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ZurückAnlässlich des EU-weiten Gender Pay Days am 3. November 2017 berichtete AK EUROPA, dass die Fortschritte hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in Europa leider nicht merklich vorankommen. Seit diesem Tag arbeiten Frauen in der EU statistisch gesehen ohne Bezahlung, denn sie werden für die gleiche Arbeit noch immer schlechter bezahlt. Mitte November hat die Europäische Kommission nun ihren Aktionsplan zur Bekämpfung des geschlechterspezifischen Lohngefälles vorgestellt.
Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist seit über 60 Jahren ein Ziel des gemeinsamen Europas und ein in den EU-Verträgen verankertes Grundrecht. Eine zeitgleich mit dem Aktionsplan veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage zeigt den Stellenwert, den dieses Prinzip auch unter der europäischen Bevölkerung genießt: 90 % der EuropäerInnen halten es für inakzeptabel, dass Frauen schlechter bezahlt werden als Männer und 64 % befürworten Einkommenstransparenz als Mittel, hier eine Änderung herbeizuführen.
Die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit könnte kaum größer sein! Denn wie die AK anlässlich des EU-weiten Equal Pay Days berichtete, bleibt das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen mit 16,3 % konstant hoch und auch in allen anderen Lebensbereichen kommen die Fortschritte hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit nur schleppend voran. Mitte November legte die Europäische Kommission den EU-Aktionsplan 2017-2019 zur Bekämpfung des Gender Pay Gaps vor. Der Aktionsplan enthält ein Maßnahmenpaket mit acht Aktionsschwerpunkten, welche auf die Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt gerichtet sind.
Der Grundsatz der Entgeltgleichheit ist bereits in den Europäischen Verträgen festgelegt und die EU-Richtlinie zur Gleichstellung der Geschlechter normiert rechtsverbindlich: bei gleichwertiger Arbeit ist in der EU jede mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verboten. Doch damit dieses Prinzip auch in der Praxis ausnahmslos umgesetzt wird, sind zusätzliche Anstrengungen notwendig. Die Kommission verabschiedete deshalb bereits im Jahr 2014 eine Empfehlung zu mehr Transparenz beim Entgelt.
Eine Evaluierung dieser unverbindlichen Empfehlung zeigt, dass die nationalen Maßnahmen nicht ausreichen. In einem Drittel der Mitgliedstaaten wurden überhaupt keine der vorgeschlagenen Initiativen umgesetzt, in vielen anderen geschah dies nur unzureichend. Die Kommission zieht es deshalb jetzt in Erwägung, die Empfehlungen aus dem Jahr 2014 für rechtsverbindlich zu erklären. Konkret könnten dies sein: ein Anspruch der ArbeitnehmerInnen auf Auskunft über Lohn- und Gehaltsniveaus; die regelmäßige Berichterstattung der ArbeitgeberInnen über Löhne und Gehälter, aufgeschlüsselt nach ArbeitnehmerInnengruppen oder Positionen; und die Präzisierung des Begriffs der gleichwertigen Arbeit. Außerdem wird überlegt, die Sanktionen bei Verstößen zu verschärfen und die Entschädigung benachteiligter Arbeitnehmerinnen zu verbessern.
Mehr Transparenz beim Entgelt könnte wesentlich dazu beitragen, Frauen zu ihrem Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu verhelfen. Denn wie die Eurobarometer-Umfrage zeigt, ist das Bewusstsein für den Gender Pay Gap unter den ArbeitnehmerInnen paradox: Während 69 % zwar glauben, dass Frauen in ihrem Land für die gleiche Arbeit weniger bezahlt bekommen, denken dies nur 33 % auch über das eigene Unternehmen. Mehr Einkommenstransparenz durch ein Recht auf Auskunft oder die verpflichtende Berichterstattung durch die ArbeitgeberInnen aufgeschlüsselt nach ArbeitnehmerInnengruppen oder Positionen könnte dazu beitragen, die Schieflage bei Löhnen und Gehältern zu überwinden. Fast die Hälfte der Frauen gibt an, mit ihren Vorgesetzten darüber sprechen zu wollen, sollte sie von einer geschlechterspezifischen Benachteiligung erfahren, 30 % würden ihre Gewerkschaftsvertretung und 15 % sogar rechtliche Unterstützung kontaktieren. Dies würde wesentlich dazu beitragen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit in der Praxis durchzusetzen!
Darüber hinaus plant die Kommission in sieben weiteren Bereichen, die stärker in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, unterstützend tätig zu werden beziehungsweise durch verstärkte Bewusstseinsbildung zur Bekämpfung des Gender Pay Gaps beizutragen. Dazu gehören insbesondere die Unterbezahlung in Branchen mit hohem Frauenanteil, die gläserne Decke und die ungleiche Verteilung von Betreuungsarbeit.
Die AK wird alle diese Initiativen genau verfolgen und weiter darüber berichten. Denn im Kampf gegen den Gender Pay Gap sind schnelle Fortschritte gefragt: Bei der Fortsetzung des aktuellen Tempos würde sich das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen erst am Beginn des nächsten Jahrtausends schließen! Aus Sicht der AK kommt es jetzt darauf an, dass den Schwerpunkten des Aktionsplans konkrete Taten folgen und die Kommission, gemeinsam mit den Europäischen Parlament und dem Ministerrat als Mitgesetzgeber, im Rahmen ihrer Kompetenzen konkrete Verbesserungen auf den Weg bringt.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Equal Pay Day 2017: Gleichwertige Arbeit gleich bezahlen!
Europäische Kommission: Evaluation Report of the 2014 Pay Transparency Recommendation