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ZurückZwangsarbeit ist weltweit verbreitet und betrifft rund 28 Millionen Menschen. Um dagegen vorzugehen, hat die EU-Kommission im September 2022 einen Vorschlag für ein EU-Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit vorgelegt. Am 19. November 2024 wurde die Verordnung final beschlossen. Die AK begrüßt dieses wichtige Instrument zur Bekämpfung moderner Sklaverei.
Zwangsarbeit weist zwei wesentliche, miteinander verknüpfte Merkmale auf: Erstens Unfreiwilligkeit, das heißt fehlende (freie und informierte) Zustimmung zur Aufnahme der Arbeit oder zu den Arbeitsbedingungen, und zweitens die Ausübung von Zwang, z. B. durch (die Androhung einer) Strafe. Lohnvorenthaltung ist die weitaus häufigste Form von Zwang. Jährlich werden etwa 236 Milliarden US-Dollar Profit durch Zwangsarbeit generiert. Sie findet hauptsächlich in der Privatwirtschaft statt, wird in einigen Fällen aber auch staatlich angeordnet.
Das Verbot von Zwangsarbeit ist eine von fünf Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) und bereits im Übereinkommen Nr. 29 aus dem Jahr 1930 festgelegt. Einige Länder wie die USA und Kanada haben Gesetze, um das Verbot effektiv umzusetzen. Die EU zieht nun nach. Das EU-Parlament hat die Zwangsarbeits-VO am 23. April 2024 beschlossen. Die endgültige Beschlussfassung im Rat erfolgte am 19. November 2024.
Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit
Mit der Verordnung werden in Zwangsarbeit hergestellte Produkte auf dem Unionsmarkt verboten. Diese dürfen weder in Verkehr gebracht oder bereitgestellt noch ausgeführt werden. Das Verbot gilt für alle Produktarten und Industriezweige und auch für den Fernabsatz (Online-Handel), sofern das Angebot an eine:n Endnutzer:in in der Union gerichtet ist. Produkte, die gegen das Verbot verstoßen, werden aus dem Verkehr gezogen. Die nationalen Behörden der Mitgliedstaaten müssen gegen Verstöße in ihren Hoheitsgebieten vorgehen. In den Zuständigkeitsbereich der EU-Kommission fallen Fälle von mutmaßlicher Zwangsarbeit außerhalb des Hoheitsgebiets der Union.
Die Zwangsarbeits-VO legt keine Sorgfaltspflicht für Unternehmen fest. Da jedoch im Falle eines Verstoßes das Produkt aus dem Verkehr gezogen wird, schafft die Verordnung für Wirtschaftsakteure einen starken Anreiz, darauf zu achten, dass Produkte frei von Zwangsarbeit sind. Große Unternehmen sind aufgrund der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) zur Sorgfalt in Bezug auf Zwangsarbeit verpflichtet. Das Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit gilt ungeachtet der Unternehmensgröße. Die EU-Kommission wird daher bis Mitte 2026 Leitlinien für Wirtschaftsakteure zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Bezug auf Zwangsarbeit herausgeben und Unterstützungsmaßnahmen für KMU entwickeln.
Eine wichtige Rolle kommt der von der EU-Kommission zu errichtenden Datenbank zu. In dieser werden regelmäßig zu aktualisierende Informationen über Zwangsarbeitsrisiken gesammelt, wobei jedoch keine Informationen über Unternehmen veröffentlicht werden. Im Hinblick auf staatlich organisierte Zwangsarbeit werden bestimmte Wirtschaftszweige in bestimmten geografischen Gebieten aufgeführt.
Was machen andere Länder?
In den USA legt Section 307 des Tariff Act 1930 ein Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit fest. Die US-amerikanische Zoll- und Grenzschutzbehörde ist dafür zuständig, sicherzustellen, dass diese Produkte nicht auf den US-Markt kommen. Die sogenannten Withhold Release Orders der Behörde werden im Internet veröffentlicht, inklusive Angabe des Produkts und des Unternehmens bzw. der Entität, in dem die Zwangsarbeit mutmaßlich stattfindet. Importeure können die Freigabe für das Inverkehrbringen nur dann erwirken, wenn sie nachweisen können, dass keine Zwangsarbeit vorliegt.
Darüber hinaus gilt in den USA seit 2021 ein Importverbot von Produkten aus Xinjiang, der autonomen Region der Uigur:innen in China. Der Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA) stellt die (widerlegbare) Rechtsvermutung auf, dass Produkte aus dieser Region sowie Produkte, die aus einer in der UFLPA entity list gelisteten Entität stammen, in Zwangsarbeit hergestellt wurden und somit nicht importiert werden dürfen. Auch das Vereinigte Königreich, Australien und Kanada haben Gesetze zur Bekämpfung moderner Sklaverei (Modern Slavery Acts), wobei diese in erster Linie Berichtspflichten für Unternehmen hinsichtlich Zwangsarbeitsrisiken beinhalten.
Fazit
Die AK fordert gemeinsam mit Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft, dass betroffene Arbeitnehmer:innen eine Wiedergutmachung erhalten, wenn Fälle von Zwangsarbeit aufgedeckt werden. Dies ist bedauerlicherweise in der Verordnung nicht geregelt. Weiters ist aus Sicht der AK die Beweiserbringung in der Verordnung einseitig zu Lasten der Behörden bzw. der Kommission geregelt. Nichtsdestotrotz begrüßt die AK das EU-Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit. Die Verordnung wurde am 12. Dezember 2024 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die neuen Regeln kommen ab Ende 2027 zur Anwendung.
Weiterführende Informationen
Verordnung (EU) 2024/3015 über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt
AK EUROPA: Gute Nachricht für Menschenrechte und die Umwelt. Grünes Licht für das EU-Lieferkettengesetz und das EU-Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit
AK EUROPA: Positionspapier - Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt
IAO: Global Estimates of Modern Slavery
IAO: Forced Labour Observatory
IAO: Jährliche Gewinne aus Zwangsarbeit steigen um 236 Milliarden US-Dollar
IAO: Forced labour, modern slavery and trafficking in persons
EU-Kommission: EU-US social partners' joint recommendations on combating forced labour