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ZurückEine neue von der AK EUROPA herausgegebene Studie zeigt auf, welchen großen Einfluss Internet-Unternehmen wie Uber, Airbnb, Amazon, Deliveroo und Co auf die europäische Gesetzgebung haben. Es soll nun Licht in die ansteigenden und intransparenten Lobbyingaktivitäten der Plattformunternehmen in Brüssel gebracht werden.
Nachdem bereits einige Städte und Staaten erste Regulierungsansätze für die sogenannte „Plattformwirtschaft“ entwickelt haben, versuchen diese Unternehmen nun auch, über die EU-Ebene die nationalen Regelungen zu umgehen. Dafür haben Uber, Airbnb und andere ihr Lobbying insbesondere gegenüber der Europäischen Kommission verstärkt. Wie die Studie aufzeigt, war diese Einflussnahme der Internetunternehmen auch bereits von ersten Erfolgen gekrönt.
Mächtige Plattformlobby in Brüssel
Eines der aktivsten Plattformunternehmen im Lobbying ist Uber. Die Studie zeigt auf, dass von 2015 bis2018 über 50 Treffen der UnternehmenslobbyistInnen mit der Juncker-Kommission stattfanden und Uber alleine 2017 zwischen 800.000 und 899.999 Euro für Lobbying ausgegeben hat. Auch Amazon hatte über 59 Treffen und verfügte 2018 über ein offizielles Lobbyingbudget von 2 Millionen Euro. Auch Deliveroo lobbyiert fleißig in Brüssel und zwar nicht nur direkt, sondern über zwei beauftragte Agenturen. Trotz fehlender Eintragung im Transparenzregister fanden Treffen zwischen Deliveroo und den KabinettsleiterInnen der Kommissarin Thyssen statt, um für ihre Definition ihrer ArbeitnehmerInnen als Selbstständige zu lobbyieren.
Think Tanks als Speerspitze
Neben eigenem Lobbying übt – wie die Studie darstellt – die Plattformwirtschaft auch über Beratungsunternehmen, Think Tanks sowie Unternehmensverbände wie BusinessEurope, DigitalEurope und AmCham EU Einfluss auf die EntscheidungsträgerInnen aus. Auch in ExpertInnengruppen der EU-Kommission sind die Internetunternehmen vertreten, wie Amazon in der MwSt.-Gruppe. Ein Beispiel für einen lobbyierenden Think Tank ist das „Consumer Choice Centre“ (CCC). Anders als der Name vermuten lässt, setzt sich CCC nicht für KonsumentInneninteressen ein, sondern forciert Liberalisierungen zu Gunsten von Uber und Airbnb. Dabei werden auch Studien von vorgeblich unabhängigen WissenschaftlerInnen eingesetzt, ohne die wahren AuftraggeberInnen offenzulegen.
„Revolving doors“ – von der Kommission in den Uber Aufsichtsrat
Einige hohe BeamtInnen und PolitikerInnen wechselten nach ihrer Amtszeit in Aufsichtsräte von Plattformunternehmen. Dies zeigt etwa der drastische Fall der ehemaligen Kommissarin Neelie Kroes, die Uber mehrmals öffentlich lobte und verteidigte. Nach ihrer Amtszeit nahm sie einen Posten im Uber-Aufsichtsrat an und erhielt Unternehmensanteile.
Lobbying zur E-Commerce- und Dienstleistungsrichtlinie
Insbesondere die Auslegung der E-Commerce-Richtlinie 2000 und der Dienstleistungsrichtlinie 2006 sind ein Beispiel des erfolgreichen Lobbyings dieser Plattformunternehmen. Beide EU-Richtlinien wurden zu einem Zeitpunkt verfasst, in dem Plattformwirtschaft noch kein Thema war. Doch unter dem Deckmantel von „Wachstum und der Innovation“ und unterstützt von den KonzernlobbyistInnen konnten sich die Internetunternehmen insofern durchsetzen, als dass diese Richtlinien von der Kommission für sie vorteilhaft ausgelegt werden. Auch gegen geplante Richtlinien, die ihre Regulierung betreffen, und Fälle, die vor den EuGH gebracht wurden, lobbyieren diese Plattformen auf allen Ebenen – mittlerweile auch mit (vorläufigem) Erfolg, wie bei Airbnb.
Die Ziele der Plattform-LobbyistInnen
Zusammenfassend lassen sich aus den – in der Studie erhobenen – Fallbeispielen und Daten folgende drei Lobbyingziele der Plattformwirtschaft erkennen:
- Sicherung ihres Status als „AnbieterInnen von Informationsdiensten“, um die Zusammenarbeit mit Behörden zu verweigern und Genehmigungen zu umgehen;
- Einschränkung der Eingriffsmöglichkeiten von Behörden und
- Verhindern, dass Bestimmungen im öffentlichen Interesse für sie gelten, wie zum Beispiel bei der aktuellen Debatte darüber, was ein Unternehmen zu einem „Arbeitgeber“ macht.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Entgegen den Zielen der Plattformwirtschaft sollte – aus Sicht der AK – kein System ermöglicht werden, in welchem Unternehmen sich von ihren Pflichten freispielen. Ganz im Gegenteil sollten EU-Bestimmungen, die das Umgehen von Arbeits- oder KonsumentInnenschutzgesetzen oder Maßnahmen für leistbares Wohnen möglich machen, rasch reformiert werden. Das öffentliche Interesse muss in den Mittelpunkt gestellt werden und nicht die Interessen einiger weniger multinationaler Plattformunternehmen. Auch klarere Regelungen zum Lobbying und Transparenz auf allen Ebenen stellen einen wichtigen Beitrag gegen die Übermacht des Lobbyings der Plattformwirtschaft dar.
Weitere Informationen
AK-Studie “Über-influential. How the gig economy’s lobbyists undermine social and workers’ rights”