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ZurückSeit dem Jahr 2012 veröffentlicht die Konferenz für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCTAD) jährlich einen Bericht zum Thema Handel und Entwicklung. Im Rahmen einer Veranstaltung diskutierten VertreterInnen von Zivilgesellschaft und UNCTAD über die aktuelle Ausgabe sowie die Frage, wie der Weg aus der Krise und in Richtung Wohlstand für Alle aussehen könnte.
Das selbsterklärte Ziel der 1964 gegründeten Konferenz für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCTAD) ist es, den Ländern des globalen Südens Zugang zu den Vorteilen einer globalisierten Wirtschaft zu verschaffen, die möglichen Nachteile einer stärker integrierten Wirtschaft abzufedern und Wohlstand für alle Menschen zu fördern. Die erzielten Fortschritte werden an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung gemessen. Alle vier Jahre finden sich die Mitgliedsstaaten zu einer Konferenz ein, um aktuelle Fragen zu diskutieren und globale politische Antworten darauf zu formulieren. Die nächste Konferenz soll Anfang Oktober 2021 auf Barbados stattfinden.
Warnung vor „verlorenem Jahrzehnt“
Im Rahmen eines Webinars, welches das Third World Network am 21. Jänner 2021 veranstaltete, betonte Richard Kozul-Wright, Leiter der UNCTAD-Abteilung für Globalisierung und Entwicklungsstrategien, dass der Fokus des Berichts ursprünglich auf dem Thema Klimawandel sowie Maßnahmen wie etwa einem globalen Green New Deal liegen hätte sollen. Stattdessen widmet er sich nun aber schwerpunktmäßig der anhaltenden Coronakrise.
Kozul-Wright verwies darauf, dass bereits Ende 2019 vor einer wirtschaftlich äußerst fragilen Situation und einer Rezession gewarnt wurde. Die – nach dem Platzen der Dotcom-Blase und der Finanzkrise – bereits dritte große Wirtschaftskrise des 21. Jahrhunderts übertreffe ihre beiden Vorgängerinnen allerdings in Umfang und Massivität und könnte zu einem weiteren „verlorenen Jahrzehnt“ führen. Um das zu verhindern, gelte es, einerseits Arbeitsplätze und Löhne in den Mittelpunkt der Erholung zu stellen, andererseits aber auch die zentrale Rolle von öffentlichen Dienstleistungen zu betonen und umfassende ökologisch Investitionen zu tätigen.
Neoliberalismus für Schäden verantwortlich
Sylvester Bagooro, Third World Network Africa, verwies auf die verheerenden Schäden, die Jahrzehnte neoliberaler Politik vor allem in Afrika angerichtet hätten. So sei die afrikanische Wirtschaft beispielsweise nicht in der Lage gewesen, dringend benötigtes Schutzequipment selbst zu produzieren und deshalb auf Importe von außerhalb angewiesen gewesen. Deborah James, Our World is not for Sale Network, sprach unter anderem vom digitalem Handel und geistigen Eigentumsrechten als Herausforderungen, die nicht zuletzt mit der zunehmenden rasanten Digitalisierung und der Produktion eines Impfstoffes gegen das Coronavirus zusätzlich an Brisanz gewonnen hätten. Hinsichtlich der UNCTAD bleibe allerdings die Frage, welche Rolle diese in Zukunft spielen könne und solle, sei doch der Handlungsspielraum für zivilgesellschaftliche Organisationen innerhalb der Konferenz in den letzten Jahren deutlich geschrumpft.
Für Schlagzeilen sorgt unterdessen eine aktuelle Oxfam-Studie, die aufzeigt, wie die anhaltende Coronakrise soziale Ungleichheit verschärft – erstmals droht diese in fast allen Ländern der Welt gleichzeitig anzusteigen – und warum die Lösung nur in einem gerechten Wirtschaftssystem liegen kann.
AK für gerechte und faire Weltwirtschaft
Zu dem Schluss, dass die Pandemie die Schwachstellen des globalen Wirtschaftssystems aufgedeckt hat, kommt auch die Arbeiterkammer. Die Ursachen und Defizite der anhaltenden Legitimationskrise der aktuellen Handels- und Investitionspolitik sind allerdings noch weit tiefer verwurzelt und werden durch die momentane Agenda der EU in diesem Bereich noch verstärkt. Anstatt sich angesichts der Coronakrise auf unmittelbare politische Korrekturen zu konzentrieren, muss die EU ihre Handels- und Investitionspolitik grundsätzlich neuausrichten. Es gilt eine gerechte und faire Weltwirtschaft sicherzustellen, die das Gemeinwohl über die Profitinteressen Einzelner stellt. Die von der EU angestrebte strategischen Autonomie muss deshalb nicht offen, sondern vor allem wohlstandorientiert sein.
Weiterführende Informationen:
Arbeiterkammer: EU-Konsultationspapier – eine überarbeitete Handelspolitik für ein stärkeres Europa
A&W Blog: Warum wir einen globalen Green New Deal brauchen