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ZurückBis vor zwei Jahren legte die EU-Richtlinie für Karzinogene und Mutagene nur für drei krebserzeugende Arbeitsstoffe verbindliche Grenzwerte fest. In bislang drei Tranchen hat die Europäische Kommission nun Änderungsvorschläge für die Richtlinie vorgelegt: Nachdem die 1. Tranche bereits abgeschlossen und dadurch 13 Grenzwerte für krebserregende Arbeitsstoffe festgelegt wurden, gibt es nun auch bei der 2. Tranche einen Durchbruch: In den Trilog-Verhandlungen am 11. Oktober 2018 einigten sich Rat und EU-Parlament beim lange umstrittenen Thema Dieselmotoremissionen. Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen ist bei diesem Thema ein guter Kompromiss zustande gekommen. Darüber hinaus besteht aber noch weitreichender Handlungsbedarf.
Dramatische Zahlen – Deutlicher Handlungsbedarf
Seit Jahren weist die Arbeiterkammer auf die dramatischen Zahlen von Krebserkrankungen und Todesfällen aufgrund von Karzinogenen, also krebserregenden Stoffen im Arbeitsumfeld, hin: Eine Studie des Europäischen Gewerkschaftsinstitutes (EGI) ermittelte nach Hochrechnungen mehr als 100.000 Todesfälle in der EU jährlich aufgrund von Krebserkrankungen, die von karzinogenen Stoffen ausgelöst wurden. In Österreich sind es geschätzt jährlich 1.800 Todesfälle. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) schätzt, dass jeder zweite (52%) arbeitsbedingte Todesfall in der EU durch arbeitsbedingte Krebserkrankungen verursacht wird. Im Vergleich entfallen 24 % auf Kreislauferkrankungen, lediglich 2 % auf Verletzungen/Arbeitsunfälle und 22 % auf andere Krankheiten.
Abschluss der Trilogverhandlungen zur 2. Tranche
Mit der 2. Tranche zur Änderung der Karzinogene-Richtlinie sollen nun Grenzwerte für acht weitere neue Substanzen ergänzt werden. Insbesondere die Aufnahme der Grenzwerte für Dieselmotoremissionen ist für die betroffenen ArbeitnehmerInnen im Bergbau, der Eisenbahnbranche, im Güterverkehr oder in Lagerhallen höchst relevant, war aber unter den EntscheidungsträgerInnen sehr umstritten. Bereits in der Abstimmung am 27. März 2018 war der Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments mit klarer Mehrheit dem Aufruf der ArbeitnehmerInnenvertretungen gefolgt und ist für den in Deutschland seit 2017 gültigen Grenzwert für Kohlenstoff von 0,05 mg/m3 eingetreten. Im April 2018 starteten die Triologverhandlungen, in welchen der Parlamentsbeschluss lange Zeit für die Mitgliedstaaten nicht annehmbar schien. Bislang – so der Vorbehalt vieler Staaten – haben nur Deutschland und Österreich einen Grenzwert für Dieselmotoremissionen im nationalen Recht verankert. In den Trilog-Verhandlungen konnte nun doch ein Ergebnis im Sinne der ArbeitnehmerInnen erzielt werden: beim Grenzwert für Kohlenstoff einigte man sich auf das Abstimmungsergebnis des EU-Parlaments. Der österreichische Grenzwert ist bislang doppelt so hoch wie der künftige EU-Grenzwert und liegt bei 0,1 mg/m³. Auch in Österreich besteht somit Nachbesserungsbedarf.
Verhandlungsstand 3. Tranche und Ausblick
Derzeit ebenfalls im EU-Parlament und in den Ratsarbeitsgruppen verhandelt wird die 3. Tranche, mit welcher die Kommission neue Grenzwerte für fünf weitere Karzinogene (Cadmium, Beryllium, Arsensäure, Formaldehyd sowie MOCA) vorschlägt. Im EU-Parlament wird derzeit an den Kompromissänderungsanträgen gearbeitet, die Abstimmung im Beschäftigungsausschuss soll am 30. November 2018 stattfinden. Bei einer Anhörung im EU-Parlament am 9. Oktober 2018 zeichnete sich bezüglich der von der Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte zumindest teilweise Einigkeit ab. Zusätzlich forderten die Abgeordneten fraktionsübergreifend auch, zytotoxische Arzneimittel, also zellabtötende Arzneimittel, in die Richtlinie aufzunehmen – auch dies eine positive Entwicklung.
Aus Sicht ist der AK ist das Fortschreiten der Arbeiten zur Verhinderung arbeitsbedingter Krebserkrankungen zu begrüßen, müsste jedoch beschleunigt werden. Wie auch von Sozialkommissarin Thyssen angestrebt, fordert auch die AK, rasch verbindliche Grenzwerte am Arbeitsplatz für mindestens 50 Karzinogene einzuführen. Bislang wurden aber nur knapp mehr als die Hälfte davon auch tatsächlich auf EU-Ebene beschlossen bzw. werden derzeit verhandelt. Weiters tritt die Arbeiterkammer für die Einführung eines modernen, risikobasierten Grenzwertregimes ein. Ein solches System soll dafür sorgen, dass das Risiko, an Krebs zu erkranken, bei allen Arbeitsstoffen gleich niedrig ist.
Weiterführenden Informationen:
AK Positionspapier zur Änderung der Karzinogenerichtlinie (2. Tranche)
AK Positionspapier zur Änderung der Karzinogenerichtlinie (3. Tranche)
A&W Blog: Verhinderung von arbeitsbedingten Krebserkrankungen hat für die Regierung keine Relevanz
Wirtschaft&Umwelt: Krebserzeugende Arbeitsstoffe: Besserer Schutz
ETUI: Carcinogens that should be subject to binding limits on workers' exposure (2016)