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ZurückAm Montag, den 10. September 2018, wird im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments über die Änderung der Trinkwasserrichtlinie abgestimmt. Auslöser für diese Revision ist die von der AK unterstützte BürgerInneninitiative „Right2Water“, bei der 2013 über 1,8 Millionen EU-BürgerInnen ein Menschenrecht auf Wasser einforderten. Ob der Vorschlag der Kommission tatsächlich den Zugang zu Wasser für alle Bevölkerungsgruppen sichert oder sich zu sehr mit technischen Details befasst, hat ein hochkarätiges Podium bei einer gemeinsamen Veranstaltung von AK EUROPA, ÖGB Europabüro und EPSU diskutiert. Die InitatorInnen und UnterstützerInnen waren sich dabei einig: Das Menschenrecht auf Wasser muss in der neuen Richtlinie noch stärker verankert werden.
Jan Willem Goudriaan, Generalsekretär der European Public Service Union (EPSU) und Vize-Präsident der BürgerInneninitiative „Right2Water“ zeigte anhand vieler Fotos von Aktionen in ganz Europa, wie sich die Initiative über viele Jahre aus unzähligen lokalen Gruppen und Bewegungen herausgebildet hat. Schlussendlich wurden drei Forderungen entwickelt: (I) ein garantierter Zugang zu Wasser für alle EU-BürgerInnen (II) keine weiteren Versuche von Liberalisierung der Wasserwirtschaft und (III) Unterstützung seitens der EU, dass auch die 800 Millionen Menschen weltweit ohne Zugang zu Wasser das Menschenrecht auf Wasser in Anspruch nehmen können. Dass die erfolgreichste BürgerInneninitiative in der EU lange Zeit keinen Gesetzesvorschlag durch die Kommission erwirkte, enttäuschte die OrganisatorInnen. Inzwischen gab es aber Hearings im Parlament, und seit Februar 2018 liegt ein konkreter Richtlinienvorschlag der Kommission zur Änderung der Trinkwasserrichtlinie vor. Als Erfolg ist darüber hinaus zu sehen, dass es seit der Initiative weder zu Liberalisierungen von Wasser noch zu einer Aufnahme der Wasserwirtschaft in Handelsabkommen kam.
Matjaz Malgaj, Referatsleiter für Wasserwirtschaft der Europäischen Kommission, bemerkte, dass die Initiative die Debatte zur Wasserwirtschaft positiv verändert hatte. Dennoch fokussiert sich die Kommission auf das Thema Wasserqualität. Dies begründete er damit, dass zunächst evaluiert werden muss, welche Menschen keinen Zugang zu Wasser haben und welche Wasserqualität in den einzelnen Ländern vorliegt. Auf dieser Basis könne dann in Zukunft eine aussagekräftigere Debatte geführt werden. Außerdem sieht er ein großes Potential, durch Transparenz von Wasserpreisen und Wasserqualität den Konsum von Leitungswasser zu fördern.
Michel Dantin, Abgeordneter des Europäischen Parlaments von der Fraktion der Europäischen Volkspartei und Berichterstatter dieser Richtlinie sieht in Hinblick auf den Richtlinienvorschlag drei zentrale Aspekte, die es zu klären gilt: Die Ermittlung der Zahl der Menschen ohne ausreichenden Zugang zu Wasser, die Frage nach der Qualität des Wassers und wer die Kosten für die verbesserte Versorgung trägt. Er plädiert für allgemeine Formulierungen im Rahmen der Richtlinie, um den Mitgliedstaaten Raum für die Umsetzung zu gewähren. Außerdem bekräftigt er die Aussage von Matjaz Malgaj, dass viele Länder sehr gute Leitungswasserqualität haben, aufgrund von mangelnder Information Menschen aber teures Mineralwasser kaufen. Damit könne durch konsumentenInnenfreundliche Informationen, gerade Menschen mit geringerem Einkommen, der Zugang zu Wasser mit hoher Qualität erleichtert werden.
Hier zeigt Iris Strutzmann, Expertin der Bundesarbeitskammer, einen Widerspruch zur vorgelegten Richtlinie auf. Viele Länder der EU, wie zum Beispiel Österreich, haben eine ausgezeichnete Wasserqualität, die 2 von 3 VerbraucherInnen mit sehr gut bewerten und welches von über 500 zum Teil sehr kleinen AnbieterInnen bereitgestellt wird. Durch die von der Kommission vorgeschlagenen Kontrollfrequenzen würden hier Kosten um ein 70-faches steigen, was vermutlich von den KonsumentInnen getragen werden müsste. An diesem Punkt stimmt der Vertreter der EU Kommission, Matjaz Malgaj, zu und versicherte, dass hier Lösungen gefunden werden, da ein Kostenanstieg durch Wasserkontrollen für kleine AnbieterInnen nicht beabsichtigt war. Neben technischen Details betont Iris Strutzmann, dass das Menschrecht auf Wasser in der Zielformulierung der Richtlinie verankert werden muss, um der BürgerInneninitiative gerecht zu werden. Sie appelliert an die VertreterInnen der Institutionen, das Recht auf Wasser so stark wie möglich zu verankern, damit die Umsetzung in den Mitgliedstaaten auch einen Mehrwert für die BürgerInnen darstellt.
Thomas Kattnig, Experte der younion betonte, wie wichtig die Verankerung des Rechts auf Wasser noch vor den anstehenden EU-Wahlen im Mai 2019 sei. Es wäre ein fatales Signal für alle engagierten UnterzeichnerInnen der Initiative, wenn die EU-Institutionen es in einer gesamten Wahlperiode nicht schaffen würden, die erfolgreichste BürgerInneninitiative in europäisches Recht umzusetzen. Im Blick auf die Mitgliedstaaten sagt er, dass er einen Austausch zwischen den Ländern erwarte, sodass ein hohes Niveau der Wasserversorgung zukünftig in allen Ländern sichergestellt sei.
Die für die Trinkwasserrichtlinie zuständige Attachée Eva Mittermayr vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus erläutert, dass aufgrund der verschiedenen neuen Aspekte, die der Kommissionsvorschlag umfasst, die Mitgliedstaaten in den laufenden Arbeitsgruppen Zeit benötigen würden, um die spezifischen Auswirkungen abschätzen zu können. Da es ihnen von Seiten der Ratspräsidentschaft wichtig ist, den Mitgliedstaaten möglichst viel Raum zur Verfügung zu stellen, sind Ergebnisse noch nicht absehbar.
Fest steht, dass es für einen Abschluss der neuen Trinkwasserrichtlinie vor den EU-Wahlen im Mai 2019 knapp wird. Für 10. September 2018 ist die Abstimmung über die Trinkwasserrichtlinie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments geplant. Im Oktober soll die Abstimmung im Plenum folgen. Erst nach Abschluss der Verhandlungen im Rat können die Trilogverhandlungen beginnen. Die Arbeiterkammer wird sich weiter dafür einsetzen, dass die Kernforderungen der erfolgreiche BürgerInneninitiative „right2water“ auch tatsächlich in Europäisches Recht umgesetzt werden.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Menschenrecht auf Wasser im Entwurf zur Trinkwasserrichtlinie nicht ausreichend verankert
Europäische Kommission: Saubereres Trinkwasser für alle Europäer