Nachrichten

Zurück

Eines der zentralen Themen, die Brüssel in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen wird, ist der Haushalt der Europäischen Union. Zum mittlerweile sechsten Mal ist ein mehrjähriger Finanzrahmen (MFR) zwischen den Europäischen Institutionen zu verhandeln, mit dem die budgetären Leitlinien der EU für einen Zeitraum von sieben Jahren festgelegt werden. Der aktuelle mehrjährige Finanzrahmen läuft noch bis 2020, weshalb bis dahin ein neuer MFR beschlossen werden muss. Während die Kommission ihren Vorschlag für 29. Mai 2018 ankündigt, arbeitet der Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments bereits jetzt an zwei Initiativberichten, mit denen das Europäische Parlament seine Vorstellungen zum MFR im Vorhinein deponiert.

 

Am 24. Jänner 2018 diskutierten die Abgeordneten des Haushaltsausschusses (BUDG) des Europäischen Parlaments mit dem für Finanzen zuständigen Kommissar Günther Oettinger erstmals über den MFR ab 2021. Das Parlament formuliert dabei im Rahmen zweier Initiativberichte seine Vorstellungen an den EU-Haushalt der nächsten Jahre: Ein Bericht über den MFR im Allgemeinen und ein zweiter Bericht hinsichtlich der Reform der Eigenmittelsysteme. Dabei kam klar zum Ausdruck, dass sich das Europäische Parlament einen stabilen Haushalt wünscht, um einerseits die bestehenden Aufgaben weiter zu erfüllen, und andererseits die neuen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

 

Die BerichterstatterInnen des Europäischen Parlaments über den MFR im Allgemeinen, Jan Olbrycht und Isabelle Thomas, stellten klar, dass aus ihrer Sicht die bestehenden politischen Tätigkeitsbereiche aufrecht erhalten bleiben müssen. Dazu zählen in erster Linie die Ausgaben für die Kohäsionspolitik und die Landwirtschaft. Sie fordern hier keine Streichungen der Mittel, wenn von den automatischen Ausgabensenkungen durch den Brexit abgesehen wird. Darüber hinaus müssen aus ihrer Sicht im Budget zusätzliche Mittel für neue Herausforderungen vorgesehen werden, wie beispielsweise für die Terrorismusbekämpfung und die Migration. Insgesamt wünschen sie möglichst keine Zweckbindung der Mittel, um einen flexiblen Haushalt zu gewährleisten. Externe Fonds sollen wieder in das Budget integriert werden. Schlussendlich fordern sie ein Budget in Höhe von 1,3 % des europäischen Bruttonationalprodukts.

 

Die Abgeordneten Janusz Lewandowski und Gerard Deprez, Berichterstatter zur Reform der Eigenmittelsysteme, betonen, dass das Europäische Parlament der Erhöhung der Eigenmittel im Haushalt positiv gegenüberstehe. Hierzu appellieren sie an die Mitgliedstaaten, dass die EU mit einem Budget ausgestattet wird, damit sie jene Maßnahmen setzen kann, welche die Bevölkerung von der EU auch erwartet. Sie sehen deshalb Möglichkeiten für neue Eigenmittel im Bereich Digitales oder bei der Umweltbesteuerung. Ein Beispiel hierfür ist die Plastiksteuer, die die Kommission in der Vorwoche ins Spiel gebracht hat. Gleichzeitig appellieren sie, dass derartige neue Abgaben sinnvoll und zielgerecht gestaltet sein müssen, um Schlupflöcher und ein allfälliges Verlagern von Unternehmen in Drittstaaten zu vermeiden.

 

Der für den Haushalt zuständige Kommissar Günther Oettinger zeigte sich in vielen Punkten auf einer ähnlichen Linie wie die BerichterstatterInnen. Hinsichtlich der Einnahmenrückgänge von ca. 12 Mrd. Euro, die durch den Brexit entstehen, strebt er an, die Hälfte dieser Gelder einzusparen, und die andere Hälfte durch neue Mittel der 27 verbleibenden Mitgliedstaaten auszugleichen. Er sieht dabei die Notwendigkeit, grundsätzlich bei allen laufenden Programmen „maßvolle“ Kürzungen vorzunehmen, vor allem auch in der Kohäsions- und Landwirtschaftspolitik. Nur bei erfolgreichen Programmen mit „großartigem Mehrwert“ will er die Mittel in gleicher Höhe beibehalten bzw. aufstocken, wie beispielsweise das Programm Erasmus+ oder das Satellitenprogramm Galileo. Hinzu kommen die neuen Herausforderungen für Grenzschutz, Terrorismusbekämpfung, Migration, Verteidigung und Entwicklungshilfe, die sich im neuen MRF widerspiegeln müssen. Die Erhöhung des europäischen Haushalts auf 1,3 % des Bruttonationalprodukts sieht er als nicht realistisch. Er geht vielmehr davon aus, dass sich die Institutionen auf eine Zahl zwischen 1,1 % und 1,2 % einigen werden.

 

Die Diskussion um den MFR ab 2021 zeigt, dass es sich dabei nicht nur um den Haushalt an sich, sondern um die gesamte Ausrichtung der EU nach dem Brexit und die Frage, welche Aufgaben und Schwerpunkte von der EU übernommen werden sollen, handelt. Die Arbeiterkammer wird den weiteren Prozess genau verfolgen und die Interessen der ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen einbringen, damit es zu einem Mehrwert für alle Bevölkerungsgruppen kommt und nicht nur einzelne Gesellschaftsgruppen von den Maßnahmen und Programmen profitieren.

 

Weiterführende Informationen:

Europäisches Parlament: Entwurf eines Berichts über den MFR

Europäisches Parlament: Entwurf eines Berichts über die Reform des Eigenmittelsystems der EU

Europäische Kommission: Mehrjähriger Finanzrahmen