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Am Freitag, den 17. November 2017, wird beim EU-Sozialgipfel in Göteborg die Europäische Säule sozialer Rechte feierlich proklamiert. Doch damit es nicht bei „heißer Luft“ bleibt, muss die Säule jetzt mit konkreten Inhalten gefüllt werden. Mit der „Social Rights First“-Kampagne zeigen AK und ÖGB deshalb auf, wie das soziale Fundament für die Zukunft Europas aussehen soll!

 

Es ist der erste EU-Sozialgipfel seit zwanzig Jahren und die Erwartungen sind dementsprechend hoch. Denn die Europäische Säule sozialer Rechte sollte eigentlich das soziale Prestigeprojekt der EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker werden. Mit einer langen Vorlaufzeit und umfangreichen öffentlichen Konsultationen wurden hohe Erwartungen geweckt. Doch wenn die europäischen Staats- und RegierungschefInnen im europäischen Norden mit SozialpartnerInnen und der Zivilgesellschaft zusammentreffen und gemeinsam mit den anderen EU-Institutionen die soziale Säule feierlich proklamieren, wird dies die soziale Kälte noch nicht aus Europa vertrieben haben.

 

Denn aus Sicht der AK bleibt die Proklamation weit hinter den Erwartungen zurück. Entgegen ihrer Bezeichnung werden durch die Säule ausdrücklich keine neuen, verbindlichen und durchsetzbaren sozialen Rechte geschaffen. Der Entwurf beschränkt sich lediglich auf bereits existierende Rechte und auf Prinzipien, die rechtlich unverbindlich bleiben und darüber hinaus oft sehr allgemein formuliert sind. Die Säule muss deshalb mit Maßnahmen einhergehen, welche die proklamierten Prinzipien in die Tat umsetzen und die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Menschen in Europa verbessern!

 

Mit der Social Rights First-Kampagne machen AK und ÖGB gemeinsam mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund deshalb darauf aufmerksam, mit welchen Inhalten die Säule gefüllt werden könnte. Es braucht einen konkreten Fahrplan zur Umsetzung der proklamierten Prinzipien, der auch deren Finanzierung sicherstellt. Denn die Auswirkungen von Prinzipien für faire Arbeitsbedingungen oder Geschlechtergleichstellung sind in der Praxis fraglich, solange diese den Mitgliedstaaten und EU-Institutionen nur unverbindlich empfohlen werden. Die Social Rights First-Kampagne nennt deshalb konkrete Vorschläge, mit denen steigende Ungleichheiten, hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse auf EU-Ebene bekämpft werden können. Für diesen Kurswechsel braucht es eine Neuausrichtung hin zu einer ausgewogenen wohlstandsorientierten Wirtschaftspolitik. Dazu müssen als erster Schritt die restriktiven Fiskalregeln und ihre Auswirkungen auf die soziale Dimension Europas hinterfragt werden, damit die Mitgliedstaaten mehr Spielraum für zukunftsorientierte Investitionen bekommen.

 

Aus Sicht der AK muss die EU-Politik in Zukunft auf einem stabilen, sozialen Fundament stehen. In den EU-Verträgen soll deshalb ein soziales Fortschrittsprotokoll verankert werden. Nur ein solches kann sicherstellen, dass die Marktfreiheiten und Wettbewerbsregeln der EU nicht länger Vorrang vor sozialen Grundrechten haben!

 

60 Jahre nach Unterzeichnung der Römischen Verträge ist die europäische Zusammenarbeit von vielen Unsicherheiten geprägt und die Vertrauenskrise der EU wird sich noch weiter verschärfen, wenn diese nicht klar zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Menschen beitragen kann. Nur die Neuausrichtung hin zu einem sozialeren Europa wird die Menschen für ein gemeinsames, europäisches Projekt begeistern können!

 

Weiterführende Informationen:

SOCIAL RIGHTS FIRST: Ein besseres Europa für die ArbeitnehmerInnen: eine stärkere Säule sozialer Rechte

Live Übertragung und Aufzeichnungen des Sozialgipfels in Göteborg

AK Positionspapier zur Europäischen Säule sozialer Rechte

Social Europe: We Need A Strong 'Social Pillar' To Support Working People (Luca Visentini, Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes)

Arbeit & Wirtschaft Blog: Soziale Säule mit konkreten Inhalten füllen: Für ein besseres Europa für ArbeitnehmerInnen