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ZurückDamit auch der Gebäudesektor seinen Beitrag zur Erreichung des Grünen Deals leistet, hat die Europäische Kommission die Mitteilung zur „EU-Renovierungswelle“ veröffentlicht. Die Arbeiterkammer hat diese Mitteilung einer detaillierten Prüfung unterzogen und kommt zum Schluss: Viele der geplanten Strategien sind zu begrüßen, doch eine sozial ausgewogene Umsetzung muss sichergestellt werden und der Kampf gegen Energiearmut im Vordergrund stehen.
Mit der Renovierungswelle setzt es sich die Europäische Kommission zum Ziel, dass 35 Mio Gebäudeeinheiten in der EU bis 2030 saniert werden. Damit soll nicht nur die Lebensqualität der Menschen erhöht werden, sondern auch ein wichtiger Beitrag geleistet werden, in der EU Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Die Renovierungswelle soll auch zur wirtschaftlichen Erholung im Zuge der Coronakrise beitragen. Der Fokus soll dabei auf öffentliche Gebäude wie Schulen und Kindergärten sowie sozialen Mietwohnungen liegen. Die Arbeiterkammer unterstützt diesen Ansatz, denn gerade für einkommensschwache Haushalte sind Renovierungen zentral, um ihre Energiekosten zu senken.
Der Fokus auf Gebäuden mit sozialen Mietwohnungen ist von besonderer Bedeutung für die AK, weil von Energiearmut gefährdete Menschen kaum über finanzielle Reserven verfügen, um die notwendigen Sanierungen zu finanzieren und diese nicht immer von den VermieterInnen zu tragen sind. Deshalb sieht die AK es auch als wenig erfolgsversprechend, diesem Personenkreis lediglich Zuschüsse, Subventionen oder Mikrokredite zu ermöglichen, da sie nicht in der Lage wären, einen Eigenmittelanteil zu erbringen. Vielmehr müssen die Sanierungskosten für diese Haushalte vollumfänglich übernommen werden.
Zur Umsetzung dieser Maßnahmen fordert die AK einen Klima- und Energiefonds auf nationaler Ebene. Dieser soll einerseits als Schnittstelle zur Vernetzung relevanter AkteurInnen sowie Finanzierungsmechanismus zur Umsetzung bzw. zum Anreizen von Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Haushalte dienen. Andererseits als Kompetenzzentrum zur Generierung spezifischen Wissens sowie zur Forschungsförderung im Bereich Energiearmut und soziale Dimension der Klimakrise zur Verfügung stehen.
Wenn es um die Schaffung von intelligenten Gebäuden geht, so vertritt die Arbeiterkammer eine skeptische Haltung. Anstatt so viel Technik wie möglich zu installieren, sollte lediglich so viel Technik wie auch tatsächlich notwendig eingesetzt werden. So stellen sich durch intelligente Technologien nicht nur Datenschutzfragen, sondern auch Abhängigkeiten von Messfirmen und Dreiecksbeziehungen bei Vertragskonstellationen zu Lasten der KonsumentInnen bzw MieterInnen. Daher ist es notwendig, die Rechte der MieterInnen zu stärken, anstatt sie zu schwächen mit dem vorgeschobenen Argument, dass das derzeitige Mietrecht Sanierungen erschweren würde.
Neben den wichtigen Fragen zur sozialen Gerechtigkeit ist die „Renovierungswelle“ auch als Chance zur Schaffung von Arbeitsplätzen beim Weg aus der Coronakrise zu sehen. Hierzu braucht es den Ausbau von Qualifizierungsmöglichkeiten und Weiterbildungsangeboten für die Beschäftigten und Arbeitssuchende, zumal bereits vor der Pandemie ein Fehlen von qualifiziertem Fachpersonal beispielsweise beim Tausch von fossilem Heizungssystemen festzustellen war.
Kritisch sind aus Sicht der Arbeiterkammer die Überlegungen der Kommission zu bewerten, den Gebäudesektor in den EU-Emissionszertifikatehandel (ETS) aufzunehmen: Die Verfügbarkeit von Raumwärme ist ein Grundbedürfnis, und sie sollte dementsprechend nicht dem Wirken der Marktkräfte ausgesetzt sein, wie es der ETS bedeuten würde. Die Aufnahme in den ETS würde deshalb die Gefahr bergen, soziale Notlagen zu verschärfen und die Gefahr der Energiearmut zu vergrößern. Aus Sicht der AK braucht es stattdessen ein Gesamtpaket aus öffentlichen Investitionen und klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA Positionspapier: Die EU-Renovierungswelle
AK EUROPA: Europäische Kommission startet Renovierungswelle
AK EUROPA: Energiearmut – Handeln auf europäischer Ebene notwendig