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Die nächsten Wochen werden zeigen, ob sich die Mitgliedstaaten nach mehr als dreijährigen Verhandlungen auf den Vorschlag der EU-Kommission zu Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen einigen werden. Eigentlich sieht es gar nicht danach aus, denn aus informierten Kreisen ist zu hören, dass Staaten wie Deutschland, Polen bzw Dänemark weiterhin eine Einigung blockieren. Österreich gehört zu den Befürwortern, ebenso wie das EU-Parlament, das sich bereits vor zwei Jahren geeinigt hat.

EU-Parlament: Frauenquote von 40% soll durch transparentes Auswahlverfahren erreicht werden

Immer mehr Studien lassen erkennen, dass eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Ebene der Leitungsorgane zur Verbesserung der Unternehmensperformance beitragen kann. Ein höherer Frauenanteil in Top-Positionen kann zu einer produktiveren und innovativeren Arbeitsumgebung und zu einer besseren Gesamtleistung des Unternehmens führen. Dies war der Hintergrund für den von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag, der einen Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts in den Aufsichtsräten aller börsennotierten Unternehmen – mit Ausnahme der kleinen und mittleren Unternehmen – von 40% anstrebt. Seit dem Vorschlag sind nun mehr als drei Jahre vergangen. Das EU-Parlament einigte sich auf einen Kompromiss, der zwar keine verpflichtende Quote vorsieht, sondern eine Verpflichtung zu einem transparenten Auswahlverfahren. Die Frauenquote soll nun dadurch erhöht werden, dass bei identer Qualifikation der Kandidat oder die Kandidatin bevorzugt wird, dessen Geschlecht im Aufsichtsrat in der Minderheit ist. Bei Nichteinhaltung droht Unternehmen etwa der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen, die Sanktionen bestimmen aber die Staaten selbst. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind von der Richtlinie ausgenommen.

Deutschland blockiert und nimmt eine Schlüsselrolle ein

Seitdem sich das EU-Parlament bereits im Jahr 2013 geeinigt hat, ringen nun die Mitgliedstaten, als Ko-Gesetzgeber, um einen Kompromiss. Letzte informelle Informationen deuten aber darauf hin, dass die von der luxemburgischen Präsidentschaft anvisierte Einigung am Beschäftigungsrat im Dezember nicht zustandekommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für immer in der Schublade verschwinden und er dann bald offiziell von der EU-Kommission zurückgezogen wird. Deutschland spielt bei den Verhandlungen eine gewichtige Rolle und will mit aller Macht verhindern, dass es eine europäische Regelung gibt. Dies ist umso unverständlicher, als Deutschland bereits eine nationale Quote für Frauen in Aufsichtsräten eingeführt hat. Die europäische Regelung wurde bis dato auch so verfasst, dass die deutsche Gesetzgebung berücksichtigt wurde. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass angeblich die deutsche Regierung die politische Diskussion nach der nationalen Einigung nicht wieder öffnen will. Am 7. Dezember wird die luxemburgische Präsidentschaft nun am Beschäftigungsrat einen letzten Anlauf versuchen und das Thema zur Sprache bringen, mit dem Risiko, dass damit der Widerstand noch größer und offensichtlicher wird, da dann alle Mitgliedstaaten auch offiziell Stellung beziehen müssen. Es sieht also ganz danach aus, als ob eine der großen Initiativen der letzten Jahre in der Gleichstellungspolitik aus teils unerklärlichen Gründen zu Fall gebracht wird.