
Bereits in ihrem Eröffnungsstatement verdeutlichte Dalli, dass ihr das Gleichberechtigungs-Portfolio am Herzen liegt. Sie wies darauf hin, dass Diskriminierungserfahrungen nicht nur den betroffenen Personen schaden, sondern ganze Gesellschaften zerstören. Als erklärte Feministin versprach Dalli, sich als Kommissarin umfassend dem Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter zu widmen. Dies soll durch eine neue Gleichstellungsstrategie gelingen, die erstens gender mainstreaming, also Gleichstellungspolitik als Querschnittsmaterie, konsequenter in der Arbeit der EU-Institutionen verankern soll, zweitens Stereotype und festgesetzte Rollen aufbrechen soll und drittens ökonomische Aspekte der Ungleichheit wie den gender pay gap und der resultierende gender pension gap beseitigen soll. Unterstützt von einer neu eingerichteten Task Force für Gleichberechtigung kündigte Dalli an, bereits nach 100 Tagen im Amt einen Vorschlag für Entgelttransparenz vorzulegen, auf dessen Basis Lohnungleichheit erfasst und somit bekämpft werden soll.
Antidiskriminierung intersektional denken und umsetzen
Erfreulicherweise bewies Dalli große Expertise über mehrdimensionale und sich überschneidende Formen von Diskriminierung und kündigte an, dies stets in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. So nannte sie das Beispiel von muslimischen Personen, die im Zugang zum Wohnungsmarkt diskriminiert seien, Menschen mit Behinderung, die auf dem Arbeitsmarkt immer noch kaum Chancen haben oder Roma, die in allen Lebensbereichen außerordentliche Diskriminierungserfahrungen machen. Eine von der AK in Auftrag gegebene aktuelle Studie bestätigt diese Befunde für Österreich. Zum großen Unmut von konservativen und rechtspopulistischen Abgeordneten verwies Dalli explizit auf ihr Engagement für die Rechte von Trans-Personen und intergeschlechtlichen Personen, was ihr wiederum von Seiten vieler progressiver Abgeordneten viel Applaus bescherte.
Hindernisse im Rat überwinden
Besonders erwähnenswert sind weiterhin Dallis Pläne, die seit über zehn Jahren anhaltende Blockade der Antidiskriminierungsrichtlinie im Rat zu lösen, ebenso wie die seit 2012 blockierte Richtlinie zur Gewährleistung einer ausgewogeneren Vertretung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten endlich zu verabschieden. Auch der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt, festgeschrieben in der Istanbul-Konvention, und der reproduktiven Rechte von Frauen räumte Dalli auf Nachfrage von mehreren Abgeordneten große Priorität ein. Die Implementierung der Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fällt in Zusammenarbeit mit dem designierten Kommissar Schmit ebenso in ihr Aufgabenfeld.
Fazit: Große Unterstützung für Dalli
Sowohl in ihrem Heimatland Malta als auch auf europäischer Ebene hat sich Helena Dalli bereits einen Namen als langjährige Verfechterin für inklusive Gleichstellungspolitik gemacht. Überdies führte sie bereits vor ihrer Anhörung Gespräche mit Nichtregierungsorganisationen, die sich u.a. für die Rechte von Menschen mit Behinderung oder LSBTI-Personen einsetzen. Dalli ist eine vielversprechende Besetzung für das Amt der Kommissarin für Gleichberechtigung - viele Abgeordnete haben ihre Unterstützung bereits im Rahmen der Anhörung kundgetan. Allerdings sind Dallis Pläne durchaus ambitioniert. Widerstände zum Thema Antidiskriminierung sind seitens der Mitgliedsstaaten erfahrungsgemäß zahlreich und waren in der Vergangenheit schwer zu überwinden.
Das Thema Diskriminierungserfahrungen und geeignete Instrumente im Kampf für Gleichberechtigung wird im Rahmen einer von AK EUROPA organisierten Veranstaltung in Brüssel am 16.10.2019 gemeinsam mit eingeladenen Gästen, u.a. mit MdEP Evelyn Regner, diskutiert.
Weiterführende Informationen:
Studie: Diskriminierungserfahrungen in Österreich (Langfassung)
Veranstaltung "Mapping discrimination in Austria and beyond: Responses at EU and national level"