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Am 27. April 2022 präsentierte die EU-Kommission gesetzliche und politische Initiativen, welche Teil eines umfassenden Migrationskonzepts sind. Übergreifendes Ziel ist es, zum Nutzen der europäischen Wirtschaft die Zusammenarbeit mit Drittstaaten zu intensivieren.
In ihrer Mitteilung schlägt die EU-Kommission eine Neufassung der Richtlinien über die kombinierte Aufenthaltserlaubnis und den langfristigen Aufenthalt vor. Neben diesen beiden legislativen Vorschlägen ist der Ausbau der „Talente-Partnerschaften“ und vor allem die Schaffung eines „Talentpools“ Kernstück der in der Kommissionsmitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen. Ferner enthalten die Kommissionsvorschläge spezifische Maßnahmen zur Erleichterung der Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt, die vor Russlands Angriffskrieg in der Ukraine fliehen.
Richtlinie über die kombinierte Aufenthaltserlaubnis
Die EU-Kommission schlägt unter anderem die Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens zur Erteilung einer kombinierten Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis vor, um die oft langwierigen Einwanderungsverfahren zu straffen. Die Anträge sollen sowohl aus Drittstaaten als auch innerhalb der EU gestellt werden können, wobei es auch eine Verpflichtung für EU-Staaten geben soll, diese Anträge zu akzeptieren. Aufenthaltsberechtigte sollen das Recht bekommen, während der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsgenehmigung den/die Arbeitgeber:in zu wechseln. Mit der Neufassung möchte die EU-Kommission auch neue Sanktionsbestimmungen gegen Arbeitgeber:innen bei Verstößen gegen Arbeitsbedingungen, Vereinigungsfreiheit und den Zugang zu Sozialleistungen sowie neue Beschwerdemechanismen einführen.
Richtlinie über langfristig Aufenthaltsberechtigte
Mit der Neufassung der Richtlinie über den langfristigen Aufenthalt soll der Erwerb eines langfristigen Aufenthaltstitels erleichtert, die Zulassungsbedingungen vereinfacht sowie die Rechte der Aufenthaltsberechtigten und ihrer Familienangehörigen einschließlich des Rechts, sich in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu begeben und dort zu arbeiten, gestärkt werden. Dazu schlägt die EU-Kommission unter anderem vor, dass in Zukunft die erforderliche 5-jährige Aufenthaltsdauer in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten kumuliert werden kann. Aufenthaltszeiten unter vorübergehendem und nationalem Schutz sowie als Studierende sollen ebenfalls angerechnet werden können. Ferner sehen die Vorschläge ein verbessertes Recht auf Familiennachzug ohne Integrationsbedingungen mit vollem Zugang zur Arbeit für Familienangehörige vor.
Qualifikationen und Bedürfnissen des Arbeitsmarkts besser Abstimmen
Die EU-Kommission schlägt vor, die Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten und mit Partnerländern zu intensivieren, sowie Schritte zu deren Umsetzung. Auch ein EU-Fachkräftepool soll geschaffen werden, um die EU-weite Arbeitsuche für Drittstaatsangehörige attraktiver zu machen und Arbeitgeber:innen bei der Talentsuche zu unterstützen. Bis Mitte 2023 möchte die EU-Kommission eine Empfehlung zur Einrichtung des Talentpools, seiner Charta und der Vorlage eines Fahrplans für die schrittweise Entwicklung seiner Komponenten vorlegen. Im Rahmen dieses Fachkräftepools schlägt die EU-Kommission eine Pilotinitiative vor, die den Zugang zum Arbeitsmarkt für Neuankömmlinge aus der Ukraine erleichtern und bis zum Sommer 2022 in Kraft treten soll. Ohne Perspektive auf ein weiteres Aufenthaltsrecht für ukrainische Staatsbürger:innen bleibt eine solche Initiative aber unvollständig.
Position der AK
Nach Einschätzungen der AK handelt es sich bei den angekündigten Maßnahmen grundsätzlich um sinnvolle Vorschläge, wobei allerdings das Nebeneinander von nationalem und europäischem Migrationsrecht mit all seinen Schwierigkeiten bestehen bleibt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass im Vergleich zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem sehr wenig Energie in legale Migration gesteckt wird. Dabei ist Fluchtmigration quantitativ deutlich geringer als freiwillige Migration, wie beispielsweise Arbeits-, Familien,- Ausbildungsmigration. Eine realistische Migrationspolitik muss auch in globalen Ungleichheitsverhältnissen verortet werden. Aus Sicht der AK gilt es Asyl-, und Migrationspolitik als Moment globalen Gerechtigkeitsfrage zu begreifen und zu adressieren. Maßnahmen, um beispielsweise geflüchtete Personen, aber auch nachziehende Familienmitglieder besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren (zB ein Integrationsjahr), fehlen völlig. Zu kritisieren gilt es, dass es bei den angekündigten Maßnahmen zur Erleichterung der Integration von geflohenen ukrainischen Bürger:innen in den Arbeitsmarkt vor allem um deren „Vertriebenen-Status“ geht. Eine Überführung hin zu einem langfristigen Aufenthaltsstatus bleibt hingegen völlig offen.
Weitere Informationen:
AK EUROPA: Festung Europa: Kommission schlägt neuen Migrations- und Asylpakt vor
AK EUROPA: Das Recht, nicht gehen zu müssen – Europäische Politik und Fluchtursachen
AK Wien Studie: „Das Recht, nicht gehen zu müssen“ – Europäische Politik und Fluchtursachen