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ZurückAnhand des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) gewährt die EU seit 1971 Ländern des globalen Südens erleichterten Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Am 22. September 2021 präsentierte die Europäische Kommission den Legislativvorschlag für ein neues APS, welches für den Zeitraum 2024 bis 2034 gelten soll. Der Vorschlag der Kommission soll nun die soziale, arbeitsrechtliche, ökologische und klimatische Dimension des Systems nachschärfen.
Die APS-Verordnung ist ein Handelsinstrument, anhand welcher Einfuhrzölle auf Erzeugnisse, die aus ökonomisch schwächeren Ländern in die EU eingeführt werden, reduziert oder völlig beseitigt werden. Ziel ist die Steigerung der Exportchancen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und letztendlich die Bekämpfung von Armut in den von diesem Präferenzsystem begünstigten Ländern. Durch Verknüpfung der Begünstigungen mit einer Verbesserung der Menschen- und Arbeitnehmer:innenrechte, des Umweltschutzes und einer verantwortungsvollen Staatsführung soll das APS Anreize zur Achtung dieser schaffen.
Folgende Neuerungen schlägt die Kommission vor:
- Stärkerer Fokus auf die Einhaltung von Klima- und Umweltschutzstandards: Die zu ratifizierenden Übereinkommen sollen um ambitioniertere Umwelt- und Klimabestimmungen erweitert werden.
- Aufnahme von weiteren Bestimmungen zu Menschenrechten, Arbeitskonvention und verantwortungsvoller Staatsführung: Konkret soll das APS um Bestimmungen zu Rechten von Menschen mit Behinderungen, Rechten von Kindern, Arbeitsaufsicht und um ein Übereinkommen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität erweitert werden.
- Verbesserte Überwachung der Umsetzung von APS Verpflichtungen: Dies soll durch mehr Transparenz und die Beteiligung relevanter Interessensgruppen erreicht werden. Weiters soll eine Anlaufstelle für Beschwerden über die Nichteinhaltung der Bestimmungen eingerichtet werden.
- Beschleunigtes Verfahren zur Rücknahme von Präferenzen: Im Fall schwerwiegender und systematischer Verstöße gegen APS-Bestimmungen soll in Zukunft schneller vorgegangen werden. Der Kommission ist bewusst, dass dabei die sozioökonomischen Auswirkungen auf die Gesellschaft berücksichtigt werden müssen.
Der Vorschlag zur Reformierung des APS ist grundsätzlich zu begrüßen, da viele der Verbesserungsforderungen der AK wie erhöhte Transparenz, mehr Kontrolle, Einbindung von Interessensgruppen und ein stärkerer Fokus auf die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten sowie umweltpolitischer Mindeststandards berücksichtigt wurden. Dennoch ist wichtig hervorzuheben, dass nur dann wahre Anreize zur Verbesserung von Menschen- und Arbeitnehmer:innenrechten und Umwelt bestehen, wenn die Nichteinhaltung auch tatsächlich sanktioniert wird. Denn obwohl Sanktionierung im APS vorgesehen ist, wurden in der Vergangenheit nur selten Zollfreiheiten aufgehoben. Es bleibt also abzuwarten, ob die hoch gesteckten Ziele auch wirklich erfüllt werden.
Die Reformierung des APS ist Teil der künftigen Handelsstrategie der Kommission, deren Kurs „offen, nachhaltig und durchsetzungsfähig“ sein soll. Darüber hinaus zielt die neue Handelsstrategie auf eine Verbesserung globaler Lieferketten und ein Einfuhrverbot von Produkten aus Zwangsarbeit ab. So kündigte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis letzte Woche bei einem Austausch mit der Zivilgesellschaft an, bis Ende Oktober 2021 einen Rechtsakt zur Sorgfaltspflicht für Unternehmen vorzulegen.
Weiterführende Informationen:
Europäische Kommission: Vorschlag zur Reformierung des Allgemeines Präferenzsystem der EU
A&W Blog: Handel mit dem globalen Süden
AK EUROPA: Neuausrichtung der EU-Handelspolitik: Kurswechsel oder verpasste Chance?
AK EUROPA: EU-Handelspolitik soll ökologischer werden
AK EUROPA: Beyond the coronavirus pandemic – Achieving a fair global economy for the 21st century (nur Englisch)