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ZurückHandelskommissar Valdis Dombrovskis will das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Fokus der EU-Handelspolitik rücken. Neben einer angekündigten Initiative auf WTO-Ebene soll auch ein neuer EU-Beschwerdemechanismus zu Verbesserungen führen. Der Blick auf vergangene Initiativen der Kommission dämpft allerdings die Erwartungen.
Bereits im Rahmen seines Hearings im EU-Parlament kündigte Kommissar Valdis Dombrovskis Anfang Oktober 2020 eine Handels- und Klimainitiative auf WTO-Ebene an, deren Fokus vor allem auf nachhaltigen Produkten liegen soll. Wie sich im Rahmen eines Dialogs mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft allerdings herauskristallisiert hat, plant die Kommission diesbezüglich vor allem, auf eine weitere Liberalisierung des Handels zu setzen – ein Ansatz, der von anwesenden VertreterInnen der Zivilgesellschaft unmittelbar kritisiert wurde.
Kommission präsentiert neuen Beschwerdemechanismus
Mit dem “Single Entry Point” stellte die EU-Kommission Mitte November 2020 außerdem einen neuen Beschwerdemechanismus vor, der es StakeholderInnen auch bei Verstößen gegen die Nachhaltigkeitskapitel – etwa im Bereich Arbeitsrecht oder Umwelt – ermöglicht, Beschwerden einzubringen. Partnerländer in Handelsabkommen können dabei ebenso adressiert werden wie Länder, die im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems der EU begünstigt werden. Es bleibt abzuwarten, wie konsequent die eingebrachten Beschwerden von Seiten der Kommission verfolgt werden. In der Vergangenheit stießen die Maßnahmen der Kommission zur besseren Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel auf teils massive Kritik, wie etwa das folgende Beispiel zeigt.
Der 15-Punkte-Aktionsplan
Ebenfalls in seinem Hearing hatte Dombrovskis angekündigt, die Überprüfung des „15-Punkte-Aktionsplans für eine verbesserte Anwendung und Durchsetzung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung in den Freihandelsabkommen der EU“ bereits 2021 – und damit zwei Jahre früher als ursprünglich vorgesehen – durchzuführen. Der Aktionsplan wurde Anfang 2018 unter der damaligen Handelskommissarin Cecilia Malmström veröffentlicht und war eine Reaktion auf die anhaltende Debatte um die (fehlende) Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel.
In einer Debatte mit einem Vertreter der Kommission, die am 1. Dezember 2020 im Handelsausschuss des EU-Parlaments stattfand, wurde der Aktionsplan teils scharf kritisiert. So verwies etwa der Abgeordnete Joachim Schuster (S&D) auf die Situation in Südkorea, wo die vereinbarte Umsetzung der ILO Konventionen seit in Kraft treten des Handelsabkommens im Jahr 2011 ausständig ist und GewerkschafterInnen auf Grund ihres Engagements verfolgt und eingesperrt werden. Schuster warf der Kommission vor, nur dann von der Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel zu sprechen, wenn sie auf die Zustimmung des EU-Parlaments zu einem Abkommen angewiesen sei.
AK fordert effektiven Durchsetzungsmechanismus
Die Arbeiterkammer kritisiert seit Langem die mangelnde Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel in den Handelsabkommen der EU sowie die fehlende Möglichkeit, bei Nichteinhaltung der vereinbarten Abmachungen Sanktionen zu verhängen. Die Kapitel müssen daher umgehend mit einem Durchsetzungsmechanismus ausgestattet werden, der bei Verstößen gegen international anerkannte Arbeits- und Umweltstandards Sanktionen ermöglicht. MenschenrechtsaktivistInnen und Zivilgesellschaft müssen in der Lage sein, solche Verstöße im Rahmen des allgemeinen Streitbeilegungsmechanismus zu adressieren. Darüber hinaus sollte die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens zu einem wesentlichen Bestandteil aller umfassenden Handelsabkommen gemacht werden. Das sieht im Übrigen auch das viel diskutierte französisch-niederländischer Vorschlag zu Handel, sozioökonomischen Effekten und einer nachhaltigen Entwicklung vor, das im Mai 2020 veröffentlicht wurde.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Neuausrichtung der EU-Handelspolitik
AK EUROPA: EU-Parlament bestätigt Personalrochade der Kommission