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ZurückEine repräsentative Umfrage im Auftrag von AK Wien und Greenpeace zeigt: Konsument:innen in Österreich sind sich der Schattenseiten des Modekonsums prinzipiell bewusst. Ihr Einkaufsverhalten hinkt diesem Bewusstsein jedoch hinterher. Umdenken müssen aber nicht zuletzt auch die Produktion und der Handel. Das erfordert klare Regeln. AK und Greenpeace setzen sich unter anderem für ein gesetzliches Vernichtungsverbot neuwertiger Waren und ein starkes EU-Lieferkettengesetz ein.
Fast Fashion ist mittlerweile ein etablierter Begriff. Ständig wechselnde Kollektionen sollen die Konsumlust aufrechterhalten. Laut Umfrage geben die Konsument:innen in Österreich im Durchschnitt fast 800 Euro jährlich für Kleidung aus. Etwa die Hälfte der rund 100 Kleidungsstücke, die die Menschen in Österreich besitzen, wird dann aber nur gelegentlich bis gar nicht (immerhin 12%) getragen. Und das, obwohl jeweils mehr als vier Fünftel der Befragten der Aussage zustimmen, dass die Umwelt durch Kleiderüberproduktion massiv belastet werde und Fast Fashion ein großes Übel sei. Erstaunliche 92% der Befragten befanden sogar, dass generell zu viel Kleidung gekauft wird.
Das Konsumverhalten beeinflusst dieses Bewusstsein bisher nur begrenzt. So wären 43% der Befragten zwar prinzipiell dazu bereit, langlebigere Produkte zu kaufen, selbst wenn diese teurer sind. Nur 30% setzen dies aber auch in die Tat um. Im Vergleich zu einer Umfrage aus dem Jahr 2019 ist die Nutzungsdauer der Textilien sogar noch etwas gesunken, Second Hand-Kleidung hat im letzten Jahr nur rund ein Drittel der Befragten gekauft. Zwar achten die Konsument:innen beim Kleidungskauf vorwiegend auf Funktionalität (92%) sowie hohe Qualität und Verarbeitung (85%). Kaufentscheidend ist aber auch der günstigste Preis (78%), hohe Umwelt- (44%) und Sozialstandards (40%) sind es weit weniger. Hinsichtlich der Frage, welche politischen Maßnahmen für notwendig erachtet werden, findet in der Umfrage die verpflichtende Umsetzung eines Lieferkettengesetzes, das auf die Achtung der Menschenrechte fokussiert, mit 91 % die allerhöchste Zustimmung.
Hintergrund der Umfrage
Die globale Textilindustrie hat massive negative Auswirkungen, insbesondere in der Produktion. Bis zu 10% der globalen Treibhausgasemissionen werden ihr zugerechnet. Nicht nur ihr Wasserverbrauch ist enorm. Der Europäischen Umweltagentur zufolge ist sie zusätzlich auch eine der Hauptursachen für Wasserverschmutzung. Die Flächen für den Anbau von Baumwolle, anderen Naturfasern und für die Haltung von Nutztieren verbraucht global 5% der kultivierten Landfläche. Durch den intensiven Einsatz von Pestiziden und Kunstdüngern werden unter anderem das Artensterben und die Übersäuerung von Binnengewässern und Meeren vorangetrieben. Allein die Zahl der in Pelzfarmen getöteten Tiere liegt Schätzungen zufolge bei rund 100 Millionen.
Doch nicht nur die ökologischen Auswirkungen sind verheerend. In einem Bericht des Europäischen Parlaments werden die Arbeitsbedingungen in der asiatischen Textilindustrie mit Sklaverei verglichen. Laut der Clean Clothes Campaign bleiben im Durchschnitt nur rund 0,6% des Preises eines T-Shirts als Lohn bei den Arbeiter:innen. Selbst in osteuropäischen Ländern liegt der gesetzliche Mindestlohn in der Branche nur bei 20 bis 30% eines existenzsichernden Lohns, oft wird aber nicht einmal dieser gezahlt. Angeprangert werden auch gefährliche Arbeitsplätze, mangelnde Jobsicherheit, Diskriminierung, Kinderarbeit und schlechte gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten. Common Objective zufolge gibt es in der Textilindustrie weltweit rund 27 Millionen Menschen mit arbeitsbedingten gesundheitlichen Problemen.
Politische Initiativen und Forderungen der AK
Die Europäische Kommission hat im März 2022 als Teil der Kreislaufwirtschaftsstrategie des European Green Deal eine Textilstrategie veröffentlicht. Damit soll bis 2030 dafür Sorge getragen werden, dass Textilien langlebig, reparier- und recyclingfähig sowie frei von gefährlichen Stoffen sind und diese auch größtenteils umwelt- und sozialverträglich produziert werden. Hochwertige Kleidung soll zu erschwinglichen Preisen verfügbar sein, überschüssige Kleidung nicht entsorgt werden. Zu diesem Zweck sollen die Designanforderungen für Textilien verschärft, die Produktkennzeichnung verbessert, Greenwashing bekämpft und das Problem der Ausfuhr von Textilabfällen angegangen werden. Ein zentrales Vorhaben auf dem Weg dorthin ist die geplante Ökodesign-Verordnung. Mit ihr sollen für einzelne Produktgruppen Kriterien für eine nachhaltige Gestaltung festgelegt werden. Ihre Umsetzung wird aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ebenso zentral ist das aktuell verhandelte EU-Lieferkettengesetz, mit dem Unternehmen dazu verpflichtet werden sollen, entlang der gesamten Lieferkette bestimmte Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen.
In Österreich wird aktuell über ein Verbot der Vernichtung unverkaufter, neuwertiger Textilien diskutiert, ein entsprechender Gesetzesvorschlag wird seit Ende 2022 erarbeitet. Diese langjährige Forderung von Greenpeace wurde auch vom österreichischen Klimarat übernommen. Die AK fordert daneben u.a. mehr Förderungen für Reparaturdienstleistungen sowie Leih- und Sharingsysteme, klare Kriterien für Gütesiegel und ein Verbot des Exports von Textilabfällen in Drittstaaten.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: (Nachhaltiger) Modekonsum in Österreich: Hohes Bewusstsein, aber noch Lücken beim Handeln
AK Wien: Umfrage Modekonsum: Hoher Preis für Umwelt, Klima und Menschen
AK EUROPA: EU-Lieferkettengesetz: Rat verständigt sich auf allgemeine Ausrichtung
AK EUROPA Kampagne: Gerechtigkeit geht alle an!