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Wenn man sich den diese Woche vorgeschlagenen Entwurf der Kommission zur EU-Entsenderichtlinie NEU im Detail ansieht, dann erinnert man sich unweigerlich an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Doch diesmal setzt der Hofstaat die Parade nicht besseren Wissens fort, sondern übt sofort sachliche Kritik und kommt unweigerliche zum Schluss, dass der neue Vorschlag keinen Fortschritt im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping bringt. Ein Versprechen, das die EU-Kommission immer vorgab einlösen zu wollen, wie auch den Grundsatz des gleichen Arbeitsentgelts für die gleiche Arbeit am gleichen Ort. Gerade Letzteres will die EU-Kommission jedoch nur „fördern“. Damit ist klar, dass die Wettbewerbsverzerrungen bestehen bleiben und noch weiter verfestigt werden.

Für Österreich bringt der Vorschlag zur Entsenderichtlinie NEU keinen Mehrwert

Es hätte noch schlimmer kommen können. Das ist leider die bittere Wahrheit. Denn der ursprünglich vorgesehen Vorschlag der EU-Kommission zur Entsenderichtlinie NEU hatte eine Bestimmung enthalten, die massive Verschlechterungen für die ArbeitnehmerInnen gebracht und zu Lohndumping geführt hätte. So hätte in Zukunft für entsandte Beschäftigte offenbar nicht mehr explizit der gesetzliche oder kollektivvertragliche Lohn vorgeschrieben werden sollen, sondern jener Lohn, der „für den Schutz der ArbeitnehmerInnen notwendig ist“. Insbesondere bei kurzen Entsendungen wären so die kollektivvertraglichen Löhne unter Druck geraten. Nur durch rasches Handeln und massiven Protest der ArbeitnehmerInnnen-VertreterInnen und Regierungen vor allem aus Österreich, Schweden und Deutschland, konnte dieses Vorhaben in letzter Sekunde abgewendet werden. Die nun gefundene Formulierung ist zwar bedeutend besser, sie schreibt aber lediglich fest, was bis dato bereits in Österreich galt und zwar, die Verpflichtung den österreichischen Lohn zu zahlen. Wünschenswert wäre vielmehr gewesen, dass ArbeitgeberInnen bei Entsendungen die Kosten für Reise, Unterkunft und Verpflegung zu übernehmen haben.

Ausweitung der Entsenderichtlinie auf alle Branchen ist in Österreich längst Realität

Als neue Errungenschaft wird von der EU-Kommission vorgegeben, dass nun die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet werden, die Entsenderichtlinie auf alle Branchen auszudehnen. Faktum ist, dass Österreich bereits von dieser, schon bis dato vorgelegenen Möglichkeit, Gebrauch gemacht hat. Auch die Bestimmung, dass bei Entsendungen von mehr als zwei Jahren automatisch das gesamte Arbeitsrecht des Gastlandes gilt ist de facto totes Recht, denn nur sehr wenige Entsendungen dauern länger als zwei Jahre. Viel wichtiger wäre es z.B. gewesen, Maßnahmen gegen Scheinentsendungen zu treffen, denn auf Grund der derzeitigen Rechtslage sind den inländischen Sozialversicherungsträgern bei Scheinentsendungen die Hände gebunden. Eine Mindestbeschäftigungsdauer im Heimatland vor der Entsendung sowie wirksame Möglichkeiten der Sozialversicherungsträger, falsche Anmeldungen im Heimatland zu bekämpfen, würden daher helfen, Scheinentsendungen hintanzuhalten. Es hätte auch klargestellt werden müssen, dass der Lohn, der bei Entsendungen zu zahlen ist, Grundlage für die Sozialversicherungsbeiträge im Heimatland ist. Denn wenn im Fall von Entsendungen nicht der (in vielen Fällen höhere) Entgeltanspruch am Beschäftigungsort als Grundlage für die Sozialversicherungsbeiträge herangezogen wird, erleiden inländische Betriebe und ArbeitnehmerInnen einen starken Wettbewerbsnachteil. Es sollte daher bei Entsendungen verpflichtend der Entgeltanspruch am Beschäftigungsort Grundlage für die Sozialversicherungsabgaben sein.

Heftige Kritik an der neuen Entsenderichtlinie kommt auch aus der Wirtschaft

Der EU-Kommission sollte es zu denken geben, wenn sowohl ArbeitnehmerInnnen-VertreterInnen sowie auch WirtschaftsvertreterInnen am Vorschlag so heftige Kritik üben, dass beide zum Schluss kommen, dass der Vorschlag in dieser Form nicht nötig gewesen wäre. Man kann daher leider nur feststellen, dass eine große Chance vertan wurde. Besser wär es jedenfalls gewesen, wenn die EU-Kommission die EU-SozialpartnerInnen offiziell konsultiert hätte, denn diese wären sicher zu einem brauchbareren Ergebnis gekommen. Nun gilt es jedoch die Interessen der ArbeitnehmerInnen intensiv gegenüber den Ko-GesetzgeberInnen, dem EU-Parlament und dem Rat, zu artikulieren, damit vielleicht doch noch die eine oder andere Verbesserung beschlossen wird.

Weiterführende Informationen:

AK Presseaussendung zur Entsenderichtlinie NEU

Presseaussendung der EU-Kommission zur Entsenderichtlinie NEU

WKÖ Presseaussendung zur Entsenderichtlinie NEU