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ZurückEuropäisches Semester als Antwort auf mangelnde wirtschaftspolitische Koordinierung
Seit 2011 gibt die Europäische Kommission jährliche Empfehlungen an die Mitgliedstaaten ab, um im Bereich der Wirtschaftspolitik eine Art einheitliche Richtung vorzugeben. Während über den tatsächlichen Einfluss der Ratschläge aus Brüssel gestritten werden kann, ist eine gewisse symbolische Bedeutung nicht zu verleugnen.
Aus den 26 Länderempfehlungen fasste die Kommission in diesem Jahr vier Leitlinien zusammen:
- Förderung von Investitionen und rasche Umsetzung des „Juncker-Fonds“ EFSI
- Strukturreformen z.B. auf den Arbeitsmärkten, aber auch im Finanzsektor
- verantwortungsvolle Fiskalpolitik gepaart mit öffentlichen Investitionen jener Staaten, die zurzeit über finanziellen Spielraum verfügen
- Beschäftigungspolitik und sozialer Schutz zwecks Zusammenhalt und im Sinne von wirtschaftlichem Wachstum
Der zuständige Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis, betonte auch, dass diesmal die SozialpartnerInnen bei der Erstellung noch enger eingebunden wurden.
Österreich bei weitem nicht „abgesandelt“
Österreich gehört – anders als z.B. Deutschland - nach Analyse der Kommission weiterhin zu den sieben Mitgliedsländern, in denen weder ökonomische Ungleichgewichte vorliegen, noch Verstöße gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt begangen wurden. Die konkreten Kritikpunkte an der Alpenrepublik dürften für die meisten keine Neuigkeiten bilden. Maßnahmen werden u.a. in Bezug auf den komplexen österreichischen Föderalismus, das niedrige faktische Pensionsalter von 59,7 Jahren (2014) (in der gesamten EU: 63,1 Jahre) und die Benachteiligung von Frauen und MigrantInnen am Arbeitsmarkt gefordert. Bezüglich des Budgetpfades stimmt die EU-Behörde den österreichischen Plänen grundsätzlich zu, erwartet sich aber konkretere Vorschläge, wie die vereinbarten Ziele 2015 und 2016 eingehalten werden sollen.
Steuerreform, Pensionen, Banken und freie Berufe
Während die Steuerreform als „umfassend“ begrüßt wird, und auch positive wirtschaftliche Effekte erwartet werden, hofft die Kommission auf eine „budgetneutrale“ Umsetzung. Bei den Pensionen vertritt die EU-Behörde leider – aber nicht unerwartet – einen sehr einseitigen Ansatz, wenn sie die frühere Angleichung des Pensionsalters von Frauen und Männer sowie eine automatische Koppelung des Pensionsantrittsalter an die Lebenserwartung fordert.
Im Bereich der freien Berufe (z.B. Ärzte oder Notare) wird im Einklang mit der Deregulierungsdogmatik der Europäischen Kommission eine Liberalisierung gefordert, die „ausländischen Risikopositionen“ österreichischer Banken werden als teilweise gefährlich eingestuft.
Bildungssystem reformbedürftig
Während die Berufsausbildung (Lehre) gelobt wird und Österreich im EU-Vergleich eine niedrige SchulabrecherInnenquote aufweist, kritisiert die Kommission die mangelnde soziale Durchlässigkeit des Systems. Von dieser seien insbesondere MigrantInnen betroffen, denen dadurch Aufstiegschancen verwehrt blieben. Nachbesserungen bei der Neuen Mittelschule seien ebenfalls notwendig.