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Am 12. Dezember präsentierte das European Social Observatory (Ose) gemeinsam mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) ihre neue Publikation zum aktuellen Stand der EU-Sozialpolitik in Brüssel. Die Präsentation dieser jährlichen Publikation war heuer von besonderer Bedeutung, da die Sozialpolitik unlängst stärker in den Fokus der europäischen Debatte gerückt ist. Gewerkschaften und AbeitnehmerInnenvertreter fordern lautstark mehr Initiativen in Richtung eines sozialen Europas.

 

Gabriele Bischoff, die Vorsitzende der ArbeitnehmerInnen-Gruppe im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), betonte die Bedeutung der Publikation „Social policy in the European Union: state of play 2017“ im Kontext dieser aktuellen Debatten über ein soziales Europa. Das Jahr 2017 könne als Scheidejahr in der europäischen Sozialpolitik gesehen werden. Einerseits hat die Diskussion über die soziale Dimension der EU seit dem Jahr 2016 Fahrt aufgenommen und erst am 17. November 2017 wurde die Europäische Säule sozialer Rechte am EU-Sozialgipfel in Göteborg von den Staats- und RegierungschefInnen feierlich proklamiert. Andererseits müssen den schönen Worten dieser Proklamation nun Taten folgen, die bei den Menschen ankommen und zu spürbaren Verbesserungen ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen führen. Die Publikation markiere den Stand der EU-Sozialpolitik vor der Proklamation der sozialen Säule und solle dazu beitragen, den Weg danach hin zu einem sozialeren Europa zu unterstützen.

 

Philippe Pochet, der Generaldirektor des Europäisches Gewerkschaftsinstitutes, versuchte die Debatte über die soziale Dimension der EU historisch einzuordnen. Er zeigte auf: Das europäische Projekt war von Beginn an von wirtschaftspolitischer Integration dominiert und EU-Sozialpolitik war aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips nur eingeschränkt möglich. Pochet vertritt in diesem Zusammenhang die These, dass in der Geschichte der europäischen Integration ein bestimmter Kreislauf zu beobachten ist: Alle 15 Jahre startet eine neue Diskussion über die soziale Dimension der EU, die dann immer ca. sechs bis sieben Jahre dauert. Aufgrund dieser Erfahrungen ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich dieses Muster auch in der aktuellen Debatte um die soziale Säule wiederholen wird.

 

Das bedeutet, dass womöglich nicht mehr viel Zeit bleibt, um die soziale Dimension der EU zu stärken. Somit war der Tenor der DiskutantInnen klar: Ohne diese wird die Europäische Union weiter an Vertrauen verlieren. Im Moment sei Europa noch der Kontinent der Zukunftsängste. Diesen müsse eine klare Vision eines sozialen Europas gegenübergestellt werden, das die Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Menschen verbessert. Katja Lehto-Komulainen, die Stellvertretende Generalsekretärin des EGB, plädierte deshalb für einen Aktionsplan, um die Prinzipien der sozialen Säule in die Tat umzusetzen und verwies insbesondere auf die Herausforderungen durch die zunehmende Prekarisierung der Arbeitswelt und die steigende Armut trotz Erwerbstätigkeit.

 

Mit der Publikation wollen die HerausgeberInnen einen Beitrag auf dem Weg zu einem sozialen Europa leisten. Im ersten Teil werden die großen Zukunftsfragen Europas und deren möglichen Auswirkungen auf die soziale Dimension der EU beleuchtet. In einem zweiten Teil werden dann konkrete, soziale Initiativen auf EU-Ebene behandelt. Erste Printexemplare können bereits beim European Social Observatory bestellt werden oder sind in einigen Wochen auch zum gratis Download verfügbar.

 

 

Weiterführende Informationen:

European Social Observatory: Social policy in the European Union: state of play 2017

AK EUROPA: Die soziale Säule: Heiße Luft oder Fundament für ein soziales Europa?

Arbeit & Wirtschaft Blog: Soziale Säule mit konkreten Inhalten füllen: Für ein besseres Europa für ArbeitnehmerInnen

ETUI: The European Pillar of Social Rights in historical perspective