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ZurückAm 12. März 2020 lieferte die Europäische Kommission einen weiteren Baustein, wie sie Europa bis 2050 energieneutral gestalten will: Durch den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft soll die europäische Wirtschaft ressourcenschonender werden. Das betrifft nicht nur verbessertes Recycling und die Wiederverwendung von Rohstoffen, sondern auch das Erleichtern von Reparaturen und bessere Informationen für KonsumentInnen.
2017 fielen in der EU pro EinwohnerIn 173 kg an Verpackungsabfällen an. Sollte sich an den Produktions- und Verbrauchsmustern nichts ändern, ist bis 2050 mit einer Zunahme des jährlichen Abfallaufkommens um 70 % zu rechnen. Dass unsere Wegwerfgesellschaft auf einer übermäßigen Verschwendung von Ressourcen basiert, liegt nicht nur in Anbetracht dieser Zahlen auf der Hand. Deshalb will die Kommission mit Hilfe des präsentierten Aktionsplans die Kreislaufwirtschaft stärken, bei der das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung entkoppelt wird – ein Ziel, das bereits auch für die Energiepolitik gesetzt wurde, bislang allerdings noch nicht beim Verkehr.
Ein zentraler Bestandteil des Aktionsplans ist eine weitreichendere Regelung von Wertschöpfungsketten von zentralen Produkten. Eine zentrale Produktgruppe sind dabei Elektronikgeräte wie Mobiltelefone, Tablets und Laptops. Die Menge an Abfällen dieser Produkte nimmt nicht nur überdurchschnittlich zu, und es werden auch weniger als 40 % der Elektronikabfälle recycelt. Deshalb will die Kommission das „Recht auf Reparatur“ in diesem Sektor ausbauen, was auch ein Recht auf Aktualisierung veralteter Software umfassen soll. Immerhin haben Befragungen ergeben, dass zwei Drittel der EuropäerInnen die digitalen Geräte länger nutzen würden, wenn es die Hard- und Software erlaubte. Die Ladegeräte für Mobiltelefone sollen vereinheitlicht werden und das Rücknahmesystem verbessert werden. Außerdem sollen Maßnahmen gegen vorzeitige Obsoleszenz (begrenzte Haltbarkeit/Funktionsfähigkeit von Produkten) ergriffen und ein Verbot der Vernichtung unverkaufter, nicht verderblicher Waren folgen.
Ein weiterer Fokus liegt bei Textilien: Nach der Lebensmittelproduktion, dem Wohnungsbau und dem Verkehr steht die Textilindustrie hinsichtlich des Verbrauchs von Primärrohstoffen und Wasser an vierter Stelle. Allerdings werden lediglich 1 % der Textilien recycelt. Hinzu kommt, dass Bekleidung zu 60 % außerhalb der EU und oftmals unter katastrophalen Bedingungen produziert wird. Deshalb will die Kommission 2021 eine EU-Strategie für Textilien vorschlagen, um das Recycling von Textilien zu erleichtern. Ab 2025 soll es zu einer Getrenntsammlung von Textilien kommen. Dabei wird von der Kommission auch das Konzept „Produkt als Dienstleistung“ ins Spiel gebracht, bei dem der/die HerstellerIn auch EigentümerIn des Produkts bleibt oder die Verantwortung für dessen Leistung während des gesamten Lebenszyklus übernimmt. Wie dieses Konzept konkret gestaltet sein soll, wird sich wohl aber erst im nächsten Jahr zeigen.
Auch das Thema Lebensmittelverschwendung greift die Kommission auf. Schätzungen zufolge werden ca 20 % der in Europa erzeugten Lebensmittel nicht konsumiert. Die noch vor dem Sommer 2020 angekündigte Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ soll dieses Problem angehen. Nicht erwähnt wird dabei allerdings ein etwaiges Verbot des Entsorgens nicht verkaufter Lebensmittel, die noch für den Verzehr geeignet wären.
Darüber hinaus kündigt die Kommission weitere Maßnahmen an, um den Anteil des Recyclings zu erhöhen und die Verwendung dieser Sekundärrohstoffe zu fördern. Außerdem will sie sicherstellen, dass Probleme rund um den Export von Abfällen in Drittländer gemindert und Umweltkriminalität bei illegalen Ausfuhren unterbunden werden. Dazu will sie auch das Instrument der Handelsabkommen und der Außenfinanzierungsinstrumente nutzen.
Bei all diesen Ansätzen ist es von zentraler Bedeutung, die soziale Dimension der Maßnahmen nicht zu vernachlässigen. Etwa vier Millionen Beschäftigte sind in der EU im Bereich der Kreislaufwirtschaft tätig, Tendenz steigend. Dementsprechend kann und muss die EU einen Beitrag leisten, qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Denn nur so kann es gelingen, den Grünen Deal bis 2050 auch wirklich umzusetzen und einen sozial gerechten Übergang zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kommission stellt Europäischen Grünen Deal vor