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Am Dienstag, den 6. Dezember, wurde in Brüssel aus zivilgesellschaftlicher und gewerkschaftlicher Perspektive die Frage „Wie baut man die Säule der sozialen Rechte“ diskutiert.

Die EU-Kommission hat im Frühjahr dieses Jahres einen ersten Entwurf für ein sozialeres Europa vorgestellt. Die neue „Säule der sozialen Rechte“ soll die soziale Dimension in Europa stärken, wie genau ist jedoch noch unklar. Der konkrete Vorschlag wird mit Anfang nächsten Jahres erwartet. Um zu debattieren wie diese soziale Dimension aussehen kann, haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB), die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), die Österreichische Bundesarbeitskammer (AK EUROPA), das European Social Observatory (OSE), die Diakonie Deutschland, SOLIDAR und die Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalens zu einer Podiumsdiskussion geladen.

Allan Larsson, Sonderberater für die Europäische Säule sozialer Rechte von Kommissionspräsident Juncker, sprach darüber, dass Europa dringend einen neuen Ansatz zum offensichtlich gescheiterten Neoliberalismus brauche. Für ihn ist klar, wenn das Gegenkonzept wirksam sein soll, muss die Säule durch Rechte und Prinzipien den Fiskalpakt durch einen Sozialpakt ergänzen: „Wirtschafts- und Sozialpolitik sind zwei Seiten einer Medaille und dürfen nicht getrennt werden“. Maria João Rodrigues, MdEP, Berichterstatterin zur Säule der sozialen Rechte im Beschäftigungsausschuss, sprach über die aktuellen Verhandlungen im Europäischen Parlament. Diese gestalten sich vor allem in der Frage der konkreten Zielerreichung schwierig, etwa wie rechtsverbindlich die Säule sozialer Rechte verankert werden soll oder wie und welche Mittel zur Verfügung gestellt werden können und sollen.

Aus gewerkschaftlicher Perspektive argumentierte Esther Lynch vom Europäischen Gewerkschaftsbund, dass endlich Schluss sein muss damit, dass Arbeit als Handelsware betrachtet wird – wie dies etwa bei den Troikamaßnahmen in Irland der Fall war – und dass alle Grund- und ArbeitnehmerInnenrechte aus dieser Perspektive beurteilt werden müssen. Daraus folgt die Ableitung, dass soziale Rechte den gleichen Status genießen müssen wie ökonomische Rechte, wie etwa die vier Marktfreiheiten. Für Josef Wöss, Abteilungsleiter der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien, ist klar, dass es für ein sozialeres Europa einen ganzheitlichen Ansatz aus sozialem Fortschrittsprotokoll, einer Neuausrichtung der Fiskalpolitik (Stichwort „Goldene Investitionsregel“) und eine aktive Bekämpfung von Ungleichheit braucht. Er begrüßt den Vorschlag einer Rahmenrichtlinie zur Absicherung von adäquaten Mindestlöhnen EU-weit, warnt jedoch auch davor sich nur auf diese zu beschränken. Für eine nachhaltige Binnenmarktnachfrage müssen sich alle Löhne entsprechend der Produktivitätszuwächse entwickeln.

Ruth Paserman, stellvertretende Kabinettschefin der EU-Kommissarin für Soziales Marianne Thyssen, deutete an, dass die in den Kommissionsvorschlag gesetzten Erwartungen wohl nicht erfüllt werden. Laut ihrer Aussage wird die Säule der Sozialen Rechte per se nicht rechtlich bindend werden, sondern durch die Empfehlungen von Kommission, Staats- und Regierungschefs politisch bindend. Esther Lynch und Josef Wöss lehnten solche politischen Lippenbekenntnisse klar ab. Ohne eine entsprechende rechtliche Verbindlichkeit können soziale Grund- und ArbeitnehmerInnenrechte - etwa vor Gerichten - nicht durchgesetzt werden. So kann Europa nicht sozialer werden.

Weiterführende Informationen:

AK Positionspapier zur „Säule der sozialen Rechte“

Kampagne: Social Rights First!