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ZurückIn Afrika, das über rund 30% der weltweiten Mineralvorkommen verfügt, und wo der Beitrag der Minenindustrie zum gesamten BIP rund 24% beträgt, haben nach Untersuchungen 27 Konflikte einen direkten Rohstoffbezug, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo. 2010 begannen die ersten internationalen Bemühungen zur Eindämmung des Handels mit Konfliktmineralien. Die OECD verabschiedete ihre „Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals“, und auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedete eine diesbezügliche Resolution, die in den USA mit der Section 1502 des Dodd-Franck Aktes umgesetzt wurde. Der Dodd-Franck Akt sieht verpflichtende due-diligence Regeln für in den US registrierte Unternehmen vor.
Auf europäischer Ebene legte die Kommission 2014 einen Verordnungsentwurf für ein unionsweites System vor, das allerdings auf einer Selbstzertifizierung von Importeuren von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold aus Hochrisiko-Regionen basiert. Der Kommissions-Vorschlag weicht damit erheblich vom US-Ansatz ab. Unternehmen sollen freiwillig teilnehmen, nur Upstream-Produzenten (Schmelzöfen und Raffinerien) und Importeure sind betroffen, dafür werden alle Konfliktregionen (nicht nur die Region der Großen Seen) abgedeckt. Alle Importeure, die freiwillig bereit sind, die due-diligence-Regeln anzuwenden, können sich gegenüber den zuständigen Behörden in den Mitgliedsstaaten als verantwortungsbewusste Importeure selbstzertifizieren. Im Zuge der Behandlung des Kommissions-Vorschlags im Handelsausschuss des Europäischen Parlaments im Februar 2015 nahm das EP Verschärfungen am Kommissionsentwurf vor. Es forderte eine verpflichtende Due-Diligence für Schmelzöfen und Raffinerien, zusammen mit freiwilligen Maßnahmen für Importeure und einer Einführung von Gütekennzeichen für Downstram-Produzenten. Diese Position, mit der das EP den Kommissionsvorschlag deutlich verändert hat, wurde im Mai 2015 mit 402 Pro zu 118 Gegen-Stimmen angenommen. Gleichzeitig wurde vereinbart, mit dem Rat in Verhandlungen zu treten.
Diese Verhandlungen haben vor Kurzem begonnen. Ziel der Veranstaltung war es, auf gewerkschaftliche Grundforderungen bei dem Thema aufmerksam zu machen, und dem Parlament gegenüber den Mitgliedsstaaten den Rücken zu stärken.
Zu Beginn gab Univ.Prof. Raimund Bleischwitz vom University College in London einen Überblick der wesentlichen Ergebnisse einer von ihm verfassten Studie zu Konfliktmineralien.
Im Anschluss präsentierte Signe Ratso, Direktorin in der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission, einen Überblick über den Stand der Dinge und über die Rolle der Kommission bei den Verhandlungen zwischen EP und Mitgliedsstaaten. Sie wies darauf hin, dass der Vorschlag zu den Konfliktmineralien auch im Zusammenhang mit der breiter gefassten „Trade for All“-Strategie der Kommission, bei der es auch um globale Wertschöpfungsketten gehe, und der Corporate Social Responsibility-Strategie der Kommission zu sehen sei. Der ursprünglich von der KOMM vorgelegte Vorschlag zu Konfliktmineralien basiere tatsächlich auf Freiwilligkeit und habe insbesondere die Schmelzöfen als strategisches Glied im Visier.
Bernd Lange (S&D), der Vorsitzende des Handelsausschusses des EP, wies darauf hin, dass es darum gehe, die globalen Handelsketten in den Fokus zu rücken. Er ließ Zweifel am Konzept der Freiwilligkeit erkennen, schließlich hätten die Unternehmen auch die freiwilligen OECD-Regeln größtenteils nicht respektiert. Deshalb habe sich das EP für verpflichtende Regeln für den Upstream-Markt ausgesprochen. Mit den Mitgliedsstaaten sei erst einmal verhandelt worden, während dieser Verhandlungen hätten die Regierungsvertreter keinerlei Verhandlungsbereitschaft an den Tag gelegt.
Glen Mpufane, südafrikanischer Gewerkschafter und Direktor bei der internationalen Produktionsgewerkschaft indutriall, wies darauf hin, dass die Arbeiter der wesentliche Anknüpfungspunkt in der Produktionskette seien. Fairer Handel und menschenwürdige Arbeit seien möglich. Bei der Regulierung von Konfliktmineralien gehe es um die Frage, ob „Zuckerbrot oder Peitsche“ der Richtige Ansatz sei. Bei der Definition von menschenwürdiger Arbeit verwies er auf die ILO-Definition. Die Minenarbeit in Konfliktregionen sei ferner vielfach durch Tagelöhnerei geprägt, die es in reguläre Beschäftigung umzuwandeln gelte.
Monique Lempers, Direktorin bei Fairphone, einem niederländischen Produzenten von Mobiltelefonen, das für sich in Anspruch nimmt, seine Rohstoffe nur von zertifizierten Produzenten zu beziehen und ohne Kinder- oder Zwangsarbeit auszukommen, vertrat zum Abschluss die Meinung, dass sowohl freiwillige als auch verpflichtende Systeme gut seien, solange sie zu wirklichen Veränderungen führen.
Weiterführende Informationen:
Pressemitteilung des Europäischen Parlaments zum Beschluss über Konfliktmineralien
Präsentation von Prof. Raimund Bleischwitz