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ZurückVieles hängt vom Funktionieren des Arbeitsmarkts ab – das gilt für die einzelnen Menschen und deren Familien, aber auch für die Gesellschaft und den Staat insgesamt. Sei es die Einkommenssituation der Bevölkerung, das Aufbrechen traditioneller Familienbilder, die Leistbarkeit von Wohnraum, die Gesundheit der Menschen, oder Zeit für Familie und FreundInnen: Auf dem Arbeitsmarkt werden viele dieser Fragen bestimmend mitgestaltet.
EU-weite Studie zur Situation am Arbeitsmarkt
Je näher Länder dem Ziel der „Vollbeschäftigung“ kommen, umso besser ist das für alle. Der systematische Blick auf die nationalen Arbeitsmärkte in Europa ist stets lohnend. Mit dem Arbeitsmarktmonitor erstellt die Arbeiterkammer in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) jährlich eine EU-weite Studie zur Situation am Arbeitsmarkt. Nun wurde mit dem Arbeitsmarktmonitor 2020 die bereits 10. Aktualisierung veröffentlicht. Im Fokus steht dieses Mal die Zeitperiode vor Corona – im Wesentlichen werden Daten aus 2019 miteinander in Beziehung gesetzt.
Es ist wichtig zu sehen, unter welchen Voraussetzungen Länder in die neuerliche Krise schlitterten – und zu reflektieren, ob die EU-Staaten überhaupt die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise vor 10 Jahren überwunden haben. Vorweg: manche Länder haben bis heute „tiefe Narben“.
Nordeuropäische Länder mit Spitzenwerten
Klassischerweise sind es vor allem „kleine“ Mitgliedsländer mit offenen Volkswirtschaften, die im Spitzenfeld landen. Vor allem die nordischen Staaten Schweden, Finnland und Dänemark belegen regelmäßig die vordersten Plätze. Irland ist bei manchen Indikatoren nach einer signifikanten BIP-Daten-Revision ebenfalls im Spitzenfeld zu finden. Auf den hinteren Plätzen finden sich hingegen häufig die Länder Südeuropas sowie die „neueren“ Mitgliedsländer, beispielsweise Griechenland oder Bulgarien.
Ersichtlich wird im Arbeitsmarktmonitor auch, wie stark sich die Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt niedergeschlagen hat. So zeigt ein Blick auf die erste Dimension, die sich mit der allgemeinen Leistungskraft des Arbeitsmarktes befasst, dass sich die Arbeitsmarktperformance der EU-Mitgliedsländer in Folge der Krise stark auseinanderentwickelt hat.
Österreich oft nur mehr Mittelmaß – Corona als Brennglas für bisherige Schieflagen
Die Empirie legt nahe, dass Österreich immer mehr zum Nachzügler gegenüber der Spitzengruppe wird. Die wesentlichen Schwächen konnten – auch in Relation zu anderen EU-Ländern – nicht oder nur wenig abgebaut werden. Besonders offensichtlich tritt der Nachholbedarf in den Bereichen Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, ältere ArbeitnehmerInnen, Bildung und bei Gesundheitsaspekten zu Tage.
Wie die Studie zeigt, braucht es große Kraftanstrengungen, um sich merkbar im Ranking zu verbessern: Ohne aktivere Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik wird Österreich von der Spitzengruppe immer weiter abgehängt werden – mit allen damit verbundenen negativen Effekten auf der individuellen und gesellschaftlichen Ebene.
Zum Arbeitsmarktmonitor
Anspruch dieses Langzeit-Projekts ist es, einen vergleichenden Überblick über die Arbeitsmarktrealitäten der EU-Mitgliedsländer zu bieten. Es werden dabei nicht nur aktuelle Trends analysiert, sondern auch potentielle Fragen für eine vertiefende Analyse aufgezeigt.
Während sich die mitunter oberflächliche Beobachtung der Situation am Arbeitsmarkt in der EU oft auf wenige Schlüsselindikatoren – insbesondere die Arbeitslosen- und die Beschäftigungsquote – beschränkt, versucht der Arbeitsmarktmonitor, mit 58 Indikatoren ein breites Spektrum an relevanten Aspekten zu beleuchten und dadurch ein differenzierteres Bild zu zeichnen.
5 empirische Analyse-Dimensionen
Untersucht werden im Arbeitsmarktmonitor
- die allgemeine Leistungskraft des Arbeitsmarktes,
- die Erwerbsteilnahme unterschiedlicher Personengruppen,
- Ausgrenzungsrisiken am Arbeitsmarkt,
- die Verteilung der Erwerbseinkommen sowie
- die Umverteilung durch den Sozialstaat.
Für jede dieser fünf Dimensionen werden eine Reihe von europaweit vergleichbaren und regelmäßig verfügbaren Indikatoren herangezogen, auf deren Basis anschließend ein Bereichsindex – in diesem Fall eine Zahl zwischen 1 und 10 – gebildet wird. Komplexe ökonomische, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge können so verständlich und übersichtlich dargestellt und verglichen werden. Anhand der Studie lässt sich außerdem nicht nur ablesen, welche Länder sich in den jeweiligen Dimensionen im Spitzenfeld befinden, sondern auch, was diese Länder in dieser Hinsicht auszeichnet.
Weiterführende Informationen:
Arbeiterkammer Wien: Arbeitsmarktmonitor 2020
AK EUROPA: Arbeitsmarktmonitor 2019