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ZurückKrebs ist die bei weitem häufigste Ursache für arbeitsbedingte Todesfälle: Gemäß Europäischer Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) wird mehr als jeder zweite (52%) arbeitsbedingte Todesfall in der EU durch arbeitsbedingten Krebs verursacht. Dieses Phänomen wird insgesamt in der öffentlichen Diskussion noch bei weitem zu wenig beachtet. Insbesondere die Betroffenheit von Frauen durch arbeitsbedingte Krebserkrankungen ist bislang unterbeleuchtet. Um auf erheblichen Handlungsbedarf hinzuweisen, widmete das Europäische Gewerkschaftsinstitut (EGI) diesem wichtigen Thema im Dezember eine zweitägige Konferenz.
Asbest-Arbeiterin und Krankenschwester
Berührend und bedrückend waren jene Beispiele, die im Rahmen der Konferenz von betroffenen Arbeitnehmerinnen vorgetragen wurden: Josette Roudaire, ehemalige Arbeiterin bei Amisol, einer Asbest-Fabrik in Frankreich, berichtete vom in den 1970er Jahren noch weithin fehlenden Problembewusstsein, ihrer Arbeit mit Asbest ohne jegliche Schutzkleidung oder Atemschutz, unfassbar hohen Zahlen an Krebserkrankungen und Todesfällen im Rahmen der Belegschaft und dem Kampf der ArbeiterInnen um Entschädigung nach Schließung der Fabrik.
Ein gegenwärtigeres Beispiel wurde von Georgina Angusto, einer ehemaligen Krankenschwester, vorgetragen: Aufgrund ihrer Arbeit an der Urologie-Station verabreichte sie antineoplastische Medikamente an krebskranke PatientInnen. In der Folge erkrankte sie selbst, so wie auch andere KollegInnen an Blasenkrebs. Zwar erhielten die PatientInnen genaue Anweisungen für ihr Verhalten nach der Behandlung, für das täglich mit diesen Substanzen arbeitende Krankenhauspersonal gab es seitens des Arbeitgebers keine ausreichenden Schutzvorrichtungen.
Betroffenheit von Frauen
Elke Schneider, EU-OSHA, kam zu dem Schluss, dass lange Zeit die falsche Annahme herrschte, arbeitsbedingte Krebserkrankungen beträfen vorrangig Männer (Industriesektoren). Dies führte dazu, dass etwa in Forschungungprogrammen weniger Frauen berücksichtigt wurden. Hier gilt es in Zukunft darauf zu achten, dass Auswirkungen auf Frauen gleichermaßen in Studien untersucht werden. Auch ArbeitnehmerInnen in Teilzeit müssten in der Forschung erfasst werden. Ein Schwerpunkt müsse auch auf jene Branchen gesetzt werden, in welchen vorrangig Frauen arbeiten.
Neben dem Gesundheitssektor, ist etwa der Reinigungsbereich eine Branche, in welcher vorrangig Frauen tätig sind. Die physischen Arbeitsbedingungen, biologische Gefahren, Chemikalien und psychosozialen Risikofaktoren stellen hier Gefahren für die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen dar. Bei Reinigungskräften haben die Forschungsarbeiten, welche Laura Van den Borrew präsentierte, neben anderen Krankheiten signifikant auch mehr Todesfälle auf Grund von Lungenkrebs festgestellt. Van den Borrew wies jedoch auch hier auf die stark verbesserungsbedürftige Datenlage hin.
Auch das Auftreten unterschiedlicher Krebserkrankungen bei Frauen und Männer gilt es zu beachten. Monique Rabussier, Fédération générale des transports-environnement, thematisierte das Thema Brustkrebs und Diskriminierung in der Arbeitswelt. Ein zu beachtender Aspekt ist auch, dass diese Erkrankung – etwa im Vergleich zu Prostatakrebs bei Männern – in durchschnittlich weit jüngerem Alter und daher deutlich öfter zu Erwerbszeiten auftritt.
Regulierungsansätze
Neben den laufenden Regulierungsbestrebungen auf EU-Ebene, mit welchen für krebserregende Arbeitsstoffe verbindliche Grenzwerte festgelegt werden, wurden auch nationale Best-Practice Beispiele für Regulierung diskutiert. Als Vorbild präsentierte Ian Lindsley, European Biosafety Network, ein regionales Gesetz aus Madrid zum Schutz der ArbeitnehmerInnen im Gesundheitssektor, welches insbesondere auch zytotoxische Substanzen, welche in der Behandlung von Krebspatienten verwendet werden, umfasst.
Weiterführenden Informationen:
Unterlagen und Video EGI-Konferenz “Women, Work and Cancer”
EGI-Buch “Cancer and work: understanding occupational cancers and taking action to eliminate them”
AK EUROPA: Fortschritte bei der Verhinderung arbeitsbedingter Krebserkrankungen
A&W Blog: Verhinderung von arbeitsbedingten Krebserkrankungen hat für die Regierung keine Relevanz
AK Positionspapier zur Änderung der Karzinogenerichtlinie (3. Tranche)