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ZurückAm 25. Jänner 2018 fand in Brüssel der erste Europäische Bildungsgipfel statt. Als Follow-up zum Sozialgipfel in Göteborg hatte er zum Ziel, den Startschuss für einen inklusiven, auf europäischen Werten aufbauenden Bildungsraum zu geben. Vergangene Woche hat die Europäische Kommission dazu bereits einige neue Initiativen im Rahmen des „Future of Learning“-Pakets vorgestellt.
Tibor Navracsics, der EU-Kommissar für Bildung, betonte beim ersten Europäischen Bildungsgipfel in Brüssel, dass das Thema Bildung wieder ganz oben auf der EU-Agenda stehe. Dies sei in den letzten Jahren nicht immer der Fall gewesen, doch der Europäische Sozialgipfel in Göteborg habe ein klares Signal für ein sozialeres Europa gesendet und auch den Grundstein für einen gemeinsamen Europäischen Bildungsraum gelegt.
Nur zwei Monate, nachdem in Göteborg noch über die zentrale Rolle von Bildung bei der Stärkung einer Europäischen Identität sinniert wurde, präsentierte die Europäische Kommission erste Initiativen, um die Schlüsselkompetenzen der Europäischen BürgerInnen zu verbessern. Dadurch sollen gemeinsame Werte sowie die europäische Dimension der Bildung vermittelt, sozioökonomische Ungleichheiten reduziert, und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit Europas vorangetrieben werden. Kernstück von alledem ist ein Aktionsplan zur digitalen Bildung.
Ein solcher Aktionsplan ist auch dringend nötig, wenn man sich die Zahlen der Kommission näher anschaut: 90 Prozent künftiger Jobs verlangen demnach nach digitalen Kompetenzen, 44 Prozent der EuropäerInnen mangelt es aber selbst an grundlegenden digitalen Kenntnissen. Darüber hinaus zeigt sich auch ein erheblicher Gender Gap: Lediglich 20 Prozent der IT-Jobs werden von Frauen ausgeübt. Auch nach Regionen gibt es deutliche Unterschiede im Zugang zu Breitbandanbindungen, welcher die technische Grundvoraussetzung für eine digitale „Aufholjagd“ ist.
Der Aktionsplan für digitale Bildung
Es gibt also viel zu tun. Demzufolge konzentriert sich der Aktionsplan für digitale Bildung auf drei Prioritäten: Priorität eins bezieht sich auf den besseren Einsatz von digitalen Technologien beim Lehren und beim Lernen. Darunter fällt auch der Launch eines Online Tools, SELFIE genannt, das den Bildungseinrichtungen helfen soll, neue Technologien kompetent und selbstorganisiert einzusetzen. Priorität zwei zielt auf die Entwicklung digitaler Fähigkeiten ab, um die digitale Transformation besser meistern zu können. Vor allem bei Mädchen und Frauen soll verstärkt das Interesse am Programmieren geweckt werden, beispielsweise im Rahmen der EU Code Week. Es fallen aber auch Maßnahmen darunter, die das Bewusstsein für Onlinesicherheit und die Resilienz gegen Cyberbullying erhöhen sollen. Schlussendlich konzentriert sich Priorität drei auf die Verbesserung der Bildungssysteme durch verstärkte Datenanalyse und Prognosen. Die bessere Auswertung von bereits vorhandenen Daten soll es in Zukunft ermöglichen, Zukunftstrends des digitalen Wandels für Bildungssysteme besser vorherzusehen.
Um all dies zu gewährleisten ist es nötig, dass Bildungsorte die digitalen Voraussetzungen dafür erfüllen: Der Breitbandausbau ist bei weitem noch nicht so weit gediehen wie nötig, die Kluft zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten ist enorm. Einen Grund für die mangelnde Anbindung der Bildungseinrichtungen sieht die Kommission in der Unkenntnis über die Fördermöglichkeiten, und sie möchte daher eine Informationsoffensive starten.
Digital Divide
Es sind tatsächlich riesige Chancen, welche die Digitalisierung im Bildungsbereich birgt. Doch eine Hoffnung hat sich damit bisher leider nicht erfüllt: Dieses Bildungspotenzial erreicht nach wie vor nicht alle Menschen gleich, die Kluft besteht nicht nur zwischen den Mitgliedsstaaten, sondern auch innerhalb: Die digitale Bildung hat einen stark selektiven Charakter. Der „Digital Divide“ beschreibt die digitale Bildungskluft zwischen Bevölkerungsgruppen bzw. gesellschaftlichen Schichten. Die Arbeiterkammer hat dazu eine Studie veröffentlicht, die feststellt, dass Personen mit höherer formaler Bildung sich digitale Neuerungen und Informationen leichter aneignen und verwerten als jene mit weniger Bildung. Gerade Menschen, die nicht mit den neuen Medien aufgewachsen sind, trauen sich oft nicht zu, mit den aktuellen technischen Entwicklungen mitzuhalten. Dadurch können viele Menschen die Chancen der Digitalisierung nicht nutzen: Etwa haben ältere ArbeitnehmerInnen oft eine Scheu, sich weiterzubilden, wenn die Kurse nur mehr mit E-Learning und Prüfungen am Computer arbeiten. Umso wichtiger ist es, beim Thema Digitalisierung nicht auf all jene zu vergessen, die bereits im Arbeitsleben stehen.
Gemeinsame Werte stärken
Im Paket sind auch eine Empfehlung zur Förderung gemeinsamer Werte, inklusiver Bildung und der europäischen Dimension im Unterricht enthalten. EU Mitgliedstaaten sind immer mehr mit einem Anstieg von Populismus, Rassismus, Nationalismus, Diskriminierung und der zunehmenden Verbreitung von „Fake News“ konfrontiert. Diese Tendenzen untergraben den sozialen Zusammenhalt, verhindern das Entstehen eines Gefühls der Zugehörigkeit und schwächen das Vertrauen der BürgerInnen in die öffentlichen Institutionen und die Demokratie. Die Kommission hat auch beobachtet, dass nach wie vor viele EU BürgerInnen nicht wissen, wie die Europäische Union funktioniert und wofür sie steht. Bildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Umkehrung dieser Tendenzen.
Die AK wird diese Initiativen der Kommission weiter beobachten und sich in die Diskussion auf europäischer Ebene einbringen. Denn die Chancen der Digitalisierung müssen genutzt werden, um die Lern-, Lebens- und Arbeitsverhältnisse aller ArbeitnehmerInnen zu verbessern.
Weiterführende Informationen:
Factsheet on the European Education Area
Factsheet on Key Competences for Lifelong Learning
Factsheet on the Digital Education Action Plan
Factsheet on promoting common values, inclusive education, and the European dimension of teaching
Council Recommendation on Key Competences for Lifelong Learning