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ZurückEs hat in der ersten Plenumswoche nach der Sommerpause bereits Tradition: Die Rede des Kommissionspräsidenten zur Lage der Union vor dem Europäischen Parlament. Mit dieser Rede gab von 2010 bis 2013 Manuel Barroso und seit 2015 Jean-Claude Juncker einen Rückblick über die wichtigsten Entwicklungen der Vergangenheit und einen Ausblick auf die nächsten Monate. Am 12. September 2018 hielt der aktuelle Kommissionpräsident seine letzte Rede der Union, da er bereits bekanntgegeben hatte, nach den EU-Wahlen im Mai 2019 nicht mehr als Kommissionspräsident zur Verfügung zu stehen. Im Fokus stand diesmal vor allem die Außen- und Migrationspolitik, soziale Themen streifte er nur am Rande.
Jedes Jahr im September wird sie in Brüssel mit Spannung erwartet: Die Rede des Kommissionspräsidenten vor dem Europäischen Parlament zur Lage der Union. Und auch diesmal gab Jean-Claude Juncker ein klares Statement für ein starkes, vereintes Europa ab, das mit einer Stimme sprechen soll, was in der Vergangenheit aber immer weniger der Fall war: Europa soll deshalb die Tugend des Kompromisses neu entdecken.
Dass ein geeint auftretendes Europa handfeste Vorteile bringt, begründete er beispielsweise mit der Handelspolitik. Bei den Gesprächen mit dem US-Präsidenten Donald Trump konnte er Erfolge erzielen und beispielsweise US-amerikanische Schutzzölle abwenden, da er für die gesamte Union auftreten konnte.
Doch gerade bei der Außenpolitik sieht er das derzeitige Auftreten der Union kritisch und schlägt deshalb maßgebliche Veränderungen vor. Da in der Außenpolitik im Rat das Einstimmigkeitsprinzip gilt, verfügt jeder Mitgliedstaat über ein Vetorecht gegen jede Entscheidung. Dadurch wird der Handlungsspielraum der Union eingeschränkt und eine Paralleldiplomatie gefördert, so Juncker. Aus diesem Grund soll in Zukunft eine qualifizierte Mehrheit auch in der Außenpolitik ausreichend sein. Doch auch wenn es dazu keine Änderung der EU-Verträge benötigen würde, so stellt sich dennoch die Frage nach der Realisierbarkeit, da die Mitgliedstaaten gerade in Zeiten zunehmender EU-Skepsis wohl kaum für diesen Rückgang ihrer Gestaltungsmöglichkeiten zu gewinnen sein dürften.
Der zweite Schwerpunkt, dem Juncker in seiner Rede sehr viel Platz widmete, war das Thema Migration und das Verhältnis zu Afrika. Bemerkenswert ist hierbei das Paket zu einer neuen Afrikapolitik: Es schlägt eine neue afrikanisch-europäische Allianz vor mit Fördermaßnahmen, um 10 Millionen Arbeitsplätze in Afrika zu schaffen. 750.000 Menschen sollen durch Berufsförderungsmaßnahmen ihre Qualifikationen verbessern, und über 100.000 Studierende und WissenschaftlerInnen sollen durch Erasmus+ gefördert werden. Damit sollen natürlich auch Fluchtursachen in Afrika vermindert werden.
Viele weitere Themen wurden vom Präsidenten angesprochen, die von den Klimazielen über Digitalisierung bis zur Rechtsstaatlichkeit in den EU-Ländern und einem Plädoyer für die Pressefreiheit reichten. Auffallend waren dabei die klaren Worte für die Besteuerung von digitalen Unternehmen. Er stellte fest, dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler sich von der EU und damit auch von den Mitgliedstaaten erwarten, dass diese Digitalsteuer so rasch wie möglich verabschiedet werden muss. In jüngster Vergangenheit mehrten sich nämlich kritische Stimmen aus diversen Hauptstädten zum Kommissionsvorschlag vom Beginn des Jahres zu einer gemeinsamen Steuerbemessungsgrundlage für digitale Unternehmen.
Die soziale Dimension der EU sprach Juncker leider erst zum Ende seiner Rede und recht kurz an, dafür aber mit deutlichen Worten: ArbeitnehmerInneninteressen dürfen nicht ignoriert werden. Eine einseitige Politik setzt den Zusammenhalt der Gesellschaft aufs Spiel, weshalb die soziale Säule in Recht umgewandelt werden muss. Dieser Ansicht ist auch die Arbeiterkammer, denn nur mit einer starken sozialen Agenda können die Unterschiede innerhalb der Union verkleinert und die Akzeptanz der Union gesteigert werden.
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