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ZurückDie Besteuerung digitaler Unternehmen, wie Google oder Facebook, schlägt europaweit hohe Wellen. Während altbewährte analoge Industrien bis zu 23,5 % Steuern bezahlen, werden digitale Unternehmen mit durchschnittlich knapp 9,5 % viel niedriger besteuert. Am 8. September 2018 trafen sich in Wien Europas FinanzministerInnen zum ECOFIN-Rat, um über die Zukunft der digitalen Besteuerung zu sprechen. Österreich ist, wie die EU-Kommission, an einer schnellen Lösung interessiert und will eine Einigung zur Digitalsteuer bis Anfang 2019. Jedoch bleibt es fraglich, ob es sich hier um eine nachhaltige Steuer handelt. Am 10. September 2018 fand darüber hinaus in Straßburg eine öffentliche Aussprache des Sonderausschusses für Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung (TAX3) zu dem Thema statt.
Am 29. August 2018 diskutierte der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) des EU-Parlaments über die zwei derzeitigen Vorschläge der EU-Kommission zur Besteuerung digitaler Unternehmen. Zweierlei Vorschläge wurden dabei verhandelt. Der eine ist strukturell und langfristig ausgelegt, der andere interimsmäßig. Besteuerung digitaler Services soll vor allem dort erfolgen, wohin diese Dienste geliefert werden, also in dem jeweiligen Land der NutzerInnen. Bisher war dies nur bei physischen Präsenzen ausländischer Unternehmen in einem Land möglich. In den Verhandlungen des Europäischen Parlaments und der Kommission läuft dieses Modell unter dem Namen „user-value-creation“ (Wertschöpfung durch NutzerInnen) und stellt die Grundlage der sogenannten „digital services tax“ (DST) dar. Sie betrifft vor allem Unternehmen ab 750 Millionen Euro Jahresumsatz und einem EU-weiten Umsatz über 50 Millionen Euro. Die DST ist als Interimslösung geplant, wobei hier zu befürchten bleibt, dass sie zu einem schlechten Dauerprovisorium wird. Die Steuer beläuft sich nämlich nur auf 3 %, was der EU Einnahmen von 5 Milliarden Euro einbringen würde. Diese Beträge stellen wiederum für Unternehmen wie Google, Facebook oder Apple nicht mehr als Peanuts dar. Zur Erinnerung, die Einnahmen von Amazon im letzten Quartal belaufen sich auf 2,13 Milliarden Euro. Unternehmen wie Spotify, Netflix oder Gaming-Plattformen sollen nach den Vorschlägen der EU Kommission gar nicht erst besteuert werden. Die Besteuerung vom Verkauf von NutzerInnendaten ist angedacht und wurde besonders von der S&D-Fraktion im ECON-Ausschuss gefordert.
Wiener Sonnenuntergänge
Von Seiten der österreichischen S&D Delegation hieß es im Vorfeld des informellen ECOFIN-Treffens vergangenes Wochenende in Wien, dass man keine „Mickey Mouse Lösungen“ bei der Digitalsteuer akzeptieren sollte. Ein umfassenderes Gesamtpaket für Steuergerechtigkeit, wie es Evelyn Regner (S&D) im TAX3-Sonderausschuss andachte und ein „public country-by-country reporting“, die Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und die DTS beinhaltet, wurde von den FinanzministerInnen in Wien aber nicht diskutiert. Schon dem Vorschlag der Kommission zur Digitalsteuer alleine weht ein eisiger Nordwind entgegen. Zu den Ländern, die den Vorschlag aufgrund ihrer vorteilhaften Unternehmenssteuern ablehnen (Irland und Luxemburg), gesellten sich nun auch Schweden, Dänemark und Finnland aber auch Malta hinzu. Aber auch aus Deutschland kommen seit letzter Woche eher gemischte Signale. In Wien konnte man sich insofern einigen, als dass man einen Beschluss bis Ende 2018 fassen wolle. Ob dieser von allen EU-Ratsmitgliedern einstimmig angenommen wird, wie es Steuerfragen verlangen, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) plädierte in seinem Abschlussstatement für die sogenannte „sunset-clause“, also eine Klausel, die auslaufen soll, sobald auf OECD-Ebene eine Lösung zur Besteuerung von Unternehmen gefunden wurde. Diese soll steuerskeptische Staaten vorerst zufrieden stellen und auch einem erneuten Zerwürfnis zwischen den USA und der EU vorbeugen.
Wer zahlt?
Im ECON Ausschuss sowie im TAX3-Sonderausschuss wurde von Martin Schirdewan (GUE/NGL) die Frage aufgeworfen, wie man denn von Kommissionsseite eine Überwälzung der entstehenden Kosten auf die EndnutzerInnen vorbeugen will: Eine Sorge, die die Arbeiterkammer durchaus teilt. Die Antwort der Kommission fiel beide Male leider sehr unbefriedigend aus. Die Umwälzung der Steuer auf KonsumentInnen würde sie nicht weiter interessieren, wesentlich wäre, dass alle Unternehmen den gleichen Steuersatz zahlen. Im TAX3 lehnte die Kommission eine Beantwortung der Frage überhaupt ab. Es bleibt also zu befürchten, dass für die Kosten einer Digitalsteuer die NutzerInnen zur Kasse gebeten werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Digitalsteuer darf kein leeres Versprechen bleiben